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Ausersehen

Ausersehen

Titel: Ausersehen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: P. C. Cast
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Arbeit. Sie heilt alles, was einen quält.
    Die silbern schimmernde Stute beschnupperte mein Gesicht und knabberte an meiner Schulter, während ich ihren bereits perfekt gestriegelten Hals bürstete.
    „Du bist eine ganz süße, wunderschöne Lady.“ Ich gab kleine, bewundernde Laute von mir und fühlte mich, als wäre ich wieder ein kleines Mädchen. Tief sog ich ihren Duft ein und genoss ihren warmen Atem auf meiner Haut.
    Folgsam schwang sie den Kopf herum, als eine der Dienerinnen mit einer elegant aussehenden Hackamore näher kam. Ich trat ein Stück zur Seite, als die anderen beiden Dienerinnen eine Satteldecke auf ihren Rücken legten, die wie ein mit Schaffell gepolsterter Schalensitz mit Steigbügeln aussah.
    Die Dienerin zog den Bauchgurt fest und trat zurück. Dann standen alle da und schauten mich einfach an.
    Ich warf einen Blick auf die sehr hoch hängenden Steigbügel und die große Stute und dachte an meinen fünfunddreißigjährigen Körper.
    Großartig. Nun musste ich so tun, als wäre ich Miss Athletik.
    Warte mal – nein. Alles, was ich tun musste, war vorzugeben, Miss Zickig zu sein. Und einige Menschen würden sagen, dass das eine meiner leichtesten Übungen ist.
    „Nun, jemand helfe mir bitte beim Aufsteigen.“ Verdammt, ich klang wirklich hassenswert. Lächeln. Ohne zu zögern, trat ich vor, fasste in die silberne Mähne und hob meinen Fuß in der Hoffnung, dass eine der Nymphen ihn nehmen und mich hinaufschieben würde. Gott sei Dank tat es auch eine, und so kletterte ich hinauf, steckte meinen anderen Fuß in den anderen Steigbügel und setzte mich aufrecht hin.
    Nur um festzustellen, dass ich nicht wusste, in welcher Richtung es hinausging.
    „Öffnet das Tor!“ Mir fiel dieser zickige Ton wirklich leicht.
    Eine der Nymphen hastete zu einer Tür auf der anderen Seite des Stalles, und eine andere Nymphe öffnete eine sich nahtlos in die Wand einfügende Tür in der äußeren Tempelmauer. Ich schnalzte mit der Zunge (was hoffentlich das universelle Zeichen für Pferde war, sich in Bewegung zu setzen), und die wundervolle Stute schritt voran. Kurz bevor ich durch die letzte offene Tür ritt, zog ich die Zügel an und wandte mich über meine Schulter an die Dienerinnen.
    „Ich danke euch. Ihr könnt nun zurück in eure Betten gehen. Schlaft ruhig aus, ich werde mich selber um alles kümmern, wenn ich zurückkomme.“ Ich presste meine Schenkel gegen die weiche Satteldecke, beugte mich etwas vor, und schon fiel die Stute in leichten Trab.
    Schnell hatten wir den Tempel hinter uns gelassen und waren auf dem Weg. Der Mond stand noch hoch und hell am Himmel, sodass ich gute Sicht hatte. Ich zog die Zügel an, und die Stute wurde langsamer und blieb stehen. Ich musste mich umschauen und herausfinden, wo zum Teufel ich mich befand, um zu entscheiden, wo zum Teufel ich mich hinwenden musste. Das Erste, was mir auffiel, war, dass der Tempel strategisch günstig auf einem Hügel gelegen war und man auf den umgebenden Wiesen, auch wenn sie saftig und grün waren, sämtliche Bäume gerodet hatte. Der Tempel selber war ein riesiger Kreis, imposant und prächtig, mit Marmorsäulen und einem Springbrunnen direkt in der Mitte des Vorplatzes (ein sehr großes Pferd, das sich vor einem falschen Ozean erhob, der aus mehreren heißen Mineralquellen gespeist zu werden schien – sehr Trevi-Brunnen).
    Ich versuchte, das Gebäude mit dem Blick eines Soldaten zu betrachten, und sah, was ClanFintan damit gemeint hatte, dass es für eine einfache Verteidigung geplant worden war. Das deutlichste Anzeichen dafür war die hohe Mauer, die es umgab. Sie sah dick und undurchdringlich aus, und obendrauf hatte sie die typischen Zinnen, hinter denen man perfekt Bogenschützen verstecken konnte (oder Sonnenanbeter, je nachdem, ob gerade Krieg herrschte oder nicht). Die Mauer war nicht nur solide, wie ich überrascht bemerkte, sondern auch sehr hübsch. Sie sah aus, als wäre sie aus einem einzigen, cremefarbenen Marmorblock gehauen worden, und das Mondlicht verlieh ihr einen überirdischen Glanz. Bei genauerer Betrachtung dachte ich, wenn man die Mauer entfernen würde, sähe die Tempelanlage aus wie das Pantheon in Rom, nur dass das Dach kein Loch hatte.
    Die Spiegelung von Mondlicht auf Wasser lenkte meine Aufmerksamkeit auf den Fluss, der sich um den Tempel wand. Er war nicht so nah, dass er das Gelände hätte überfluten können, aber nah genug, dass die Barken in der Nähe anlegen konnten. Sehr gut durchdacht. Wenn

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