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Ausflug ins Gruene

Ausflug ins Gruene

Titel: Ausflug ins Gruene Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathrin Heinrichs
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laß den Knaben ruhen und freu dich, daß er dir sein Monatsgehalt überlassen hat!«
    Nach einem viertelstündigen Gespräch hatte mein Freund mich überzeugt – sowohl was meine allzu phantasievollen Ideen hinsichtlich Bruno Langensieps Tod anging als auch was die Aussicht auf ein weiteres Treffen mit Alexa Schnittler betraf. Ich versprach, mich zu melden, sobald ich die wichtigsten Dinge hier vor Ort hintereinander hatte. Danach versuchte ich es bei Max Schneidt, der wohl der Lebensretter-und-Biersorten-Max sein mußte. Es hob gleich jemand ab. »Taxi Bern. Guten Abend«, meldete sich eine leicht gelangweilte Frauenstimme.
    »Ja?« Die Stimme nahm an Genervtheit ziemlich zu.
    »Vincent Jakobs. Ich möchte gerne Max Schneidt sprechen. Bin ich da–«
    »Max!« brüllte die Stimme, ohne noch ein weiteres Wort an mich zu verschwenden. Ich wartete einen Moment.
    »Ja«, vernahm ich dann eine etwas heisere, junge Stimme.
    »Vincent Jakobs hier«, sagte ich, »du hast dich eben bei mir wegen einer Wohnung gemeldet?«
    »Ach so, du bist das.« Die Stimme wurde verbindlicher. »Mein Chef hat hier im Haus eine Wohnung leerstehen. Und da Lutz mir erzählt hat, daß du eine Wohnung suchst, dachte ich mir, es wäre ja ein netter Zug, wenn ich mich mal melde.«
    »Wirklich ein netter Zug«, antwortete ich. »Wann kann ich mir die Wohnung denn mal ansehen?«
    »Jetzt zum Beispiel«, sagte Max, »der Schlüssel hängt hier, und ich habe gerade Fahrpause. Ich kann sie dir zeigen.«
    »In Ordnung, ich hab jetzt Zeit!« sagte ich. »Wo muß ich denn hin?«
    »Borkeallee. Kennst du die?« Ich verneinte.
    »Also, wenn du aus der Fußgängerzone kommst an der alten Post links, dann an der nächsten Ampel rechts, weil man nur über die Kaiserstraße–«
    »Moment, Moment«, unterbrach ich ihn, »ich muß mir das aufschreiben.« Ich wollte gerade nach Block und Stift kramen, als Max Schneidt mich unterbrach.
    »Bevor ich hier lange rumfasele, hole ich dich eben bei den Dreisams ab. Bis gleich.« Ich konnte mich kaum über soviel Entgegenkommen wundern und gerade noch meine Jacke aus dem Zimmer holen, als es schon schellte. Vor der Tür stand Max und grinste.
    »Hallo? Ist dir der Abend bekommen?«
    Ich grummelte irgendwas und ging mit ihm zum Taxi, das direkt vor der Tür in der Fußgängerzone stand.
    Im Auto zündete sich Max eine Zigarette an. Ich fragte ihn nochmal nach der Wohnung.
    »Also, die gehört Bern, meinem Chef. Sie ist in dem Haus, wo im Erdgeschoß die Taxizentrale untergebracht ist. Im Haus wohnen außerdem noch zwei ältere Damen, die beide exzellent backen, wie ich aus eigener Erfahrung bestätigen kann.« Max grinste. »Das Dachgeschoß steht seit zwei Monaten leer. Eigentlich wollte mein Chef es für seine Eisenbahn nutzen, aber jetzt hat er sich doch fürs liebe Geld entschieden. Heute hat er mir erzählt, daß sie möglichst schnell vermietet werden soll. Mein Chef hatte bisher nur noch keine Zeit, sich drum zu kümmern.«
    Ein paar Minuten später standen wir vor der Taxizentrale. Ich folgte Max in ein schäbiges Büro im Erdgeschoß, das nach kaltem Rauch stank.
    »Hey Tina«, grüßte Max, »ich geh mal nach oben.«
    »Schon klar.« Unverkennbar dieselbe gelangweilte Stimme wie eben am Telefon. Tina hockte auf einem Barhocker an einer Art Arbeitstheke vor dem Telefon und war über eine Illustrierte gebeugt. Sie hatte etwas ausgehangene Locken, die unmißverständlich auf eine neue Dauerwelle warteten. Ihr Gesicht war lang und stark geschminkt. Den einen Ellenbogen hatte sie auf den Tisch gestützt. Offensichtlich löste sie gerade ein Kreuzworträtsel, denn mit der anderen hielt sie einen Kuli in den Mund und nuckelte nachdenklich daran herum. Ihre Fingernägel waren feuerrot lackiert und ihre Haut zeugte von einem Abo auf der Sonnenbank.
    »Musikinstrument mit sieben Buchstaben«, murmelte sie plötzlich mit einer fast beängstigenden Monotonie, als wir schon fast wieder aus dem Zimmer waren. Ich schaute noch einmal zur Tür herein.
    »Klavier.« Tina blickte erstaunt auf und sah beinahe wie ein lebendiger Mensch aus.
    Das Treppenhaus war ziemlich bieder eingerichtet. Die Stufen waren mit einem pflegeleichten, aber häßlichen Teppich überzogen, und vor den beiden Wohnungstüren, an denen wir vorbeigingen, stand je ein Blumenständer mit einer unecht aussehenden Pflanze darauf. Im ganzen Flur muffelte es ein wenig sonderbar. Ganz oben angelangt öffnete Max die Wohnungstür und ließ mir den Vortritt. Der

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