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Auserkoren

Titel: Auserkoren Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: PeP eBooks
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ich: »Amber Holdmann wurde geschlagen, nachdem sie weggelaufen ist und man sie wieder zurückgebracht hat.« Ich sehe Ambers Gesicht noch vor mir, es war so verschwollen, dass sie nicht einmal mehr die Augen öffnen konnte, da waren nur noch dunkle Schlitze. Sie sollte Bruder Felix heiraten. Und zu guter Letzt hat sie ihn auch geheiratet. »Und sie haben viele Jungen weggeschickt.« Ich frage mich, ob Vater an Adam, seinen ältesten Sohn, denkt. Er ist siebzehn. Aber Vater hat alles
darangesetzt, damit seine Söhne ruhig und folgsam bleiben.
    »Manche der Jungen setzen sie in der Wüste aus«, sagt Mutter Claire. Sie steht auf und lehnt sich an die Wohnwagenwand, die Arme hat sie über dem Bauch verschränkt. »Sie lassen sie dort umkommen.«
    Mutter Victoria erwidert nichts darauf, sie hat den Kopf gesenkt und schweigt.
    »Wenn es sein muss, dann töten sie die Verworfenen«, sagt Vater. »Als Blutsühne.« Er hat meine beiden Hände in die seinen genommen. »Du musst Gott gehorsam sein.« Seine Lippen sind schmal vor Kummer. So habe ich ihn noch nie gesehen. »Meine Kyra, wir könnten es nicht ertragen, dich auch noch zu verlieren. Wir haben schon zu viel verloren.« Seine Stimme versagt ihm den Dienst und er beginnt zu weinen. Er weint ganz laut. Er krümmt sich, bebt am ganzen Leib, so groß ist seine Verzweiflung. Ich umarme ihn und auch seine beiden ersten Frauen umarmen ihn.
    Vater schluchzt laut. Mutter Victoria neigt sich vor, nimmt Vater ganz in die Arme. »Psst«, wispert sie. »Psst.«
    Vater sagt: »Ich möchte, dass du immer in unserer Familie bleibst, Kyra.«
    Mutter Claire schließt die Augen, als hätte sie Kopfschmerzen. So als wäre ich es, die ihr Kopfschmerzen bereitet.
    Es klopft an der Tür.
    Vater will nicht, dass man sieht, dass er geweint hat. Er trocknet sein Gesicht und Mutter Claire geht zur Eingangstür.

    »Weine nicht, Vater«, bitte ich ihn. Mir selbst kommen fast die Tränen. Die Sorgen, der Tod, die Angst, das alles hat mich erschöpft.
    »Bruder Carlson«, höre ich jemanden sagen. Es ist Prophet Childs.
    Vater steht auf, wischt sich noch einmal übers Gesicht. Ich stehe ebenfalls auf.
    Prophet Childs tritt in den Wohnwagen, seine Gegenwart verpestet die Luft.
    Rasch verstecke ich mich hinter meines Vaters Rücken. Ein Schrei will sich Bahn brechen, aber ich beiße die Zähne zusammen und unterdrücke ihn.
    »Nehmt Platz«, bittet Vater und deutet auf seinen eigenen Stuhl.
    Aber Prophet Childs bleibt stehen. Auch Vater bleibt stehen.
    Wird er jetzt etwas sagen? Wird mein Vater mich verteidigen?
    »Ein Mann, der seine Familie nicht im Griff hat, verdient sie nicht«, sagt Prophet Childs.
    Der Prophet sieht Vater eine Weile an, dann blickt er in meine Richtung.
    »Wenn du deine ungehorsamen Mädchen nicht zur Vernunft bringen kannst, Bruder Carlson«, sagt er, »dann werden wir sie einem Mann geben, der das kann. Du wirst deine Familie verlieren, wenn du vor Gott versagst. Hast du das verstanden?«
    Vaters Gesicht wird starr, doch er schweigt.
    »Wir müssen dieses Kind so schnell wie möglich verheiraten«, sagt Prophet Childs. »Die Hochzeit wird früher
sein als alle anderen. Dein Bruder ist der richtige Mann, um auf sie achtzugeben und ihr Gehorsam beizubringen.«
    Vater schweigt noch immer.
    »Bestrafe deine Tochter, Bruder Carlson, wie es sich geziemt«, sagt Prophet Childs. »Sonst wirst du alles verlieren, was du hast. Deine Kinder. Deine Frauen. Und deinen Platz im Himmelreich.«
    Keiner sagt ein Wort. Die Luft im Raum lastet so schwer, dass sie uns zu erdrücken scheint. Ich taumle unter ihrem Gewicht, sinke aufs Sofa.
    »Bestrafe sie.«
    »Ich glaube«, fängt Vater an, und ich kann sein Gesicht nicht sehen, während er das sagt, »sie hat ihre Lektion schon gelernt.«
    Prophet Childs steht schweigend da. Schließlich sagt er: »Du hast nur diese eine Chance, die Angelegenheit vor dem Allmächtigen in Ordnung zu bringen.«
    Mutter Claire stellt sich neben Vater. Mit einer fast unmerklichen Bewegung ergreift sie seine Hand. Mutter Victoria stellt sich neben Mutter Claire. Vor mir steht eine Wand aus Körpern.
    »Bringt sie zum Reden«, sagt Prophet Childs, »dann werdet ihr vielleicht eure Meinung ändern über die Sünde, die sie über euch alle gebracht hat.«
    Er geht, ohne die Tür hinter sich zu schließen.
    Kein Laut ist zu hören außer dem Ticken einer Uhr. Emily kommt von draußen hereinspaziert.
    »Ich habe den Propheten gesehen «, sagt sie zu Mutter Victoria

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