Ausgebrannt - Eschbach, A: Ausgebrannt - Ausgebrannt
eine Bar und eine Bordküche. Und unglaublich viel Platz.
»Mein Gott«, ächzte Markus. »Was kostet so ein Ding?«
»Fünfundvierzig Millionen Dollar«, sagte Amy-Lee.
»Und das gehört deinem Vater?«
»Er hat sechs davon. Das hier ist das kleinste.«
Markus spürte, wie ihm das Blut in den Kopf schoss. Großer Gott! Und er hatte gedacht, er würde sie mit seiner Firma beeindrucken, seinem Erfolg, seinem Aufstieg. Das hübsche junge Ding aus der Investmentabteilung der First Atlantic Bank. Etwas kratzte ihm im Hals; er musste husten. »Das klingt, als sei dein Vater nicht ganz unvermögend.«
»Auf der Liste der reichsten Menschen der USA pendelt er immer so zwischen Platz 30 und 35 .«
Markus hob die Augenbrauen. »Wang? Er ist nicht etwa der Wang, der mal Computer hergestellt hat?«
»Nein, er ist nicht der Wang, der mal Computer hergestellt hat.« Sie klang, als habe sie diese Frage schon tausend Mal beantworten müssen.
Auf jeden Fall ist sie das einzige Kind , schoss es ihm durch den Kopf. Sie würde einmal alles erben; die sechs Privatjets und alles Übrige dazu. Kein Wunder, dass sie misstrauisch wurde, wenn jemand ihr einen Heiratsantrag machte.
Markus ließ sich in einen der breiten Sessel fallen, fertig mit der Welt. »Das wusste ich nicht. Ehrlich, ich hatte keine Ahnung.«
Amy-Lee beugte sich mit rätselhaftem Lächeln über ihn, küsste ihn auf den Mund und sagte: »Das weiß ich.«
Ein dumpfes Grollen erscholl irgendwo unter oder hinter ihnen, als die Triebwerke angelassen wurden. Die Stimme des Piloten erklärte aus einem verborgenen Lautsprecher, sie erhielten in zehn Minuten Starterlaubnis. Dann leuchtete ein Rauchverbots- und ein Anschnallzeichen auf.
»Fehlt nur noch die Stewardess«, versuchte Markus zu scherzen.
»Normalerweise ist auch eine da, aber ich fliege lieber ohne«, erwiderte Amy-Lee darauf jedoch völlig ernsthaft. Sie stand auf. »Was willst du denn trinken?«
Markus blinzelte. »Was will ich trinken? Keine Ahnung. Eine Cola.« Das Flugzeug setzte sich in Bewegung. Er blieb lieber sitzen.
Amy-Lee bewegte sich dagegen mit völliger Selbstverständlichkeit. Sie verschwand in der kleinen Kombüse, vorn, direkt hinter dem Cockpit, und kam mit einer Cola und einem Mineralwasser zurück. Durch das Bullaugenfenster sah Markus, dass sie bereits in der Schlange vor der Startbahn standen, einer sehr kurzen Schlange, und er war beruhigt, als Amy-Lee sich endlich auch setzte und anschnallte.
Ein Schluck, damit das Glas nicht so voll war, dann zurück damit in den Halter. Die Triebwerke gaben Vollschub, die Maschine jagte über die Startbahn, hob ab, stieg rasch höher. Draußen zogen Wolkenfetzen vorbei, das Licht wurde heller, klarer, strahlender. Schließlich erlosch das Anschnallzeichen, und das Flugzeug ging in die Waagrechte über.
Markus griff wieder nach dem Glas, nahm einen weiteren Schluck. »Wow.« Er sah sich um, versuchte zu begreifen, dass er das hier wirklich und wahrhaftig erlebte. Sein Blick blieb an dem großen Fernsehschirm hängen. »Und jetzt? Jetzt können wir uns einen Film aussuchen, oder?«
Amy-Lee stand auf. »Komm.« Sie nahm ihn bei der Hand, zog ihn nach hinten in einen Gang, von dem er gedacht hatte, er führe zu den Toiletten. Aber das Flugzeug war länger, als ihm klar gewesen war; eine Schiebetür führte in ein Schlafzimmer mit einem ovalen, ringsum mit grauem Leder gepolsterten Bett. Einem Bett, das gemacht war, das mit frischer, duftender Bettwäsche überzogen war.
Amy-Lee zog die Tür zu und verriegelte sie von innen. »Ich will«, sagte sie, während sie ihm das Hemd aufknöpfte, »dass du mich jetzt nimmst. Hier. Auf diesem Bett. In acht Meilen Höhe.«
Eight Miles High. Ihr Lieblingssong.
Ich träume, dachte Markus, während sie sich auszogen. Ich träume, dachte er, während Erregung in ihm aufstieg, eine ungeheure, unbekannte, unglaubliche Erregung, die kaum noch mit Amy-Lee zu tun hatte, sondern fast nur noch mit der Situation, in der sie sich befanden. Die Aggregate des Flugzeugs pumpten hochoktaniges Kerosin durch die Leitungen; sein Herz adrenalinhaltiges Blut durch seine Adern. Die Maschine wurde über den Himmel getrieben; er über ihren Leib. Das Kerosin verbrannte in den Triebwerken und verlor sich in der Atmosphäre; er verbrannte in ihrem Schoß und verlor sich in ihrer Umarmung. Ich träume, dachte Markus, bevor er aufhörte zu denken.
»Schau raus!«, rief Amy-Lee auf einmal, gerade als er im Begriff stand zu kommen.
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