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Ausersehen

Ausersehen

Titel: Ausersehen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: P. C. Cast
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Anblick meiner Beine verärgert hatte. Großartig. Miss Matrone bezahlte dreihundert, vierhundertzwanzig und zweihundertfünfundsiebzig Dollar für die Gefäße.
    „Das letzte unserer wunderschönen Keramikobjekte ist die Nummer fünfundzwanzig. Reproduktion – keltische Urne, Original stand auf Gräbern auf schottischen Friedhöfen – die Szene in Farbe stellt Gebete an die Hohepriesterin Epona dar, die keltische Pferdegöttin. Interessant ist, dass Epona als einzige keltische Gottheit von den einfallenden Römern übernommen und zu ihrer persönlichen Göttin erkoren wurde. Man machte sie zur Beschützerin ihrer legendären Legionen.“
    Seine Stimme klang hochnäsig und stolz, als wäre er ein persönlicher Freund von Epona und hätte die Urne eigenhändig hergestellt. Ich hasste ihn.
    „Beachten Sie bitte auch den ungewöhnlichen Gebrauch von Farbe und Kontrasten auf dem Gefäß. Sollen wir das Gebot mit fünfundsiebzig Dollar eröffnen?“
    „Fünfundsiebzig.“ Ich hob eine Hand und fing seinen Blick auf. Es ist wichtig, dem Auktionator durch einen Morsecode per Augenkontakt die Ernsthaftigkeit des Angebots zu übermitteln – und ich morste ihn praktisch zu Tode.
    „Ich habe fünfundsiebzig, höre ich einhundert?“
    „Einhundert.“ Die Matrone hob eine fette Hand.
    „Einhundertzehn.“ Ich versuchte, nicht zu schreien.
    „Einhundert…zehn.“
    Keine Frage, der herablassende Ton in der Stimme Seiner Majestät war nicht zu überhören.
    „Ich habe ein Gebot von einhundert und zehn Dollar. Höre ich einhundertfünfundzwanzig?“
    „Einhundertfünfzig Dollar, bitte.“ Der Engländer. Wer hätte das gedacht.
    „Der Gentleman bietet einhundertundfünfzig Dollar.“
    Wie einschmeichelnd seine Stimme auf einmal klang. Was für ein Wiesel.
    „Einhundertundfünfzig. Höre ich zweihundert?“
    „Zweihundert“, stieß ich zwischen zusammengebissenen Zähnen hervor.
    „Ah, die Lady bietet zweihundert Dollar.“ Ich hatte sein Wohlwollen zurückerlangt. „Höre ich zweihundertfünfundzwanzig?“
    Stille – ich hielt den Atem an.
    „Das letzte Gebot steht bei zweihundert Dollar.“ Erwartungsvolle Pause.
    Ich hätte ihn schütteln können. Sag schon zum Ersten, zum Zweiten und zum Dritten, verkauft!, schrie ich ihn in Gedanken an.
    „Höre ich zweihundertfünfundzwanzig Dollar?“
    „Zweifünfzig.“
    Die Matrone schon wieder. Bevor ich meine Hand heben konnte, um mehr Geld auszugeben, als mein Budget erlaubte, erhöhte der Engländer das Gebot durch ein Winken seiner zarten weißen Finger auf zweihundertfünfundsiebzig.
    Über das Dröhnen in meinen Ohren hinweg verfolgte ich den Bieterkrieg zwischen der Matrone und dem Briten. Er endete bei dreihundertundfünfzig Dollar. Weit über meinem Limit. Langsam zog ich mich zurück, als die Menge sich den nächsten Losnummern zuwandte. Irgendwie fand ich mich plötzlich auf dem Rand des maroden Springbrunnens sitzend wieder. Ich beobachtete die Assistenten des Auktionators dabei, wie sie die Amphoren und Urnen einzeln verpackten. Der Engländer und die Frau mit den krausen blonden Haaren lungerten in der Nähe herum; offensichtlich hatten sie die Auktion für sich abgeschlossen – vielleicht hatten sie sich in ihren Läden auf antike Kunstwerke spezialisiert. Sie scherzten und lachten, wie es nur Gleichgesinnte taten.
    Die Urne würde nicht mit mir nach Hause fahren. Die Frau darauf sah so aus wie ich. Sie sorgte dafür, dass ich neurotisch wurde, aber sie ging mit dem Engländer heim. Ein Seufzer kam tief aus meinem verwirrten Herzen. Ich wusste nicht, was zum Teufel mit mir los war, aber ich fühlte mich fix und fertig.
    Vielleicht sollte ich den Engländer nach seiner Karte fragen und dann genug Geld sparen, um … um was? Mir das verdammte Ding zurücklegen zu lassen? Vielleicht könnte ich einen Kurs in der Sommerschule unterrichten und …
    Ich bemerkte, wie der Engländer meine, besser gesagt, seine Urne anhob. Er betrachtete sie voller Besitzerstolz, während er darauf wartete, dass einer der Assistenten des Auktionators den bereitstehenden Karton mit ausreichend Seidenpapier gefüllt hatte, damit nichts kaputtgehen konnte. Mit einem Mal wandelte sich sein Lächeln in eine wütende, verstörte Grimasse.
    Hm – ich stand auf und trat ein wenig näher.
    „Mein Gott! Was, verdammt noch eins, ist das?“ Er hielt die Urne hoch über seinen Kopf und schaute mit angestrengtem Blick hinein.
    „Gibt es ein Problem, Sir?“
    Der Assistent war genauso

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