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Ausgebrannt - Eschbach, A: Ausgebrannt - Ausgebrannt

Titel: Ausgebrannt - Eschbach, A: Ausgebrannt - Ausgebrannt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Eschbach
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atmen.
    Wolkenschatten glitten über Wipfel. Der Himmel war ein Bild, das Zirpen der Zikaden ein Lied. Jeder Schritt, den er tat oder nicht tat, war Teil dieser Aufführung, eine Note im Lied der Schöpfung, das in jedem Augenblick neu entstand, ewig jung, altbekannt und zugleich nie zuvor gehört.
    Für einen erhabenen Augenblick war alle Mühsal von ihm abgefallen, alle Schmerzen vergessen – nein, nicht vergessen. Akzeptiert. Auf eine Weise, die er niemandem hätte erklären können, verstand er in diesem Moment, dass all das nötig gewesen war und dass das, was er sah, diese Mühen wert war. Und eigentlich sah er nicht, er erkannte. Er schaute die Natur und sah sich selbst. Es war unmöglich, sich getrennt davon zu denken. Wo hörte er auf, wo fing die Welt an? War die Luft in seinen Lungen die Welt, oder gehörte sie zu ihm? Und wie lange? Gehörten die toten Schuppen auf seiner Haut noch zu ihm, oder waren sie schon etwas, das er an die Welt ringsum abgegeben hatte? Unmöglich, eine Grenze zu ziehen. Ein fließender Übergang, ein Kontinuum, ein Ganzes.
    Wie gegen die Welt kämpfen, wie ihr etwas abringen, wie sie unterwerfen, ohne sich selber zu schaden? Es ging nicht. Er sah einen Raubvogel kreisen und spürte ihn in seinem Blut. Er sah ferne Nadelwipfel unter einem Windstoß wogen und fühlte sie in seinem Bauch. Für einen magischen Moment, den er niemals vergessen sollte, war er eins mit allem.
    An diesem Abend erreichte er Crooked River Pass, einen kleinen Ort an einer Brücke über einen schmalen Wasserlauf. Der Pfad, den er gegangen war, endete direkt am Farsight Institut .
    Die Schilder hingen an dem Zaun, der das gesamte Gelände umgab, und lasen sich beeindruckend: Farsight Institut. Privatgrundstück, Betreten verboten. Gelände wird bewacht. Achtung – wissenschaftliche Experimente, Lebensgefahr!
    Gut, Markus hatte, abgesehen davon, dass es noch hell war, ohnehin nicht vorgehabt, direkt hineinzuspazieren. Er zog sich zurück, suchte und fand einen Baum, von dem aus er einen guten Blick haben würde, und erkletterte ihn, nicht ohne sich über sich selbst zu wundern.
    Dann wartete er, ruhte sich aus und beobachtete das Institut.
    Das weitläufige Areal wirkte wie eine Farm und auch wieder nicht, dazu sahen einige der Gebäude zu technisch aus. Er machte Ställe aus, ein Wohnhaus, und in der am weitesten davon entfernten Ecke erhob sich ein länglicher Erdwall, der aussah, als befinde sich darunter eine unterirdische Anlage. Ein Teilchenbeschleuniger? Ein Schießstand? Oder einfach nur eine Kegelbahn? Das war nicht zu erkennen.
    Wo mochte sich ein Archiv befinden, das technische Unterlagen enthielt? Gestohlene Konstruktionspläne zum Beispiel. Schwer zu sagen. Er stellte sich einen Keller vor, sicher unter einem der Hauptgebäude.
    Wobei vielleicht alle Mühen vergebens und die Unterlagen seines Vaters längst anderswo lagerten. Immerhin war das alles zwanzig Jahre her. In der Zeit konnte viel passiert sein.
    Wenn sich Taggard nicht ohnehin getäuscht hatte.
    Wieder und wieder glitt Markus’ Blick über das Institutsgelände hinaus. Die Landschaft kam ihm irgendwie bekannt vor. Die Bergkette im Hintergrund, die Spitzen in Eis gehüllt … Wahrscheinlich hatte er schon einmal irgendwo ein Foto von dem Institut gesehen. Der Name klang auch so, als könnte er schon einmal davon gehört haben. Bloß wann? Wo? Er kam nicht darauf.
    Die Anlage wirkte allerdings ziemlich heruntergekommen, ja verlassen. Das Gras stand kniehoch, einige der Dächer wirkten, als regne es durch, und überall stand rostiger, staubbedeckter, von Unkraut überwucherter Abfall herum.
    Doch als es dunkelte, gingen im Wohnhaus Lichter an. Verlassen war das Institut also nicht. Aber reger Forschungsbetrieb herrschte jedenfalls auch nicht.
    Er schmiedete seinen Plan, solange er noch etwas sah. Hunde schien es keine zu geben, auch Hundehütten sah er nirgends. Genauso wenig wie andere sichtbare Abwehr- oder Alarmanlagen, Sirenen, Warnhupen oder Flutlichtlampen. Was es gab, waren eine Reihe von Videokameras, an denen rote Dioden blinkten: Er war sehr geneigt, sie für Attrappen zu halten. Denn wenn es kein Licht mehr gab, was wollten die Kameras dann sehen? Außerdem waren sie ziemlich undurchdacht angeordnet.
    Er machte eine Stelle aus, die so aussah, als könne er den Zaun dort unbemerkt und ohne großen Aufwand überwinden: eine rostige Ecke, an der der Maschendraht ohnehin schon halb umgebogen war. Dahinter würde er sich an

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