Auserwählt – Die Linie der Ewigen (German Edition)
als angenehm, und das ist noch ziemlich untertrieben. Es war, also würde er mir Feuer in den Mund speien und mich dadurch von innen heraus verbrennen.“ Bei diesen Worten blickte ich erneut auf meinen schnurrenden Schoßwärmer herab und flüsterte ihm zu: „Wenn du dich dabei genauso fühlst, dann hast du mein vollstes Verständnis, kleiner Freund.“
Wie zur Bestätigung gab Victor daraufhin einen kleinen Maunzer von sich.
„Alles klar“, sagte ich und hob meinen Kopf gerade noch rechtzeitig genug, um zu sehen, wie Franziska und Alan einen besorgten Blick tauschten.
„Was?“, fragte ich.
„Nichts weiter“, antwortete Alan, „es beunruhigt uns einfach, dass du das erleben musstest. Erlösern wie Mael“, und dabei spuckte er den Namen seines Bruders beinahe aus wie sauer gewordene Milch, „haben wir Ewigen unser heutiges Image zu verdanken. Er schürt die Angst vor dem Übergang und bedient mit Freude alle Vorurteile und dummen Klischees, die sich über die Jahrhunderte in den Köpfen aufgebaut haben. Eigentlich ist das schon wieder auf bizarre Art und Weise komisch. Die Menschen fürchten etwas, das sie im Grunde genommen selbst erst in dieser Form erschaffen haben. Aber wie dem auch sei, Mael ist nicht der Erste, der sich von seiner Macht hat berauschen lassen. Und er wird sicher auch nicht der Letzte sein.“
Wolken der Verbitterung waren über Alans Gesicht gezogen, doch ein weiterer Maunzer Victors lenkte seine Aufmerksamkeit zurück in die Gegenwart.
„Nun gut, dann lass Aline mal was essen“, sagte er, fasste den Kater wie eine Puppe unter dessen Vorderbeinen und setzte ihn gleich einer lang gezogenen, vibrierenden Wurst auf den Boden.
Die Gelegenheit ließ ich mir natürlich nicht entgehen und vergrub gleich darauf meine Zähne in dieser herrlich duftenden Pizza. Bereits nach dem ersten Bissen wusste ich, dass Franziska nicht nur eine gute Ärztin, sondern auch eine ausgezeichnete Köchin sein musste.
„Franziska, die ist der Hammer“, schmatzte ich zwischen zwei Bissen, woraufhin ihr Gesicht zu strahlen anfing.
„Danke. Das Geheimnis ist der Teig für den Boden. Da ist Oregano drin – “
Oregano im Pizzateig.
Es tat so gut, sich auch mal über etwas Irdisches zu unterhalten.
37
Es war schon nach zehn Uhr abends gewesen, als ich mich in meinem Zimmer in die wunderbar weichen Laken des Gästebettes gekuschelt hatte und eingeschlafen war. Zuvor hatten wir alle noch gemeinsam den Abwasch erledigt und die Strategie für die kommenden Tage besprochen.
Ich sollte am nächsten Morgen in der Firma anrufen und mich krank melden. Magen-Darm-Grippe, eine hundertprozentig sichere Methode, daheim bleiben zu müssen. Franziska, ganz Ärztin, würde mir hierfür ein Attest ausstellen und es an meinen Arbeitgeber schicken. Nichts sollte auf irgendetwas Ungewöhnliches hinweisen. Zudem sollte ich noch meine Familie über meine „Erkrankung“ informieren und allen Verwandten und Freunden strikt untersagen, zu mir nach Hause zu kommen, zu hoch sei die Ansteckungsgefahr. Das alles hatte ich am nächsten Morgen auch sofort erledigt. Als Trick hatte ich vorher noch in ein großes Stück Zitrone gebissen, damit der leidende Ausdruck in meiner Stimme einigermaßen echt klang. Bei Florian hatte das ausgezeichnet funktioniert, er wollte mich erst wieder in der Arbeit sehen, wenn ich völlig auskuriert sei, und keinen Tag früher.
Der Anruf bei meiner Mutter danach gestaltete sich leider etwas schwieriger, denn die Gute war erst nach jeder Menge zitronig gefakter Würgegeräusche am Telefon dazu zu bewegen, von einer Lieferung heißer Brühe und Zwieback zu mir nach Hause abzusehen. Sie hatte es ja gut gemeint, aber ich konnte das Risiko einfach nicht eingehen, dass sie plötzlich vor meiner Wohnung stand und den Notfallschlüssel benutzte, den ich mal bei ihr deponiert hatte. Es hatte mein gesamtes schauspielerisches Nichtkönnen erfordert, mich krank genug zu stellen, damit sie sich darauf einließ, erst vorbeizukommen, wenn ich mich als weitestgehend dekontaminiert erachtete. Bedingung dafür war ein Anruf hier und da gewesen. Das sollte doch machbar sein.
Zum Schluss hatte ich dann noch Betty anrufen müssen. Das war zwar nicht geplant gewesen, hatte sich aber nicht vermeiden lassen, da sie bereits mehrfach auf meine Mailbox gequatscht hatte, ich solle doch endlich mal zurückrufen und ausführlich über die Neuerungen in meinem Liebesleben berichten. Nachdem ich auch hier erfolgreich Übelkeit
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