Ausgebrannt - Eschbach, A: Ausgebrannt - Ausgebrannt
einen Moment schweigend, trank dann sein Bier vollends aus und drückte die Dose anschließend geräuschvoll zusammen.
»Dumping«, sagte er.
»Dumping?«
»Wenn jemand seine Ware praktisch verschenkt, ist das Dumping, und wenn der Wal-Mart dabei erwischt wird, muss er ein saftiges Bußgeld zahlen. Dumping betreibt man, um unliebsame Konkurrenz auszuhungern. Anders als dem Wal-Mart kann es den Saudis niemand verbieten, und sie können es durchhalten, weil sie mit Abstand die größten Ölreserven auf diesem Planeten haben. Zur Zeit werden sie mit über 260 Milliarden Barrel ausgewiesen – kein anderes Land hat so viel Öl, nicht einmal annähernd. Saudi-Arabien ist eine Erdöl-Supermacht, die einzige, die es gibt.« Taggard beugte sich vor. »Und wir reden hier nicht von Tomaten, T -Shirts oder DVD -Playern. Wir reden von Öl, einer Substanz, die die Weltwirtschaft tiefgreifend verändert hat. Eine Substanz, von der die Weltwirtschaft abhängig ist und immer abhängiger wird, weil alle Prozesse immer energieintensiver werden. Wenn man nicht auf das achtet, was die Saudis sagen , sondern nur auf das, was sie tun , dann scheint es ihnen wichtiger als alles andere zu sein, dass die Welt, vor allem aber der Westen, gewissermaßen an der Nadel bleibt. Oder der Pipeline, in diesem Fall. Sie befürchten – und der berühmte ehemalige Energieminister Zakhi Yamani wird nicht müde, das bei jeder Gelegenheit öffentlich zu erläutern –, dass, sollten die Ölpreise über ein gewisses, ziemlich tief liegendes Level steigen, Ölfelder außerhalb ihres Einflussgebietes rentabel werden. Was nach dem Ölembargo 1973 ja passiert ist; die Preise sind so weit gestiegen, dass es rentabel wurde, das Öl der Nordsee zu erschließen. Und sollten die Preise noch weiter steigen, fürchten sie, dass sich alternative Energien durchsetzen.«
Markus hob ungläubig die Augenbrauen. »Alternative Energien?«
»Niemand auf der Welt glaubt so fest an die Machbarkeit alternativer Energien wie die Ölscheichs«, erklärte Taggard. »Nicht einmal Ihr Bruder.«
Frieder. Der eine Beharrlichkeit an den Tag legte, die ihn in jedem anderen Wirtschaftszweig längst zu einem steinreichen Mann gemacht hätte.
»Sie sind gut informiert.«
»Das ist mein Job.«
Markus lehnte sich zurück und verschränkte die Arme. »Und wozu erzählen Sie mir das alles? Ein solches Verhalten kenne ich von Geheimdiensten eigentlich bisher eher nicht.«
»Ich will Sie an zwei Schlussfolgerungen teilhaben lassen, die Sie betreffen. Erstens: Rechnen Sie weiter. Das überlasse ich Ihnen; die Zahlen können Sie sich überall besorgen, und es ist beeindruckender, es selber auszurechnen. Sie werden feststellen, dass, wenn man die bekannten Ölreserven der Welt und die jeweiligen Förderraten hochrechnet, in etwa zehn bis fünfzehn Jahren fast das gesamte noch verfügbare Öl am Persischen Golf liegen wird.« Taggard faltete die Hände und sah Markus an. »Was dann? Dann werden diese Länder hier eine unvergleichliche Machtposition innehaben. Könnte es nicht sein, dass die derzeitige Dumpingstrategie genau darauf abzielt?«
Markus musterte den hageren Mann seinerseits. Nicht dumm, was er da sagte. Und einleuchtend, wenn man es so erklärt bekam. »Okay. Verstehe. Bloß sehe ich nicht, wie das speziell mich betreffen sollte.«
»Die zweite Schlussfolgerung tut es. Denn jetzt kommt Ihr Partner ins Spiel. Wenn meine Annahme von eben annähernd stimmt, ist Block eine massive Bedrohung dieser Strategie. Im Grunde müssten die Saudis alles daransetzen, ihn aus dem Weg zu räumen und vor allem seine Methode. Stattdessen sind Sie beide hier und arbeiten für die saudische Regierung! Warum?«
»Weil es ein lukrativer Auftrag war.« Markus breitete die Arme aus, dehnte den Brustkorb. »Und weil Ihr oberster Boss darauf gedrängt hat, dass wir ihn annehmen.«
»Mein oberster Boss?«
»Der Präsident. Wir haben Druck aus dem Weißen Haus bekommen.«
Das schien Taggard zu verblüffen. »Ah ja?« Er dachte nach. »Das verkompliziert die Sache. Ich weiß, dass es eine Menge enger geschäftlicher Beziehungen zwischen Amerikanern und Saudis gibt, und viele dieser Leute sind wiederum mit der Regierung eng verbunden … Trotzdem, das ändert nichts. Solange nur Sie beide die Block-Methode kennen, ist Ihrer beider Leben in höchster Gefahr.«
Markus sah an ihm vorbei ins Leere, auf die scheinbar friedlich unter dem prächtigen Nachthimmel liegende Straße. Jetzt waren es schon zwei,
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