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Auserwählt – Die Linie der Ewigen (German Edition)

Auserwählt – Die Linie der Ewigen (German Edition)

Titel: Auserwählt – Die Linie der Ewigen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Emily Byron
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doch mein letztes Date war ganze zwei Jahre her und ich doch ziemlich aus der Übung. Ich tat das einzig Richtige, griff zum Hörer und wählte Bettys Nummer. Zeit, meinen Gefallen einzufordern. Es dauerte eine Weile, bis Betty abhob. Im Hintergrund hörte ich laute Musik.
    „Hey Cousinchen, was verschafft mir die Freude deines Anrufes?“, ertönte ihre für eine Frau ungewöhnlich tiefe Stimme. Mit der wäre sie der Star jeder Flirthotline gewesen. Stattdessen warf sie sich Tag für Tag einen weißen Kittel über und steckte die langen, blonden Haare zu einem Dutt, um als erklärtes Ziel in einem Labor neue Mittel gegen Darmkrebs zu erforschen. Schön und intelligent, eine Kombination, mit der sie reihenweise Männer an- wie auszog. Im Gegensatz zu mir genoss Betty ihr Singledasein in vollen Zügen und scherte sich nicht um das Gerede anderer, frei nach dem Motto: Man lebt nur einmal. Insgeheim wünschte ich mir, ich wäre mehr wie sie. Ein wenig mehr Sinn für Abenteuer und ein wenig weniger spießig. „Hallo Betty“, erwiderte ich ihren Gruß, „was ist denn bei dir los?“
    „Nichts. Ich war gerade auf dem Stepper und hab meine Einheiten absolviert. Du solltest auch mehr Sport machen. Das wäre gut für deine Figur, und vielleicht lernst du dabei auch mal wieder einen netten Kerl kennen. Geht ja nicht an, wie lange du schon alleine bist. Ich hätte an deiner Stelle schon längst Spinnweben zwischen den Beinen angesetzt!“
    Ihr Lachen ertönte vollmundig und echt, sodass ich ihr für diese Bemerkung nicht wirklich böse sein konnte. Betty war nie ein verklemmter Typ gewesen und sagte jedem ihre Meinung deutlich ins Gesicht, ob er sie hören wollte oder nicht. Und wenn ich ehrlich war, dann hatte sie ja recht. Ich trug bereits Spinnweben. Mit Staub oben drauf. Traurig, aber wahr.
    „Darum ruf ich an“, antwortete ich ihr mit leicht belegter Stimme, „ich … hab da wen kennengelernt. Er kommt heute Abend zu mir.“
    Weiter kam ich nicht, denn ein spitzer Schrei zerriss mir fast das Trommelfell, sodass ich den Hörer ein wenig auf Abstand halten musste.
    „Nein, wie geil!“, quietschte meine Cousine am anderen Ende der Leitung, „Mann, Aline, das wurde aber auch Zeit, ich freu mich für dich! Erzähl, erzähl, wie heißt er, wie sieht er aus, wo hast du ihn kennengelernt …?“
    Wie ein Schnellfeuergewehr schoss Betty eine Frage nach der anderen ab, sodass ich irgendwann unfreiwillig schmunzeln musste. Sie freute sich aufrichtig für mich, die gute Seele. Viele Menschen hielten sie für arrogant und leichtfüßig, verdammten ihren hohen Männerverschleiß und ihre lebenslustige Art. Ich dagegen schätzte sie als einen ehrlichen und herzlichen Menschen, der einfach nur nach seinem Stiefel lebte und dabei seinen Spaß hatte. Was gab es daran zu verurteilen?
    „Betty“, musste ich sie unterbrechen, „Betty, bitte beruhige dich und hör mir mal zu. Sei mir nicht böse, ich möchte da noch nicht viel erzählen. Das ist noch total frisch, ich weiß selber noch nicht, was das ist und ob was draus wird. Ich muss den Kerl erst einmal in Ruhe abchecken.“
    „Ah ja“, kicherte sie, „abchecken. Heute Abend. Bei dir zu Hause. Alles klar.“
    Sie schien wirklich Mühe zu haben, nicht auf der Stelle loszuprusten. „Ja, abchecken. Im Sinne von reden. Sich kennenlernen.“
    „Och, Aline, wie langweilig … hast du ihn denn wenigstens schon geküsst? Komm schon, du kannst mir nicht so eine bahnbrechende Neuigkeit aus deinem Universum hinknallen und dann erwarten, dass ich still halte und abwarte, was geschieht. Ein bisschen musst du mir schon entgegenkommen.“
    Verdammt, da hatte sie irgendwie recht. Anfüttern und dann am ausgestreckten Arm verhungern lassen, das war wirklich nicht fair.
    „Ja, wir haben uns geküsst“, antwortete ich ihr zögerlich und spürte nicht nur, wie mir bei dem Gedanken daran die Schamesröte ins Gesicht stieg, sondern auch, dass meine Stimme bei diesem Satz irgendwas Seltsames gemacht hatte. O Gott. Ich hatte ebenfalls gekichert.
    „Wie war’s, wie war’s?“, jauchzte meine Cousine vor Neugier. Ihre Stepeinheiten schienen vollkommen in Vergessenheit geraten zu sein.
    Was sollte ich sagen?
    Aufregend?
    Verwirrend?
    Unheimlich?
    Ich entschloss mich, die Wahrheit zu sagen und dabei nicht zu viel preiszugeben.
    „Schön, einfach nur schön.“
    Betty kannte mich, sie wusste, das war in so einem Moment das Äußerste, was ich zu verraten bereit war, und gab sich artig damit

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