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Auserkoren

Titel: Auserkoren Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: PeP eBooks
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Im Geschäft. Im Fernsehen und in den Computern. Die Menschen, die nicht an das glauben, woran wir glauben, haben die Lügengespinste Satans im Kopf. Sie werden euch töten, wenn ihr es nur wagt, in deren Richtung zu schauen.«
    Prophet Childs macht eine Pause.
    »Haltet euch fern von der Außenwelt«, sagt er, »oder sie wird euch innerlich und äußerlich verbrennen.«
    Er ist jetzt aufgestanden, ich weiß es, ich brauche ihn gar nicht anzusehen. Er kommt näher.
    »Haltet euch fern vom Satan. Er wird euch vernichten.«
    Er läuft jetzt zwischen uns umher. Der Raum ist so groß, dass man hier drinnen Fußball spielen könnte. Ich weiß das, weil Joshua genau dies mit einem Freund gemacht hat, als sie eigentlich den Saal sauber machen und für den Sabbat herrichten sollten.
    »Wenn wir etwas anderes als die Heiligen Schriften lesen, dann ist dies Teufelswerk.«

    Weiß er, dass ich mich mit dem Lesen versündigt habe? Ich drücke mein Gesicht ganz nah an Mariahs Kopf.
    »Wenn wir an etwas außerhalb unseres Heiligtums denken, dann ist dies Teufelswerk.«
    Weiß er, dass ich wegwill von hier? Weiß er, dass ich vorhabe, wegzugehen?
    »Er ist auf der Suche nach euch.«
    Jetzt steht Prophet Childs direkt vor mir. Er ist bis zu mir gekommen. Ich sehe seine Schuhe, sehe, wie sie glänzen. Waren es seine Füße, die Joshua und mich traten? Mariah will mit den Händen nach den blitzenden Schuhen greifen, doch er weicht zurück.
    »Schau mich an.«
    Sagt er das zu mir? Ich sehe Mariah und mich, wie wir uns in seinen Schuhspitzen spiegeln, und ich sehe, wie dunkel wir sind. Der Satan hat uns schon in seinen Fängen. Aber doch nicht Mariah. Noch nicht. Ist sie nicht viel zu jung dafür?
    »Kyra«, sagt Laura. Sie flüstert so leise, ich wette, niemand hört es außer mir.
    »Schau mich an«, sagt der Prophet wieder.
    Es ist so still, man könnte eine Stecknadel fallen hören.
    Ich sehe auf. Er ist so groß, dass ich den Kopf in den Nacken legen muss.
    »Heute Nacht sind drei Jungen weggelaufen.« Er sagt dies an alle gewandt, aber er sieht mich dabei an.
    »Und wir werden nicht nach ihnen suchen.«
    Joshua. Mein Herz pocht.
    »Sie werden in der Wüste umkommen.«
    Ich höre, wie eine Mutter nach Luft ringt. Ist es Joshuas
Mutter? Oder die Mutter von einem der anderen Jungen?
    »Sie werden verdursten, verhungern und bald werden die Bussarde ihre Knochen abgenagt haben. Sie werden von Gottes Hand sterben, wie Sünder es verdienen.«
    Ein Licht hinter dem Propheten lässt ihn so aussehen, als hätte er einen Heiligenschein.
    Und hier zu seinen Füßen und so nahe bei ihm, dass er womöglich sogar meine Gedanken lesen kann, denke ich ganz fest: Joshua wird nicht sterben. Er wird es bestimmt schaffen, für immer von hier wegzukommen. Und er wird mich holen.
    Und mit diesem Gedanken blicke ich dem Propheten in die Augen.
    Er hört auf zu reden. Starrt mich an. Ich halte seinem Blick stand. Denn im Innersten meines Herzens, dort wo ich alle unsere geheimen Zusammenkünfte und alle meine leidenschaftlichen Gefühle für Joshua verwahre, dort weiß ich, dass er es ganz bestimmt schaffen wird.
    Mir kommt es wie eine Ewigkeit vor, während Prophet Childs über mir steht und auf mich herabblickt.
    Dann sagt er: »Man wird dich dafür bestrafen, dass du Gottes Gebote übertreten hast.«
    Ich spüre, wie jemand meine Hand berührt, als der Prophet wieder nach vorne geht und uns dann entlässt.
     
     
    »Warum?«, fragt Mutter Victoria.
    Wir sind alle in ihrem Wohnwagen, damit Mutter Sarah in Ruhe schlafen kann.

    »Warum hat er sich gerade Kyra ausgesucht? Warum hat er sich so vor sie hingestellt? Er sagte, drei Jungen seien in der vergangenen Nacht weggelaufen. Warum hat er Kyra dabei angesehen?«
    »Ich weiß es nicht«, sage ich. Die Lüge kommt mir nur schwer über die Lippen.
    »Was hast du getan?«, bohrt sie weiter.
    »Nichts. Nichts, was ihr nicht wüsstet.«
    Aber sie wissen ja gar nichts. Wenigstens glaube ich, dass sie nichts wissen. Ich habe nichts von Joshua gesagt. Diese Schande wäre zu viel für meine Familie. Bei Mutter Claire würden ebenfalls die Wehen einsetzen. Vielleicht würde auch sie ihr Baby verlieren.
    Abigail.
    »Kyra«, sagt Vater, und er beugt sich zu mir. »Du weißt, die Folgen sind ernst. Du weißt, was mit denen passiert, die ungehorsam sind.«
    Ich nicke.
    »Sag es mir«, fordert er mich auf.
    Die Menschen laufen weg, würde ich am liebsten sagen. Sie verlassen uns. Sie verschwinden. Stattdessen sage

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