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Ausflug ins Gruene

Ausflug ins Gruene

Titel: Ausflug ins Gruene Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathrin Heinrichs
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unser Herr Dr. von Feldhausen. Na, wie bekommen Ihnen die Ferien? Gut? Hatten Sie schon das Vergnügen mit Ihrem neuen Kollegen, Herrn Jakobs?«
    Wurde ich jetzt auch noch unbekannterweise weitervermittelt? Es blieb mir nichts anderes übrig, als nach oben zu schauen. Herr Dr. von Feldhausen, ein Mann im Alter des Buchhändlers, wirkte auch ein wenig verunsichert. Nachdem ich nun geoutet war, wandte er sich gezwungenermaßen an mich. Er war ein mittelgroßer, feingliedriger Mann, der in edelste Klamotten gekleidet war. Eine braune Cordhose, die dezent glänzte, eine braun gemusterte Weste über dem Hemd und ein wahrscheinlich sündhaft teurer Blazer zeugten von feinster Lebensart. Mein neuer Kollege trug eine goldene Brille, durch die er mich halb verlegen, halb neugierig anlächelte.
    »So lernt man sich kennen«, brachte er heraus und reichte mir die Hand. Der Buchhändler zog sich dezent zu einer anderen Kundin zurück.
    »Was werden Sie denn bei uns unterrichten?« fragte Herr Dr. von Feldhausen, um die Situation zu retten. Wir führten ein bißchen Small Talk, bis von Feldhausen hinter mir jemand anders gesichtet hatte. Er grüßte jemanden und entschuldigte sich dann bei mir. »Wir sehen uns ja bald in der Schule. Bis dann.« Als er an mir vorbeiging, sah ich, an wen er sich gewandt hatte – Alexa Schnittler. Sie war mit Feldhausen in ein lockeres Gespräch verwickelt, und über das Buch gebeugt überlegte ich krampfhaft, wie ich sie ansprechen könnte. Wie immer in solchen Momenten fiel mir nichts Intelligentes ein. Warum konnte jetzt nicht der Buchhändler kommen und sagen: »Oh, da ist ja Frau Schnittler, haben Sie denn schon den neuen Lehrer vom Elisabeth-Gymnasium kennengelernt?« Natürlich geschah nichts. Im Gegenteil – der Buchhändler war zu Feldhausen und Alexa Schnittler gestoßen und hatte sich in das Gespräch eingeschaltet. Womöglich war er ein weiterer Konkurrent um die Gunst meiner Traumfrau. Seine ganze Person sprühte plötzlich vor Charme. Ich legte das Buch beiseite, ohne zu wissen, was ich jetzt tun wollte, und ging direkt auf die drei zu, bis Alexa Schnittlers Blick endlich auf mich fiel.
    »Hallo, da bist du ja endlich!« rief ich ihr zu. »Ich habe schon so lange auf dich gewartet!«
    Alexa Schnittler starrte mich an, als wäre ich von allen guten Geistern verlassen. Wahrscheinlich war ich das auch. Alexa war so verdutzt, um nicht zu sagen entsetzt, daß sie keinen Ton herausbrachte. Auch die anderen beiden waren wohl überrascht, daß wir uns so gut zu kennen schienen.
    »Entschuldigen Sie uns bitte, aber wir sind zum Essen verabredet«, sagte ich in Richtung von Feldhausen, nahm Alexa Schnittler an den Arm und führte sie aus dem Buchladen heraus. Ein paar Meter vor der Tür erwachte sie schließlich aus ihrer Schockstarre.
    »Sind Sie eigentlich noch ganz normal?« Sie riß sich von meinem Arm los.
    »Hören Sie mich bitte an«, flehte ich, »nur ein paar Minuten. Wenn Sie dann nie wieder ein Wort mit mir wechseln wollen, ist es auch in Ordnung. Aber hören Sie mir bitte zuerst zu.«
    »Ich wüßte nicht, warum–«
    »Bitte!« Ich versuchte, meinen treuherzigsten Blick aufzulegen. Sie verdrehte die Augen und verschränkte die Arme vor ihrem Körper.
    »Na gut. Aber bitte schnell!«
    »Sollen wir uns nicht irgendwo hinsetzen?« schlug ich vor. »Nein, das dauert länger als ein paar Minuten, und mehr bin ich nicht bereit zu investieren.«
    Ich seufzte und versuchte meine Gedanken zu sammeln. Dann begann ich, die Geschichte von unserer Verabredung zu erzählen – wie ich mich verirrt hatte, stundenlang durch den Wald gerannt war und mich dann in Sportkleidung auf den Weg zur Pizzeria gemacht hatte. Als ich berichtete, wie naserümpfend mich der Kellner behandelt hatte, fing Alexa an zu lachen. Ich merkte, daß der Damm brach.
    »Was sollte ich denn machen?« fragte ich verzweifelt. »Ich habe versucht anzurufen, aber Sie haben den Hörer danebengelegt. Meine Entschuldigung am nächsten Tag wollten Sie nicht akzeptieren. Was soll ich denn noch tun?«
    Alexa war jetzt um einiges freundlicher. »Darf ich Sie mal was fragen?« Ich legte meinen ganzen Charme in ein bejahendes Lächeln.
    »Was wollen Sie überhaupt von mir?«
    Ein tiefer Graben lag zwischen uns. Ein Graben, der sauerländische Direktheit von rheinländischer Umschreibungstechnik trennte. Ich holte tief Luft und versuchte einen großen Sprung.
    »Ich möchte mit Ihnen die nächsten 45 Jahre verbringen!« Gott sei Dank

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