Ausgebrannt - Eschbach, A: Ausgebrannt - Ausgebrannt
flüsterte er: »Eigenartig.«
»Tut mir Leid«, sagte Frieder.
Markus sah ihn an. »Das muss es nicht.«
Kapitel 21
Vergangenheit
S eit dem Ölfund war die Presse hinter ihnen her wie sonst nur hinter Popstars. Es war richtig schwierig, ja, eigentlich unmöglich geworden, aus dem Haus zu gehen, um etwa einen Verlobungsring zu kaufen. Markus rief schließlich einen namhaften Juwelier in der Fifth Avenue an und schilderte sein Problem.
»Kein Problem«, sagte der Mann am anderen Ende der Leitung sofort, »wir kommen gerne mit einer Kollektion zu Ihnen nach Hause.«
Markus sah sich um in dem, was nie sein Zuhause geworden war und nun, da Größeres möglich war, auch nicht mehr werden würde: eine schäbige möblierte Zweizimmerwohnung mit tropfenden Klimaanlagen in Fenstern, durch die man die Ziegelwand des benachbarten Gebäudes sah und den Abfall in der Gasse darunter roch. Eine Küchenzeile, die wenigstens zwanzig Jahre alt war, mit einem aus einer Flasche gespeisten Gasherd und einem röchelnden Kühlschrank. Amy-Lee hatte kein einziges Mal hier übernachtet.
»Ich würde lieber zu Ihnen kommen«, sagte er. »Vielleicht lässt sich das ja unauffällig gestalten?«
Auch das war kein Problem. Es gab einen Hintereingang, der in einen separaten Raum führte, kühl, altmodisch, ringsum in Teak getäfelt, in dem Stille und der Geruch nach Reinigungsmitteln herrschten. Die Ringe, die man ihm vorlegte, sahen in Markus’ Augen alle mehr oder weniger gleich aus, und allesamt waren sie unglaublich teuer. Leisten konnte er sich wahrscheinlich keinen davon. Er hatte es aufgegeben, seinen Kontostand zu verfolgen; alles, was er wusste, war, dass er, seit er Block getroffen hatte – und Amy-Lee –, mehr Geld ausgab, als hereinkam. Wesentlich mehr Geld. Das Leben, das er führte, war nur möglich, weil er das Erbe seiner Eltern im Hintergrund hatte; wie viel davon noch übrig war, wollte er gar nicht wissen. Das Leben fand jetzt statt, immer nur jetzt ! Es gab keine andere Zeit.
Er beugte sich über die eleganten Schachteln, betrachtete Diamanten, Fassungen, Schliffe, und spürte dabei unablässig seine Erziehung panisch um sich schlagen und rufen: Spare! Du weißt nicht, was kommt! Dass er mitten in einer ungeheuren Umwandlung seines Lebens stand, damit konnte dieser Teil seines Wesens ganz offensichtlich nicht umgehen. In dieser Hinsicht war er geprägt durch die Armut, in der seine Eltern den größten Teil ihres Lebens verbracht hatten. Das, was sie ihm mitgegeben hatten, war ein angstvolles Klammern an das, was man besaß.
Dabei hatte er es geschafft! In ein paar Monaten würden ihm Beträge, wie sie hier im Tonfall dezenten Unterstatements genannt wurden, nur noch ein Schulterzucken entlocken. Die Vorbereitungen für den Börsengang liefen auf vollen Touren, binnen Jahresfrist würde er Milliardär sein. Auf dem Papier zumindest, denn eine Klausel des Vertrags erlaubte ihm den Verkauf von Aktien erst nach frühestens drei Jahren. Bis dahin musste er mit seinem Gehalt vorliebnehmen, das aber natürlich auch demnächst massiv erhöht werden würde.
Und er wollte Amy-Lee heiraten. Warum auch nicht? Sie waren verrückt nacheinander, passten zusammen wie füreinander gemacht. Sie waren Verbündete in dem Projekt, das Maximum aus dem Leben herauszuholen – maximalen Spaß, maximales Glück, maximalen Erfolg.
Abgesehen davon würde es den angenehmen Nebeneffekt haben, die Frage seiner Aufenthaltsberechtigung in den USA ein für alle Mal zu klären. Ärgerlicherweise zeigte sich der INS nämlich von dem augenblicklichen Rummel völlig unbeeindruckt: Berühmt oder nicht, das spielte keine Rolle. Man hatte seine Regeln, und an die hielt man sich eisern.
Eine dieser Regeln allerdings lautete, dass Markus sofort nach der Heirat mit einer amerikanischen Staatsbürgerin einen Antrag auf eine Green Card stellen konnte. Und fünf Jahre später einen auf Einbürgerung.
Amy-Lee reagierte allerdings nicht so, wie er sich das ausgemalt hatte.
Er hatte sie ins La Grenouille eingeladen. Das Restaurant hatte er ausgesucht, weil dessen beide Speisesäle sehr romantisch mit seidenen Lampenschirmen und rotsamtenen Polstersesseln ausgestattet waren sowie mit Blumenschmuck bis unter die Decke. Sie hatten Hummer-Ravioli gegessen, Lammrücken und zum Nachtisch die warme, zartbittere Schokoladentorte, die als Spezialität des Hauses berühmt war, und als der Espresso auf dem Tisch stand, hatte er das Gespräch in, wie er fand,
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