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Ausflug ins Gruene

Ausflug ins Gruene

Titel: Ausflug ins Gruene Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathrin Heinrichs
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hinter mir. Ich fuhr herum. Regine Langensiep war so leise hereingekommen, daß ich nichts bemerkt hatte.
    »Danke«, stotterte ich, »ich bin sowieso jetzt fertig.« Ich packte die Stapel zusammen, die ich mir aussortiert hatte. »Kann ich die Unterlagen mitnehmen und mir Teile daraus kopieren?« fragte ich.
    »Behalten Sie sie!« war die Antwort. »Ich werde nie anfangen, mich für den Unterrichtsstoff der Klasse 7 zu interessieren. Ich kann daher nichts damit anfangen.« Ich dankte ihr und entschuldigte mich für mein Stören.
    »Nicht der Rede wert«, sagte Regine Langensiep, »wenn Sie nochmal etwas brauchen, melden Sie sich ruhig.«
    Auf der Rückfahrt zur Pension überlegte ich lange, ob ich Regine Langensiep von meinem Fund hätte berichten sollen. Ich schob vor, daß es sich um eine leicht erklärbare Bagatelle gehandelt haben könnte, mit der ich mich geradezu lächerlich gemacht hätte, wenn ich sie ihr vorgetragen hätte. Aber das, so entdeckte ich, war nicht der Grund für mein Schweigen gewesen. Regine Langensiep hatte auf mich ungeheuer verletzlich gewirkt, was sie durch eine gewisse Kühle zu überspielen schien. Ich stimmte wohl mit Bruno Langensiep darin überein, daß seine Frau geschont werden sollte.

12
    Die Dreisams kannten die Familie Langensiep natürlich auch. »Der Alte war ein schlimmer Mensch«, sagte Hilde Dreisam, und sie sprach mit soviel Überzeugung, daß man es schlichtweg glauben mußte. »Ein Mann so breit wie die Kleiderschränke, die er selbst gezimmert hat, mit einer Stimme, lauter als alle seine Kreissägen.«
    »Und der Lehrer, der mein Vorgänger war, war der das einzige Kind?«
    »Bruno Langensiep war der einzige Nachkomme«, nickte Ludwig Dreisam. »abgesehen von der Ziehtochter natürlich. Der Bruno hat was zu hören gekriegt, als er den Betrieb nicht übernehmen wollte. Studieren wollte er. Ich glaube, der Alte hätte ihn totgeschlagen, wenn die Mutter nicht gewesen wäre.«
    »Am Ende war er ein Tyrann wie sein Vater«, brummte meine Wirtin, »die Schüler haben ihn nicht gern gehabt.«
    »Der war schon in Ordnung, der Junge«, konterte Ludwig, »der hat doch nur unter seinem Vater gelitten.«
    »Jaja, das sind so Familienschicksale«, sagte Hilde Dreisam nachdenklich, »und das von den Langensieps, das scheint gar kein Ende zu nehmen.«. Plötzlich wurde sie hektisch. »Ludwig, es ist schon sieben. Der plattdeutsche Abend beginnt jeden Moment.«
    Die beiden alten Leute zogen sich hastig ihre Mäntel über und drückten mir einen Zettel in die Hand.
    »Da waren noch Anrufe für Sie. Sie können ruhig unser Telefon benutzen, schreiben Sie nur die Einheiten auf.«
    Ich winkte den beiden nach und las dann die Nachrichten, die mit spitzer Handschrift aufgeschrieben waren.

    1.Anruf von einem Herrn Weinand. Bitte Rückruf
    2.Max Schneidt hat sich wegen Wohnung gemeldet.
    Erreichbar unter 2525.

    Zunächst versuchte ich es bei Robert. Kaum hatte ich mich gemeldet, fing er direkt an zu frotzeln. »Vincent, mein liebes Kind. Was ist passiert? Hat dich ein unartiger Schüler mit einer Mistgabel verfolgt?«
    »Es sind Ferien«, erinnerte ich ihn griesgrämig, »bisher habe ich noch keinen Schüler zu Gesicht bekommen.«
    Es war mir etwas peinlich zu erzählen, daß ich mich bei Alexa Schnittler dümmer angestellt hatte als Donald Duck, wenn er um Daisy wirbt. Ich hielt mich damit deshalb nicht länger auf als nötig und berichtete vielmehr, daß ich im Hause meines Vorgängers 007-mäßige Entdeckungen gemacht hatte. Robert schäumte weder über vor Mitgefühl noch hatten ihm meine James-Bond-Abenteuer imponiert. Statt dessen hielt er mir eine Standpauke, die sich gewaschen hatte.
    »Also, was diese supernette, sympathische, aufregende, patente Frau angeht – vergiß es! So, wie du dich danebenbenommen hast, würde ich mich nicht mehr unter ihre Augen trauen. Schreib ihr einen netten Entschuldigungsbrief und hör auf, sie zu nerven! Außerdem ist es doch sonst nicht deine Art, dich in wildfremde Frauen zu vergucken und ihnen nachzustöbern. Die sauerländische Luft scheint dich ja ziemlich abenteuerlustig zu machen. Auch bezüglich dieses Paukers, dessen Stelle du gekriegt hast, bist du etwas überdreht. Die paar Worte, die du da aufgetan hast, müssen überhaupt nichts bedeuten. Die Polizei scheint sich ja schließlich mit diesem Fall beschäftigt zu haben. Ich gebe zu, daß dort nicht immer Intelligenzbestien herumirren. Aber etwas Vertrauen könntest du schon haben. Also,

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