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Ausersehen

Ausersehen

Titel: Ausersehen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: P. C. Cast
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aufzuziehen, dass sie damit aussah wie ein schlimmes kleines Mädchen nach einer wilden Nacht. Sie sagte dann immer „Oh, danke“, wie eine Katze, die gerade die Sahneschüssel ausgeleckt hat. Wie konnte es so lang geworden sein? Damit kommen wir gleich zur nächsten Frage: Wie lange war ich denn wohl bitte schön ausgeknockt? Hatte sie sich aus Trauer in eine unglückliche Lady-Godiva-Phase hineingesteigert und ohne meine modisch-fachliche Beratung beschlossen, sich die Haare bis zum Po wachsen zu lassen?
    Nein, das konnte nicht sein. Sie sah nicht älter aus, diese Schlange.
    Sie wich meinem Blick immer noch aus, während ich sie eingehender betrachtete. Es war definitiv Suzanna. Die gleiche feine Knochenstruktur. Ein wunderschönes rundes Gesicht, das irgendwie Güte ausstrahlte. Ihre langen Locken waren hinter ihre perfekten kleinen Ohren gesteckt, genau wie zu der Zeit, als sie noch kurze Haare hatte. Die gleichen Sommersprossen sprenkelten ihre Nase und ihre hohen Wangenknochen. Sollte sie einmal lächeln (was im Moment nicht sehr wahrscheinlich schien), würde ich sicherlich das vertraute Grübchen auf jeder Seite ihrer sanft geschwungenen Lippen sehen.
    „Suz…“ Ich zog an ihrer Hand, wollte, dass sie mich anschaute. Als sie hochsah, blickte ich in die gleichen goldbraunen Augen, die ich seit Jahren kannte. „Wa…“ Ich versuchte, eine Frage zu stellen, während ich sie mit dem „Was ist los, Freundin“-Blick bedachte. Sie schien sich etwas zu entspannen, doch in dem Moment kam die Krankenschwester ins Zimmer gerannt (wirklich, die Nymphe rannte tatsächlich) mit einem neuen Kelch.
    „Hier, Mylady.“
    Gott sei Dank, echtes Wasser. Und es war sogar kalt. Ich versuchte, so viel wie möglich auf einmal zu schlucken, aber meine Kehle rebellierte dagegen.
    „Da…anke“, krächzte ich. Suzanna musste sich vorbeugen, um mich hören zu können, aber ich wusste, dass sie verstand, denn sie wurde plötzlich rot, schnappte sich hastig ein Tuch und fing an, mir das Gesicht abzutrocknen.
    Ich bemerkte erstaunt, wie erschöpft ich war. Alles, was ich bisher getan hatte, war, mich zu übergeben und etwas Wasser zu trinken. Leise eine Melodie vor sich hinsummend, strich Suzanna mir das Haar aus der Stirn.
    „Ruhen Sie sich aus, Mylady. Alles ist gut.“
    Was zum Teufel hatte sie eigentlich an?
    Bevor ich diesen Gedanken weiterverfolgen konnte, zog mich meine andere Freundin, die Dunkelheit, verstohlen wieder auf ihre Seite.

2. KAPITEL
    Vergebt mir, Mylady, aber Sie müssen jetzt aufwachen.“
    Nein, ich hatte eine Vertretung bestellt, lasst mich schlafen. Was für ein fürchterlicher Traum. Ich kniff meine Augen fest zu und konzentrierte mich darauf, ein Bild von Hugh Jackman, diesem knackigen australischen Schauspieler, heraufzubeschwören, der mir in Liebe verfallen ist. Vielleicht konnte ich so wieder zurück in mein Traumland gleiten.
    Dann beging ich den Fehler zu schlucken.
    Autsch! Meine Kehle brachte mich um … oh, richtig. Vielleicht war ich ja schon tot. Meine Augen öffneten sich.
    Zwei Nymphen-Krankenschwestern standen neben der langhaarigen Suzanna. Eine hatte ein durchscheinendes Etwas über ihre wohlgeformten und ziemlich nackten Arme drapiert. Die andere hielt Kämme und Bürsten und ein entzückendes kleines kronenähnliches Goldding (ich glaube, die heißen Diademe). Hm … wo auch immer ich war, es konnte nicht so schlecht sein, wenn es sogar Juwelen gab.
    „Mylady, der Bote Ihres Vaters ist soeben eingetroffen, und er hat verkündet, dass das Aufgebot bestellt ist und Ihr Verlobter bald hier sein wird, um mit Ihnen die Feierlichkeiten Ihrer Handfeste zu begehen.“
    Meiner was?
    „Heute noch. Bitte, wir müssen Sie zurechtmachen.“
    Ich konnte sie nur verwirrt anblinzeln. Wovon redete sie da? Mein Verlobter? Ich verabredete mich im Moment noch nicht mal mit jemandem! Dem letzten Kerl, mit dem ich aus war, habe ich noch während unseres ersten Treffens, einem Blind Date, den Laufpass gegeben. (Unbedingt merken: Nie, niemals mehr auf ein Blind Date einlassen.)
    Suzanna schien zu zögern. „Herrin, können Sie immer noch nicht sprechen?“
    „Herrrrr…uhh.“ Was sollte dieses ständige Herrin und Mylady?
    Offensichtlich war mein Opossumkrächzen Antwort genug. Mir fiel auf, dass allein der Klang meiner vermurksten Stimme die Nymphen in attraktive Panik versetzte. Suz schien genervt; mit einer harschen Geste schnappte sie sich die durchsichtige Robe, die Kämme und Juwelen von den

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