Ausersehen
schlurften mit Wasserkrügen und nassen Lappen zwischen diesen provisorischen Bettstätten hin und her und halfen den Kranken, einen Schluck zu trinken, oder wischten den Fiebernden die heiße Stirn.
Als ich eintrat, zwang ich mich, nicht zu würgen, aber ich konnte mich nicht davon abhalten, meinen Mund mit der Hand zu bedecken. Erbrochenes und andere Körperflüssigkeiten mischten sich mit etwas, das ich anfangs nicht erkannte. Dann fiel mir ein, wo ich diesen seltsamen Geruch schon einmal wahrgenommen hatte – auf der MacCallan-Burg. Es war der Geruch des Todes.
Alanna und ich blieben an der Tür stehen, als Carolan in den Raum eilte. Schnell trat er an das nächstliegende Krankenlager und beugte sich über ein junges Mädchen, um ihre fiebrige Stirn zu fühlen. Dicke, daunengefüllte Decken bedeckten sie, aber ich konnte sehen, dass sie trotzdem zitterte. Ich beobachtete, wie Carolan sie untersuchte – er zog die Decken weg und fing an, ihren Hals mit einer Hand abzutasten, während er mit der anderen ihren Puls fühlte. Sein Gesicht hatte einen gelassenen Ausdruck angenommen, und er flüsterte ihr beruhigende Worte zu.
Er öffnete seine Tasche, die er zu seinen Füßen abgestellt hatte, und holte etwas heraus, das wie ein primitives Stethoskop aussah und mit dem er ihre Brust abhorchte. Ich fühlte mich hilflos und unfähig, weil ich einfach nur so dastand und zuschaute, wie er von Bett zu Bett ging, die Mädchen untersuchte, nach Wasser, frischen Laken oder kühlen Kompressen rief.
„Mylady?“
Eine raue Stimme weckte meine Aufmerksamkeit. Ich schaute mich um und versuchte herauszufinden, wer mich gerufen hatte. Ungefähr auf halbem Weg in den Raum hinein sah ich eine Hand, die mit müder Geste in meine Richtung winkte, und einen leicht angehobenen Kopf mit dunklem, langem Haar.
„Tarah?“
Alanna nickte traurig.
Nun, das reichte. Ich konnte ganz sicher nicht einfach danebenstehen, wenn eine Nymphe, die aussah wie meine ehemalige Lieblingsschülerin, mich brauchte. Ich atmete tief ein und bahnte mir einen Weg zu ihr.
An ihrem Lager angekommen, nahm ich ihre Hand in meine. Die Haut war trocken und rissig, und die fragile Leichtigkeit ihrer Knochen überraschte mich.
„Es tut mir leid, Mylady.“ Sie versuchte zu lächeln, aber es kam nur eine Grimasse dabei heraus. „Wir haben zu viel zu tun, als dass ich krank sein kann.“
„Pst“, beruhigte ich sie. „Mach dir darüber keine Sorgen. Ruh dich einfach nur aus und werde wieder gesund.“ Sie schloss ihre Augen und nickte. Da sie meine Hand nicht losließ, setzte ich mich neben sie und betrachtete sie eingehend. Sie war blass, und ihre Lippen waren trocken; verstörend war, dass die Haut in ihrem Gesicht und auf ihrem Hals mit einem böse aussehenden roten Ausschlag bedeckt war.
„Windpocken?“, murmelte ich vor mich hin.
„Ja, ich glaube, es sind die Pocken.“ Carolans Stimme erschreckte mich. „Kennst du dich damit aus?“
„Ich glaube schon. Ich hatte sie als Kind“, erwiderte ich, wobei ich den Blick nicht von Tarahs Gesicht wenden konnte. „Aber ich war nicht so krank.“ Ich erinnerte mich daran, Geschichten gehört zu haben von Menschen, die an Windpocken gestorben waren, aber die waren mir immer wie Altweiberfabeln vorgekommen. Ich hatte mich als Kind mit Windpocken angesteckt und erinnerte mich daran, dass ich mehrere Tage in der Schule gefehlt hatte. Meine Haut hatte gejuckt, aber mit dem, was ich hier sah, war das nicht zu vergleichen. Diese Menschen waren ernsthaft krank.
„Ich …“
Tarahs schwache Stimme wurde noch schwächer, und ich beugte mich vor, um den Rest des Satzes zu verstehen.
„… hatte als Kind auch Windpocken.“
„Sie sagt, sie hatte als Kind Windpocken.“ Ich schaute Carolan überrascht an. „Das ist seltsam. In meiner …“ Beinahe wäre mir das Wort Welt herausgerutscht, aber ich konnte es gerade noch mit einem Husten verdecken. „Meiner Erfahrung nach kann man die Windpocken nur ein Mal bekommen. Man kann sich kein zweites Mal anstecken.“
Carolan nickte zustimmend und bedeutete mir, ihm zur Tür zu folgen. Bevor ich Tarahs Hand losließ, drückte ich sie noch einmal kurz und flüsterte ihr zu, dass ich gleich wieder da sein würde.
In der Nähe der Tür drängten wir drei uns zusammen, und Carolan sprach leise und eindringlich auf uns ein.
„Ich habe an einigen Patienten eine nur oberflächliche Untersuchung durchgeführt, aber was ich dabei gefunden habe, macht mir große Sorgen.
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