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Ausgebrannt - Eschbach, A: Ausgebrannt - Ausgebrannt

Titel: Ausgebrannt - Eschbach, A: Ausgebrannt - Ausgebrannt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Eschbach
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zu mischen; es schmeckte zum Abgewöhnen. »Er hat damit so ziemlich das Informationsmonopol im Dorf, finden Sie nicht? Heinberg, meine ich. Wir haben kein Telefon, kein Fernsehen – und jetzt auch keine Radios mehr …«
    Taggard hob müde die Augenbrauen. »Na ja. Und wenn schon.«
    »Können Sie sich vorstellen, dass wir vielleicht nicht alles erfahren, was draußen vor sich geht?« Er hatte ihn eigentlich fragen wollen, ob das weiße Rauschen, das der Fernsehapparat noch zeigte, von einem Störsender herrühren mochte. Aber er brachte die Frage nicht über die Lippen.
    »Das erfahren Sie sowieso nicht. Das war auch früher nicht anders. Die Nachrichten waren schon immer eine Auswahl, die irgendjemand trifft.«
    »Aber Regierung und Medien waren nicht in einer Hand.«
    Taggard lehnte sich steifnackig zurück. »Markus, ich habe den größten Teil meines Lebens mit der Beschaffung von Informationen verbracht. Oder besser gesagt: vergeudet. Geheimdienstler sind sowieso Informationsfreaks, schon immer gewesen. Das steckt auch an. Informationen sind der wichtigste Rohstoff, die schärfsten Waffen, sind alles entscheidend, blah, blah, blah. Das ganze Geschwätz eben. Ich habe es geglaubt, und jetzt bin ich es müde, Markus. Ich habe mehr über die Welt erfahren, als ich wissen wollte. Es reicht mir. Ich muss nicht bis in die Details mitkriegen, wie alles vor die Hunde geht. Eigentlich könnte ich auch auf die Hiobsbotschaften gut verzichten, die der Reverend immer verliest.«
    Markus sah auf seine Tasse hinab. »Verstehe«, sagte er. Mit anderen Worten, Taggard würde ihm keine Hilfe sein.
    »Du sollst zum Reverend kommen«, sagte Jack ein paar Tage später.
    Markus war gerade mit den Kühen fertig. »Warum?«
    »Das wird er dir schon selber sagen. Hier, mach dich ein bisschen zurecht.« Er reichte ihm einen Kamm. »Du kannst dich bei mir drin waschen; ich habe warmes Wasser da.«
    Was mochte der Reverend von ihm wollen? Bestimmt ging es um die Gerüchte, ihn und Rebecca betreffend. Dabei war er ihr die letzten Tage erfolgreich aus dem Weg gegangen.
    Mit Bangen näherte er sich dem Haus, einem unscheinbaren Gebäude hinter der Kirche, umgeben von einem Lattenzaun und einem in Schnee und Eis erstarrten Garten. Die Frau des Geistlichen, das hatte er erzählen hören, war früh verstorben, an einem Dschungelfieber während einer Missionsreise in Südostasien. Seither lebe er hier in Bare Hands Creek, allein mit seiner Tochter.
    Das erklärte vielleicht einiges.
    Small öffnete ihm persönlich. Er schien allein im Haus zu sein. Aus unmittelbarer Nähe wirkte er noch imposanter als im Gottesdienst; es war, als fülle er das Zimmer aus mit seiner Statur und physischen Präsenz. Er bat Markus ins Arbeitszimmer, nahm hinter einem ungeheuren Schreibtisch Platz und sah dort aus, als würde er, wenn er wieder aufstünde, mit dem Kopf unweigerlich durchs Dach stoßen.
    »Setzen Sie sich«, sagte der Reverend und deutete auf den Stuhl vor seinem Schreibtisch.
    Markus setzte sich. Es war ein schmaler Stuhl mit hoher Lehne, der zu demütiger Haltung zwang. Die psychologischen Tricks der Macht, ganz klar. Das kannte er auch aus ganz und gar weltlichen Büros.
    »Ihr Name ist Markus Westermann?«, vergewisserte sich Small.
    »Ja«, sagte Markus.
    »Ihr Gastgeber hat uns Ihren Namen genannt. Er hat sich auch für Sie verbürgt. Wir verdanken Charles viel, müssen Sie wissen. Er war in der kritischen Zeit in Saudi-Arabien, hat die Ereignisse aus nächster Nähe verfolgt und uns rechtzeitig gewarnt, dass sich die Dinge zuspitzen. Dass der große Knall bevorsteht. Obwohl wir natürlich seit Jahrzehnten grundsätzlich auf alles vorbereitet waren, war das doch sehr hilfreich.«
    »Verstehe.«
    »Trotz dieser Fürsprache«, fuhr der Reverend fort, »muss ich von Ihnen verlangen, dass Sie sich, wenn Sie hier leben wollen, in unsere Gemeinschaft einfügen. Das heißt insbesondere, dass Sie auch nach den Regeln leben, die wir uns gegeben haben. Regeln, die unter anderem Dinge wie Anstand, Sittsamkeit und, ja, die Keuschheit Unverheirateter umfassen.«
    Mit anderen Worten, dachte Markus, Hände weg von meiner Tochter. Vielleicht war das ein Punkt, an den er anknüpfen konnte. Wenn der Reverend sich solche Sorgen um seine läufige Tochter machte, würde er es sich möglicherweise etwas kosten lassen, ihn loszuwerden …
    »Reverend, um das klarzustellen: Ich bin nicht mit der Absicht hergekommen, hier zu bleiben. Das hat sich so ergeben, ohne

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