Ausgebrannt - Eschbach, A: Ausgebrannt - Ausgebrannt
die ihm nichts sagten.
Und außerdem war jedes Schubfach abgeschlossen.
Markus machte die Tür zum Gang zu und setzte seine Brechstange an. Großartiges Instrument. Ein trockenes Knacksen, und die erste Schublade voller Hängemappen kam ihm entgegen.
Es ging ziemlich durcheinander. Die Nummern entsprachen wohl einer chronologischen Ablage, und irgendwo musste sich eine Hauptkartei befinden oder eine Datenbank, über die man gezielt nach bestimmten Dokumenten suchen konnte. So was in der Art Erfindung von Alfred Westermann, Deutschland (gestohlen); siehe Nummer 20345 .
Doch diese Hauptkartei schien sich nicht hier zu befinden. Schade. Er hatte sich schon am Ziel gewähnt.
Was enthielten diese Mappen eigentlich alles so? Er zog eine heraus, blätterte sie auf. Versuchsreihen, wie es aussah, mit irgendwelchen Pflanzenkulturen. Datiert vom Januar 1988 . Was das sollte, stand nicht dabei, nur ein Hinweis auf …
Markus hörte ein eigentümliches Summen von irgendwoher, wollte sich schon umdrehen, als es » SCHLARKK K « machte und ihm etwas die Akte aus der Hand fetzte.
Und gegen den nächsten Karteischrank nagelte.
Ein Nagel, tatsächlich! Groß genug, um jemanden zu kreuzigen, und er war wie aus dem Nichts …
»Keine schnellen Bewegungen, rate ich Ihnen«, sagte eine tiefe, raue Frauenstimme. »Ich halte eine elektrische Nagelmaschine in der Hand. Damit kann ich Sie genauso töten wie mit einer Pistole – aber es wird viel, viel mehr wehtun.«
Kapitel 49
D ie Frau mochte Mitte vierzig sein und hatte die Statur eines Waldarbeiters. Sie trug eine Trainingshose und ein ärmelloses T-Shirt, das ihre mächtigen Arme unübersehbar zur Geltung brachte. Die summende Maschine in ihren Händen schien schwer zu sein, jedenfalls wanderte die Öffnung, in der Markus schon die Spitze des nächsten Nagels glitzern zu sehen meinte, unruhig hin und her.
Und das Ding hatte ein Kabel, das sie draußen im Gang eingesteckt haben musste. Wie bizarr!
»Wer sind Sie?«, fragte sie. Sie atmete schwer. »Und was tun Sie hier?«
Markus versuchte ein beruhigendes Lächeln. »Nun, in gewisser Weise könnte man sagen, dass ich ein Einbrecher bin. Allerdings suche ich nur etwas, das mir gehört und das ich hier –«
Er hatte unwillkürlich seine Hände gesenkt, was die Frau zusammenzucken und den Abzug drücken ließ. Es machte SCHLARKKK-SCHLARKKK , und zwei weitere Nägel pfiffen dicht an seinem Kopf vorbei.
»Keine Bewegung!«, schrie sie.
Markus erstarrte zur Statue, obwohl es ihn drängte, nachzusehen, ob er richtig gehört hatte und die beiden Nägel tatsächlich hinter ihm in den Beton eingedrungen waren. Er hatte Respekt vor dieser Nagelmaschine gehabt, weil es so ausgesehen hatte, als könne die Frau damit umgehen. Nun hatte er echte Angst, weil es so aussah, als könne sie es nicht .
»Hören Sie, ich habe nicht die Absicht, Ihnen irgendwas zu tun. Können Sie mit dem Ding vielleicht ein klein wenig zur Seite zielen? Nur für alle Fälle?«
Sie keuchte immer noch. »Das werde ich ganz bestimmt nicht tun.«
Blöde Situation. Markus nickte gefasst. »Okay. Wie Sie meinen.« Er hatte die Hände wieder oben. »Was tun wir stattdessen?«
Sie musterte ihn mit zusammengepressten Lippen, offenbar völlig unschlüssig darüber, wie es weitergehen sollte. Na toll. Und nicht mal so was wie: Sie gehen jetzt langsam und mit erhobenen Händen vor mir her nach oben, damit ich die Polizei anrufen kann , wie sie es in diesen Krimis immer machten, würde hier funktionieren, weil das Kabel ihrer Maschine ihr keine zwei Meter Spielraum ließ.
Kurzum: eine Situation, die nach einem Verkaufsgespräch verlangte.
»Hören Sie«, begann Markus, »lassen Sie uns reden. Einfach nur reden. Wir werden keine Lösung finden, wenn wir nicht reden. Und wir müssen eine Lösung finden, sonst stehen wir immer noch so da, wenn die Sonne aufgeht.«
»Keine Tricks!«, zischte sie.
»Mir ist absolut nicht nach Tricks zu Mute, das können Sie mir glauben«, versicherte Markus ihr, sich der Tatsache unangenehm bewusst, dass die Kniffe der Rhetorik und des Kundengesprächs, wie man sie ihm einst beigebracht hatte, natürlich durchaus in gewisser Weise als Tricks betrachtet werden konnten und von Vertriebsprofis auch als solche betrachtet wurden. »Sagen Sie, gibt es irgendwas, das Sie überzeugen würde, dass ich im Grunde ein harmloser Bursche bin? Ich habe keine Waffe bei mir. Wenn Sie wollen, komme ich einen Schritt nach vorn – mit erhobenen Händen
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