Ausgebrannt - Eschbach, A: Ausgebrannt - Ausgebrannt
weil in irgendwelchen Papieren irgendwelche Worte eingetragen sind, verstehen Sie?«
Keith blickte an ihm vorbei, über die Felder rechts und links der Straße, die in den aufsteigenden Hitzewellen verschwammen. »Sie verwechseln mich.«
Die Augen des Mannes lagen tief in ihren Höhlen. Er hatte sich lange nicht mehr rasiert, aber ein Vollbart würde ihm nie wachsen. Sein fahles Haar hing in durchgeschwitzten Locken herab. »Sie kommen doch von denen?«
»Ich bin mir nicht sicher, ob ich verstehe, was Sie meinen«, erklärte Keith behutsam.
»Von der Immobilienfirma? Ich meine, weil Sie noch ein Auto fahren.«
»Nein. Bestimmt nicht.« Die Männer waren also Landbesetzer. Dergleichen hörte man immer häufiger. Leute zogen aus der Stadt und eigneten sich Land an, das großen Immobiliengesellschaften gehörte, die einmal vorgehabt hatten, darauf Siedlungen zu errichten. Anfangs hatte die Polizei eingegriffen, es hatte Schießereien und Tote gegeben, aber inzwischen unternahm der Staat nur noch selten etwas dagegen. Die Männer hatten gute Chancen.
»Ich bin nur so eine Art Handelsvertreter«, erklärte Keith. »Ich bin auf der Suche nach einem Ort namens Piersdale. Soll hier irgendwo sein, hat man mir gesagt.«
Er sah zu den anderen hinüber, rief: »Er will bloß nach Piersdale.«
Keiner machte unnötige Bewegungen unter der sengenden Sonne. »Gradeaus«, sagte einer. »Fünfzehn Meilen etwa.«
»Danke«, rief Keith.
»Ihr Auto riecht merkwürdig«, meinte der Mann.
Keith nickte. »Ich fahre ab und zu mit Frittierfett. Wenn ich welches kriege, heißt das.«
Der Mann hob verwundert die Augenbrauen. »Das geht?«
»Es geht viel, wenn’s sein muss.«
»Da haben Sie auch wieder Recht«, sagte der Mann bitter. »Ich hatte mal einen Lehrstuhl für Künstliche Intelligenz an der Universität von Chicago. Doktor Robert Kurtzmann. Kommt mir ganz unwirklich vor, wenn ich heute daran denke.«
Keith nickte. »Ich verstehe, was Sie meinen.«
Sie gaben den Weg frei und ließen ihn fahren.
Es waren nur vierzehn Meilen bis nach Piersdale, und obwohl der Ort verlassen wirkte, existierte die Firma Edgar Miller & Son noch, die seit mehreren Generationen beschichtete Textilien herstellte. Keith Pepper hielt vor dem großen, dunkelgrün gestrichenen Gebäude und ging hinein.
Er traf einen gekrümmt gehenden alten Mann an, Edgar Miller jr., der Chef und Inhaber, der ihm kurzatmig von der ehrwürdigen Tradition des Hauses und von den Höhepunkten ihrer Geschichte erzählte: Sie waren für Spezialstoffe aller Art bekannt gewesen, hatten in alle Welt geliefert und höchsten Ansprüchen genügt.
»Wir haben die NASA beliefert, junger Mann«, keuchte er stolz. »Für die Raumanzüge der Astronauten. Unsere Stoffe waren auf dem Mond!«
»Tolle Sache«, bestätigte Keith. Man sah allerdings, dass diese großen Zeiten lange vorbei waren. Im Hintergrund der Halle zählte er drei Arbeiter, und in einem kleinen, rundum verglasten Büro tippte eine Sekretärin Briefe auf einer mechanischen Schreibmaschine.
»Auch die Russen haben bei uns eingekauft. Nicht viel, aber immerhin. Wir haben Rechnungen an Roskosmos in den Akten; wer hat das schon? Und natürlich haben wir auch die Raumstation ausgestattet …« Er seufzte. »Das haben Sie mitgekriegt, nicht wahr? Die ist abgestürzt.«
Keith nickte. »Im Januar, ja.«
»Tragisch, finden Sie nicht?«
Keith pflichtete ihm bei und fand dann endlich Gelegenheit, sein Anliegen vorzutragen. Nach dem, was er gehört hatte, beinahe hoffnungsvoll.
»Eine KAPPELLING-SUPERTEX ?«, wiederholte der alte Mann. »Ja, hatten wir. War ein gutes Gerät. Viele Sachen konnte man überhaupt bloß damit machen.«
»Sie sagen, Sie hatten eine …?«
»Wir haben sie letztes Jahr verkauft. Als Altmetall. Tat mir Leid, aber es ging nicht anders.« Er wackelte mit dem Kopf. »Wir machen das alles nicht mehr. Nur noch Zeltplanen. Wasserdicht beschichtet. Herrscht große Nachfrage nach Zeltplanen zur Zeit.«
Zurück im Auto nahm Keith seine Liste zur Hand und strich auch den Eintrag Edgar Miller & Son, Piersdale, I A durch. Blieben noch zwei.
Auf dem Rückweg nahm er eine andere Strecke. Er sah Polizeiwagen, die in Richtung der Landbesetzer fuhren. Vielleicht ging es doch nicht gut für sie aus.
Markus und Keith hatten das vergangene Jahr damit verbracht, nach den zweiundzwanzig Firmen zu forschen, die sich mit der Herstellung von nanotechnisch beschichteten Materialien befasst hatten. Es hatte sich bald
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