Ausflug ins Gruene
Elferkurs gespielt werden soll. Ein Schüler sagte mir, er habe die Endfassung Ihrem Mann gegeben, und die hätte ich ganz gerne – selbstverständlich nur, wenn es Ihnen nichts ausmacht.«
»Nein, nein, natürlich nicht. Im Arbeitszimmer herrscht immer noch dasselbe Chaos wie bei Ihrem letzten Besuch. Nehmen Sie sich nur, was Sie benötigen! Am besten gehen Sie gleich hin, und ich mache indes Kaffee.« Ich verschwand im Arbeitszimmer und setzte mich an den Schreibtisch, ohne zu wissen, was ich jetzt tun sollte. Die Sachen hatte ich schließlich schon durchgeguckt, und ich hatte keine große Hoffnung, bei einem zweiten Durchgang doch noch etwas Wichtiges zu entdecken. Mein Blick fiel erneut auf das Foto von Regine und Bruno Langensiep. Warum sie wohl keine Kinder hatten? Wollten sie nicht oder hatte es nicht geklappt? War Regine ein Karrieremensch? Hatte sie zugunsten ihres Jobs auf Nachwuchs verzichtet? Nachdem ich das Bild erneut studiert hatte, fiel mein Blick auf den Bilderrahmen, in dem die Aufnahme steckte. Ich hatte ihn für einen kitschigen Goldverschnitt gehalten. Als ich den Rahmen allerdings umdrehte, war eine kleine Gravur auf der Rückseite erkennbar: 585. Das Gewicht paßte dazu. Ich pfiff durch die Zähne. Ein goldener Rahmen in dieser Größe war sicherlich kein Flohmarktschnäppchen. Auf der Vorderseite entdeckte ich nun in dem verschnörkelten Blätterwerk, das den Rahmen verzierte, eine weitere Gravur in der rechten unteren Ecke. FuF stand in geschwungenen Lettern dort. »F und F« kam mir direkt in den Sinn. Vielleicht eine neckische Liebeserklärung? Vielleicht gehörte das u aber auch zum F. Ich überlegte, aber mir fiel kein Vorname ein, der mit Fu begann. Ich mußte mal Regine danach fragen. Ich schaute mir jetzt die übrigen Ziergegenstände im Raum an. Es interessierte mich, mit wie viel Geld mein verstorbener Gastgeber gesegnet gewesen war. Vielleicht lauerte ja doch noch irgendwo ein habgieriger, erbfreudiger Neffe – oder vielleicht sogar ein geheimnisvoller, weil unehelicher Sohn? Die Utensilien im Zimmer waren zwar stilvoll, aber nicht so kostbar wie der Bilderrahmen. Meine Aufmerksamkeit wurde erst wieder durch ein echt silbernes Tablett erregt, auf dem ein paar ausgeschnittene Briefmarken verstreut lagen. Das Tablett war unendlich schwer und daher für seinen eigentlichen Zweck völlig unbrauchbar. Interessanterweise waren auch hier die Initialen FuF eingraviert.
»Haben Sie gefunden, was Sie suchten?« Mein Herz rutschte wieder einmal quer an allen spürbaren Organen vorbei. Konnte diese Frau nicht ein einziges Mal mit einer normal menschlichen Lautstärke ein Zimmer betreten? Warum mußte sie immer umherschleichen wie eine Katze? Warum mußte ich auch immer so trottelig herumspionieren, als sei ich auf der Suche nach dem rosaroten Panther?
»Ich kann das Manuskript leider überhaupt nicht finden«, jammerte ich, »vor lauter Verzweiflung suche ich schon hier auf dem Seitenregal.«
»Ich glaube, in diesem Bereich sind überhaupt keine Schulsachen zu finden«, belehrte mich Regine. Sie klopfte auf das Regal. »Hier verwahrte mein Mann ausschließlich private Sachen – Fotoalben, alte Theaterprogrammhefte und so was.«
»War Ihr Mann ein Briefmarkensammler?« Ich zeigte auf das Tablett.
»Nein, gar nicht. Wir haben nur für den Nachbarjungen gesammelt. Er holte sich alle paar Wochen ab, was wir für ihn ausgeschnitten hatten.«
»Darf ich Sie noch was fragen?«
»Bitte! Ob ich antworte, kann ich mir ja dann immer noch überlegen.«
»Beginnt Ihr Mädchenname mit F?«
Regine schaute mich verdutzt an. »Mein Mädchenname? Wie kommen Sie darauf?« Sie stotterte herum »Ich bin eine geborene Seidenbach.«
»Ich bin nur auf die Idee gekommen, weil die Initialen FuF an mehreren sehr schönen Gegenständen zu finden sind: hier auf dem Tablett und dort auf dem Bilderrahmen.«
»Die Sachen gehören meinem Mann.« Regine Langensieps Stimme klang plötzlich sehr hart. »Ich schätze, er hat sie bei einem Antiquitätenhändler gekauft. Vielleicht sind Sie aus einem Haushalt, der als Ganzes aufgelöst wurde.«
»Ja, das ist gut möglich.« Ich wollte nicht weiter auf der Sache herumreiten. Sie schien Regine emotional anzurühren. Sie war plötzlich kühl und unnahbar, noch unnahbarer als sie ohnehin schon wirkte. Vielleicht hatte ihr Mann die Sachen ohne ihr Mitwissen gekauft, und sie hatte sich über die unnötigen Ausgaben geärgert. So etwas sollte ja in den besten Ehen
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