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Ausersehen

Ausersehen

Titel: Ausersehen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: P. C. Cast
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die Straße schleuderte. Dann stand die Welt plötzlich auf dem Kopf. Im selben Moment, als ein rasender Schmerz durch meine rechte Stirnseite schoss, roch ich Rauch. Ich musste meine Augen geschlossen gehabt haben, denn ich zwang mich, sie zu öffnen, und hatte sofort das Gefühl, mitten in gleißender Sonne gefangen zu sein. Die Urne war aus dem Karton gefallen. Sie war ein einziger Ball aus Hitze und Lichtblitzen, der sich langsam, wie in Zeitlupe, auf mich zubewegte. Die Zeit stand still, und ich schien am Rande der Hölle zu schweben. Ich starrte in die glühende Kugel und erhaschte einen Blick auf mich selbst, als würde ich in eine sich kräuselnde Wasseroberfläche schauen, die in Brand gesetzt worden war, aber immer noch reflektierte. Mein Spiegelbild lief auf mich zu, nackt, mit ausgestreckten Armen, den Kopf zurückgeworfen wie eine heidnische Tänzerin, gefangen in dem Feuerball. Dann hüllten mich Feuer und Rauch tatsächlich ein, und ich wusste, dass ich sterben würde.
    Mein letzter Gedanke war keine Rückblende meines Lebens oder Trauer darüber, Freunde und Familie zurückzulassen. Ich dachte ganz einfach: Verdammt, ich hätte mit dem Fluchen aufhören sollen. Was, wenn Gott tatsächlich ein Baptist ist?

II. TEIL

1. KAPITEL
    Das Bewusstsein kehrte nicht spielend leicht zurück; es war ein schwer fassbares kleines Ding. Es fühlte sich an wie ein Traum, wie die Art Traum, die ich während einer besonders gemeinen Periode habe, so eine mit Krämpfen und allem. In diesen Träumen verwandle ich die Krämpfe in eigenartig gezuckerte Wehen und bringe dann ein Twix zur Welt, wonach ich mich seltsamerweise besser fühle. Ich weiß, ich bin Freuds feuchter Traum.
    Mein Kopf tat weh. Sehr weh. Schlimmer als eine Nebenhöhlenentzündung. Sogar schlimmer als ein „Ich kann nicht glauben, dass ich den ganzen Tequila getrunken habe“-Kater. Und mein Körper fühlte sich an wie … nein, ich spürte meinen Körper gar nicht. Konnte die Augen nicht öffnen.
    Ach ja, ich bin tot. Kein Wunder, dass ich mich so …
    Dunkelheit zog mich zärtlich in ihre Arme wie ein Freund.
    Als ich das nächste Mal aufwachte, tat mein Kopf immer noch weh – sehr weh. Und ich bedauerte, dass ich nun auch meinen Körper spürte. Jedes Gelenk schmerzte, wie bei einer Grippe, die direkt aus der Hölle kam. Oh, mein Gott, vielleicht war das hier die Hölle (wenn jemand anfinge, mir Matheaufgaben zuzurufen, wäre ich mir sicher). Ich konnte nichts hören außer einem merkwürdigen Klingeln, das in meinen Ohren zu stecken schien. Ich versuchte die Augen zu öffnen, aber sie gehorchten nicht. Das lag möglicherweise daran, dass Leichen so etwas nicht können. Wenn ich nicht tot gewesen wäre, wäre mein Herz mir bestimmt aus der Brust gesprungen. Können Leichen Panik kriegen? Offensichtlich ja … dieses Mal war die Dunkelheit nicht freundlich, aber sie war verlockend, und ich taumelte willentlich zurück in ihre wartenden Arme.
    „Seid ruhig, Mylady, alles wird gut.“
    Die Stimme war süß und vertraut, aber sie hatte einen Tonfall, den ich nicht wiedererkannte. Mein Kopf war schwer, heiß und empfindlich. Mein Körper fühlte sich an, als wäre ich zusammengeschlagen worden. Meine zerfaserte Aufmerksamkeit richtete sich auf die kalte Feuchtigkeit auf meiner Stirn. Ich ertastete mit den Fingern eine dicke Kompresse, doch jemand schob meine Hand sanft beiseite.
    „Alles ist gut, Mylady. Ich bin hier.“ Wieder diese vage Vertrautheit.
    „Wa…“ Großer Gott, meine Kehle war immer noch rau und brannte wie Feuer. Feuer! Erinnerungen brachen über mich herein, brachten Angst und Panik mit sich. Als ich jetzt versuchte, meine Augen zu öffnen, gehorchten sie. Na ja, zumindest so ähnlich. Ich versuchte, mich aufs Sehen zu konzentrieren, aber die Bilder und Lichter verschwammen in einem großen Durcheinander. Der große Klecks neben mir bewegte sich, und mein Blick fokussierte sich auf …
    Gott sei Dank, es war Suzanna. Wenn sie hier war, dann konnte ich nicht tot sein, und vielleicht würde sogar alles wieder gut werden. Ich wollte mich weiter auf sie konzentrieren, doch der Raum begann sich zu drehen, daher blinzelte ich heftig, um klarer zu sehen. Sie hielt eine meiner Hände, aber sonderbarerweise versuchte sie ihre Hand fortzuziehen, als sie sah, dass meine Augen sich öffneten. Ich fasste nur umso fester zu. Ich hatte den Eindruck, dass sie blass wurde, aber da ich sie mal in vierfacher, mal in zweifacher, dann wieder vierfacher

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