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Ausgebrannt - Eschbach, A: Ausgebrannt - Ausgebrannt

Titel: Ausgebrannt - Eschbach, A: Ausgebrannt - Ausgebrannt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Eschbach
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Lettland?«, meinte Dorothea und begann auszuteilen.
    »Nee«, sagte Julian, »das verwechselst du mit dem Unfall. Wo sie diese Methanhydrate oder wie das heißt abbauen. Das haben sie irgendwie nicht im Griff, da passiert dauernd so was.«
    »Irgendwo hat es wieder Plünderungen und Schießereien gegeben«, fügte Werner hinzu. »Mexiko? Oder Kanada, kann das sein? Keine Ahnung. Überall geht die Wirtschaft den Bach runter, der Staat nimmt keine Steuern mehr ein, kann den Arbeitslosen kein Geld mehr geben … Ein Teufelskreis.«
    »Früher hat der Staat immer Schulden gemacht«, sagte Dorothea.
    Werner verzog das Gesicht. »Würde er immer noch machen, wenn er könnte. Elf Prozent gäb’s jetzt für Bundesschatzbriefe. Aber es kauft sie keiner.«
    Dorothea setzte sich. »Guten Appetit.«
    Lebensmittel waren zur Zeit schwer zu kriegen. Der Winter war streng gewesen, und die Kriege und sonstigen Konflikte in aller Welt machten die Lage nicht einfacher. Angeblich ging es dabei nie um Öl, aber in Wirklichkeit eben doch. Von den Hungersnöten erfuhr man nur aus winzigen Meldungen; ein Journalist hatte im Fernsehen einmal gesagt, sie würden sich selbst Beschränkungen auferlegen, weil die Bilder oft einfach zu schrecklich seien. Abgesehen könnten aus Mangel an Treibstoff auch Reporter nicht mehr überallhin reisen, wo etwas geschehe.
    »Es ist kaum noch auszuhalten«, berichtete Werner nach dem Essen leise, nachdem Julian wieder auf sein Zimmer verschwunden war. »Nichts als Probleme. Heute haben wir elf Konkursmeldungen von Lieferanten bekommen. Jetzt wissen wir nicht, wo wir Reifen herkriegen sollen, stell dir das vor. Und der Auftrag über fünf Busse für Madrid ist geplatzt; sie haben kein Geld mehr.«
    Dorothea nickte. »Ich habe schon hundert Anmeldungen für den nächsten Gartenbaukurs. Ich glaube, dieses Jahr läuft das wirklich an.« Sie sah aus dem Fenster, hinab auf das dunkle Land, in dem bei weitem weniger Lichter brannten als vor zwei Jahren. »Es muss auch. Es wird bald nicht mehr anders gehen.«
    Ein Moment der Stille. Dann stützte Werner den Kopf in die Hände, sah sie an und sagte: »Sie haben mir eine Abfindung angeboten, wenn ich innerhalb der nächsten vier Wochen gehe.«
    Das hatte ja so kommen müssen. Dorothea sah ins Leere, vergegenwärtigte sich die Kontostände. »Wie viel?«
    »Ein Jahresgehalt.«
    »Ich könnte jemanden brauchen, der zu den Großmärkten fährt«, sagte Dorothea, und erst, als sie es gesagt hatte, wurde ihr klar, wie verletzend das für Werner sein musste.
    »Schöne neue Welt«, grollte er. »Das ist es also, wozu ich noch gut bin.«
    Sie langte über den Tisch, fasste ihn am Arm. »Entschuldige, ich habe es nicht so gemeint. Aber schau, du plagst dich doch bloß noch mit diesem Job. Er lohnt kaum, und jeden Tag die weite Strecke …«
    »Nein, es ist schon so«, beharrte er dickköpfig. »Ich kann im Grunde nichts. Java-Programmierung. Assembler. Wen interessiert das denn noch? Belangloses Zeug. Luxuswissen.« Er lehnte sich ruckartig zurück. »Einen Tisch bauen, das sollte man können. Eine Kuh melken. Ein Feld pflügen.«
    So gab Werner seinen Job auf. Sie kauften mit einem Teil seiner Abfindung einen kleinen Lieferwagen (während der nach wie vor unverkäufliche Geländewagen weiter still vor sich hin rostete), und von nun an stand er täglich sehr, sehr früh auf, um rechtzeitig in den Großmärkten zu sein. Er stellte fest, dass es eine durchaus anspruchsvolle Aufgabe war, gute Ware und günstige Angebote zu erkennen sowie die richtigen Beziehungen aufzubauen, um auch bei Knappheit die Sachen zu bekommen, die man brauchte. Er lernte, oft schmerzhaft, wem er vertrauen konnte und wem nicht, und nach und nach bekam er die Sache in den Griff. An manchen Tagen fing es sogar beinahe an, Spaß zu machen.
    Alles in allem, sagte er sich, hatten sie es noch gut getroffen. Ein türkischer Gemüsehändler erzählte von seinem Bruder, der in Antalya ein großes Hotel besaß: Das würde er demnächst schließen müssen, weil keine Touristen mehr kamen. Überhaupt sei der Tourismus praktisch zusammengebrochen, niemand habe mehr das Geld, Urlaub zu machen. In den Regionen, die bisher von Urlaubern gelebt hatten, herrschte inzwischen bittere Not und Arbeitslosigkeit, und die Menschen flüchteten, so sie nur konnten.
    »Und hat mein Bruder es noch gut«, sagte der Händler zum Abschluss. »Du gehört von Krim? Schwarzes Meer? Da ist Seuche ausgebrochen.«
    Tatsächlich hörte man

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