Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Ausflug ins Gruene

Ausflug ins Gruene

Titel: Ausflug ins Gruene Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathrin Heinrichs
Vom Netzwerk:
vorkommen.
    »Was das Manuskript angeht«, versuchte ich mich mit einem anderen Thema, »muß ich die Hoffnung wohl aufgeben. Ich weiß zwar nicht, wie ich ohne den Text weiter vorgehen soll- Na, vielleicht müssen wir das Projekt einfach sterben lassen.« Die Doppeldeutigkeit dieses Satzes wurde mir einen Moment zu spät bewußt.
    Regine räusperte sich. »Gehen wir doch jetzt unseren Kaffee trinken.« Regine versuchte, aufmunternd zu klingen. Wir verließen das Zimmer und nahmen unseren Platz wieder im Eßzimmer vor dem hohen Fenster mit Blick auf den Garten ein. Regine hatte unsere Kaffeetassen schon hingestellt.
    »Wie gefällt Ihnen denn eigentlich die Schule, an der Sie jetzt arbeiten?«
    »Die Arbeit mit den Schülern hat ja noch gar nicht richtig begonnen. Was die Kollegen angeht, so habe ich schon viele nette kennengelernt, allerdings auch einige eher skurrile Gestalten.« Ich hüstelte. »Aber das wäre mir sicherlich an jeder Schule so gegangen, oder meinen Sie nicht?«
    »Ja, das glaube ich auch.«
    »Mit welchen Kollegen war denn Ihr Mann befreundet?« Ich sah plötzlich die Möglichkeit zu einer geschickten Überleitung.
    »Um ganz ehrlich zu sein: Mein Mann war ein ziemlicher Einzelgänger. Er arbeitete so vor sich hin und war mit keinem der Kollegen wirklich befreundet. Natürlich traf man sich schon mal bei offiziellen Gelegenheiten – beim Schulball zum Beispiel. Aber ich kann mich kaum erinnern, daß einer von ihnen ganz privat bei uns gewesen wäre.« Kein Wunder. Langensiep war ja in der ganzen Schule als Ekel verschrien.
    »Vielleicht ist es gar nicht schlecht, seinen Bekanntenkreis außerhalb des Arbeitsplatzes zu haben.«, sagte ich diplomatisch. »So gerät man nicht in Gefahr, immer nur mit Schulangelegenheiten konfrontiert zu sein. Man kommt einfach häufiger auf andere Gedanken und kann besser abschalten.« Regines Gesichtsausdruck war zu entnehmen, daß der Bekanntenkreis ihres Mannes auch außerhalb der Schule nicht gerade gigantische Größen erreicht hatte, doch sie antwortete nicht.
    »Allerdings wundert es mich doch, daß Ihr Mann nicht mit Dr. von Feldhausen, seinem Spanisch und Französisch-Kollegen, befreundet war.« Ich hatte Regine bei dieser Bemerkung ganz bewußt beobachtet. Die Reaktion war unverkennbar. Ein Flackern ging durch ihre Augen, das sie nicht direkt unter Kontrolle bekam.
    »Wieso sagen Sie das?«
    »Irritiert Sie das?« Ich gab mich erstaunt. »Als ich vom Unfall Ihres Mannes erfuhr, erzählte man mir, er sei noch am Samstag abend vor seinem Tod bei seinem Kollegen von Feldhausen gewesen. Ich nahm daher an, die beiden seien gute Freunde.«
    »Wie bitte?« Regine Langensieps Reaktion erstaunte mich, aber sie erschien mir echt. »Davon habe ich gar nichts gewußt. Weiß die Polizei denn davon?«
    »Ich nehme es an. Wenn das gesamte Kollegium Bescheid weiß, werden die ja wohl auch einen Schimmer haben.« Regine sank in sich zusammen und starrte auf ihre Hände.
    »Warum sind Sie so erstaunt? Sind die beiden denn nicht miteinander bekannt gewesen?«
    »Das ist es ja.« In Regines Stimme klang zum ersten Mal hilflose Verzweiflung. »Die beiden haben sich in letzter Zeit häufiger gesehen, oder besser: Bruno ist gelegentlich zu ihm hingefahren, aber er hat mir nie sagen wollen, worum es ging. Wirklich befreundet waren sie jedenfalls nicht. Ganz im Gegenteil! Bruno fand den Feldhausen immer schon sehr arrogant.«
    »Vielleicht hatten sie schulisch mehr miteinander zu tun, als Sie dachten?«
    »Nein, das hatten sie nicht.« Regines Stimme war jetzt von Tränen erstickt. »Verstehen Sie denn nicht? Da stimmte etwas nicht. Bruno fuhr immer nur abends zu Feldhausen. Er blieb nicht lange, aber er war jedesmal ganz verändert anschließend. Ich habe ihn immer wieder gefragt, was, denn los sei, aber er hat sich nur in Andeutungen ausgedrückt. Er habe sein persönliches Ziel bald erreicht und solche Sachen.« Der Damm war gebrochen, Regine Langensiep brach in Tränen aus. Sie hielt sich die Hände vor das Gesicht und schluchzte wie ein Kind. Ich hockte mich vor ihren Stuhl und hielt ihre Schultern fest. Als ich merkte, daß ihr das nicht unangenehm war, legte ich meinen Arm um sie und hielt sie ganz still. Es dauerte einige Minuten, bis sie sich einigermaßen wieder in der Gewalt hatte. Ich konnte jetzt nicht aufhören. Ich mußte einfach mehr wissen.
    »Glauben Sie, die beiden haben – nun ja, wie soll ich sagen, haben sie etwas zu verbergen gehabt?«
    »Ich weiß es

Weitere Kostenlose Bücher