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Ausgebrannt - Eschbach, A: Ausgebrannt - Ausgebrannt

Titel: Ausgebrannt - Eschbach, A: Ausgebrannt - Ausgebrannt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Eschbach
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beinahe froh sein musste, denn in erster Linie waren sie es, die ihr die Kundschaft zutrieben. Sie hatte die Flugblattaktion noch einmal wiederholt, was auch deutlich Wirkung gezeigt hatte, und Julians Zeichnungen zum Text schienen den Leuten zu gefallen – trotzdem durfte man sich nichts vormachen: Die meisten kamen, um das Benzin für eine Fahrt zu den Supermärkten in Duffendorf zu sparen.
    Wie auch immer, momentan lief ihr kleiner Laden jedenfalls wie geschmiert. Er war beinahe zu klein. Den ganzen Vormittag über war Betrieb; sie kam manchmal kaum damit nach, neue Ware aufzufüllen. Immer öfter wurde sie gefragt, ob sie denn nicht auch nachmittags öffnen könne. Vielleicht war das der nächste Schritt, in der Tat. Ein Schritt, vor dem sie sich allerdings noch etwas fürchtete. Jemanden einzustellen war entsetzlich kompliziert. Sie hatte sich ein wenig erkundigt, sich ein paar Broschüren schicken lassen, doch nach deren Lektüre war ihr ganz schwindlig gewesen. So viele Vorschriften, die es zu beachten galt! Außerdem war es ein nicht unbeträchtliches finanzielles Risiko; wenn sie jemanden einstellte, der zum Beispiel gleich darauf krank wurde oder gar schwanger – wobei sie nicht danach fragen durfte, das war rechtswidrig! –, dann würde sie das Gehalt weiter zahlen müssen, ohne etwas davon zu haben. Wenn das geschah, konnte das ihr kleines Unternehmen gleich wieder ruinieren.
    Wenn in den Nachrichten von der zunehmenden Zahl der Firmenpleiten und der Arbeitslosen die Rede war, sah sie das inzwischen mit anderen Augen. Sie wunderte sich im Grunde, dass überhaupt irgendwer irgendjemanden einstellte.
    Sie hatte eifrig weiter in dem Notizbuch der alten Frau Birnbauer gelesen. Ein guter Teil des Gewinns, hatte diese irgendwann erkannt, lag darin, möglichst günstig einzukaufen und immer über Preise und Bezugsmöglichkeiten auf dem Laufenden zu sein. Dorothea hatte daraufhin wieder einmal mit ein paar Bauern gesprochen, und einer, ein sympathischer junger Mann, dem sie wohl gefiel, hatte ihr verraten, dass die Supermärkte schlecht zahlten und überhaupt unangenehme, arrogante Kunden waren. Dorothea hatte festgestellt, dass sie zwar nicht so viel abnehmen, aber dafür besser zahlen konnte, außerdem hatten die Bauern der umliegenden Höfe zu ihr keinen so weiten Weg, was auch ein Argument war. So hatte sie inzwischen Vereinbarungen über direkte Belieferung mit Kartoffeln, Zwiebeln und diversen Gemüsesorten aus dem Wintervorrat. Im Frühjahr würde frischer Salat dazukommen, von dem sie einen bestimmten Teil auch zurückgeben konnte, wenn er verdarb, ohne verkauft zu sein; der würde dann verfüttert werden.
    Außerdem hatte sie – noch ein Tipp von Amalia Birnbauer – ein schwarzes Brett neben der Eingangstür angebracht. Das alte Brett hatte noch im Schuppen gestanden; sie hatte es nur feucht abwaschen und zwei Schrauben in die Wand drehen müssen. Es hatte bereits in den Sechzigern und Siebzigern als Anschlagbrett gedient; die alte Frau hatte es jedoch entfernt, als es immer leerer wurde, weil niemand es mehr beachtete. Leer durfte ein schwarzes Brett nicht sein, das war ihre Regel. Es abmontieren zu müssen war für sie Anlass gewesen zu langen philosophischen Betrachtungen über die Dummheit der Menschen, sich wegen ein paar Mark den großen, mächtigen, undurchschaubaren Handelsketten anzuvertrauen und dafür zuzulassen, dass das Leben im Dorf selbst, zu dem nun mal Läden und Wirtschaften und ein Marktplatz und sonstige Treffpunkte gehörten, eines stillen Todes starb. Die Leute haben zu viele Autos , war ihre Schlussfolgerung gewesen.
    Ein schwarzes Brett darf nicht leer sein: Dorothea hatte die Vorstände des Sport- und des Wandervereins angerufen und, ja, direkt gebeten, sie möchten ihre Bekanntmachungen auch an ihrem schwarzen Brett anbringen, dort würden viele Menschen sie sehen. Peinlicherweise hatte der Vorstand des Wandervereins gar nicht gewusst, dass es einen Laden im Dorf gab.
    Außerdem hatte Dorothea fertig zugeschnittene Zettel an die Kasse gelegt und einen Kugelschreiber sowie einen Abroller für Klebstreifen daneben gestellt, sodass jeder, der etwas suchte oder anzubieten hatte, eine private Annonce anbringen konnte. Ihre eigene erste Annonce hatte im Handumdrehen Erfolg gehabt: Sie hatte jemanden gesucht, der ihr den Schuppen zu einem größeren Lager umbaute, worauf sich drei junge Männer gemeldet hatten, die das in die Hand zu nehmen versprachen und mit der Bezahlung, die

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