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Ausgebrannt - Eschbach, A: Ausgebrannt - Ausgebrannt

Titel: Ausgebrannt - Eschbach, A: Ausgebrannt - Ausgebrannt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Eschbach
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geschickter Weise so gelenkt, dass es nahtlos passte, ihr die kleine Cartier-Schachtel mit dem Ring darin zuzuschieben und sie zu bitten, ihn zu heiraten.
    Doch nun starrte sie den Ring nur an, völlig konsterniert. Beinahe erschüttert. Etwa so, wie man die Nachricht vom Tod eines guten Freundes aufnimmt.
    »Was ist?«, fragte Markus, dem der Gedanke kam, dass sie womöglich schon verheiratet war und ihm bisher nur noch nichts davon gesagt hatte.
    »Das kommt …«, sagte Amy-Lee leise, »ein bisschen überraschend.«
    »Das will ich doch hoffen.«
    Sie nahm die Schachtel in die Hand, fingerte daran herum, betrachtete den Ring einen Moment und ließ dann den Deckel zuschnappen, mit einem dumpfen Geräusch, das Markus unpassenderweise an einen Axthieb denken ließ.
    »Ich kann dazu jetzt nichts sagen«, fuhr sie fort. »Das geht nicht so einfach. Du musst erst meinen Vater kennen lernen.«
    »Okay«, sagte Markus. »Kein Problem.« Ihre Mutter lebte nicht mehr, das hatte sie ihm einmal erzählt. Sie war gestorben, als Amy-Lee sechs Jahre alt gewesen war, an einer so seltenen Krankheit, dass ihr Fall in die medizinische Fachliteratur aufgenommen worden war.
    »Er ist ziemlich … chinesisch«, erklärte sie.
    »Sag einfach, wann und wo.«
    »Ich muss ihn erst anrufen.« Sie öffnete die Schachtel, nahm den Ring heraus, probierte ihn an. Er passte. Natürlich. Markus hatte einen kleinen Silberring vermessen, den sie manchmal trug und der mal bei ihr im Bad gelegen hatte.
    Sie sah hoch, sah ihn an, lächelte endlich wieder. »Du bist ein gefährlicher Mann, Mark.«
    Markus erinnerte sich, dass Amy-Lee einmal etwas dahingehend gesagt hatte, ihr Vater wohne irgendwo im Westen der USA . Er dachte sich also nichts dabei, als sie einige Tage später ihre Reisetaschen in den Kofferraum seines Wagens stellten und zum Flughafen aufbrachen. Seine Sorge galt dem tadellosen Sitz seines Anzugs, seines besten, und seiner Frisur. Er war eigens zu einem teuren Frisör gegangen. Es konnte nicht schaden, mit einer ordentlichen Erscheinung Eindruck zu machen; mögliche Schwiegerväter achteten ungeachtet ihrer Herkunft auf solche Dinge.
    »Ein neues Auto könntest du dir mal kaufen«, schlug Amy-Lee vor, als sie aus der Tiefgarage kamen und auf eine Lücke im Verkehr warteten.
    »Sobald ich dazu komme«, erwiderte Markus.
    Die Wahrheit war, dass er darüber schon nachgedacht hatte, aber wenig Antrieb dazu verspürte. Irgendwie kam ihm sein Wagen vor wie eine Art Glücksbringer: Seit er ihn besaß, ging es stetig mit ihm aufwärts. Wozu sollte er da etwas riskieren? Zumal das Auto, abgesehen von den bekannten Mängeln, mit denen er zu leben gelernt hatte, tadellos lief.
    »Andere Richtung«, sagte Amy-Lee, als er nach Queens abbiegen wollte.
    »Wieso?« Er wies auf ein Schild, das die Richtung zum Flughafen La Guardia anzeigte. »Ich kenne die Strecke, glaub mir.«
    »Diese nicht. Fahr durch den Lincoln Tunnel. Wir müssen nach New Jersey, zum Teterboro Airport .«
    »Nie gehört«, erwiderte Markus, bog aber ab wie geheißen.
    Teterboro war ein kleiner Flughafen – was in New York eben so als klein galt. Sie hatten kaum die Tür der Empfangshalle passiert, als schon ein Asiate in einer schmucken grauen Uniform auf sie zutrat und sagte: »Guten Tag, Miss Wang.«
    Amy-Lee strahlte ihn an. »Hallo, Xiao. Wie geht’s? Das ist Mark.«
    Der Mann deutete eine knappe Verbeugung an, was ziemlich ungewohnt wirkte. »Angenehm, Mister Mark. Mein Name ist Lung Xiao. Ich bin Ihr Pilot.«
    Markus starrte ihn an wie eine Erscheinung. »Unser Pilot?«
    Der Teterboro Airport war, erfuhr er nun, in der Hauptsache ein Flughafen für Privatflugzeuge. Ehe er ganz begriffen hatte, was das für ihre Reise bedeutete, nahm Xiao schon ihr Gepäck und dirigierte sie zu einem seltsamen kleinen Elektroauto mit viel Glas drumherum, einer Art Papstmobil, mit dem sie gleich darauf über das Flugfeld surrten, vorbei an Dutzenden schicker kleiner Jets: Lear-Jets, Falcons, Challengers, Hawkers, Citations, Gulfstreams. Was für ein Fabrikat es war, in das sie schließlich einstiegen, entging Markus, aber auf alle Fälle duftete es nach Leder, nach Geld, nach viel Geld. Die Sitze, die Kopfstützen und die Tischkanten waren mit hellbraunem und gelbem Leder bezogen. Jeder Schalter, jeder Griff und jede Lampe war vergoldet. Ein enormer Flachbildfernseher hing an der Stirnwand. Es gab eine Hightech-Telefonanlage mit Satellitenempfang, Faxgerät und Internetanschluss. Es gab

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