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Ausgebrannt - Eschbach, A: Ausgebrannt - Ausgebrannt

Titel: Ausgebrannt - Eschbach, A: Ausgebrannt - Ausgebrannt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Eschbach
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Kräuterbeet neben ihm hinab, das von Unkraut völlig überwuchert war. »Sag mal – wonach riecht denn das hier? Dill, oder?« Er fasste in das wuchernde Grün, zupfte ein grünes, gefiedertes Stielchen heraus und roch daran. »Na klar. Dill.«
    »Man müsste da richtig was anpflanzen«, sagte Dorothea. »Küchenkräuter, Bohnen und so.«
    Werner nickte. Er nahm einen von den dicken Haferflockenkeksen, in die er neuerdings geradezu vernarrt war, aß ihn nachdenklich auf und sagte dann: »Dein Gartenbaukurs … Meinst du, da könnte ich auch dran teilnehmen?«
    Tom Hannen war ein großer, langgliedriger Mann mit dichten schwarzen Locken und bedächtigen Bewegungen. Es war ihm nicht anzumerken, dass er fünf Kurse dieser Art abhielt und ja wohl in jedem ungefähr das Gleiche erzählen musste.
    An diesem Tag waren es zweiundzwanzig Teilnehmer, die in Gummistiefeln um ihn herum in seinem Gemüsegarten standen und ihm zuhörten. Manche von ihnen – Werner zum Beispiel – hatten Notizbuch, Stift und Schreibunterlage dabei. In Werners Fall stammten all diese Utensilien noch von seiner früheren Firma.
    »Das englische Wort für Landwirtschaft«, sagte Tom Hannen, »lautet agriculture . Darin steckt das Wort culture , also Kultur. Das drückt die Tatsache aus, dass vieles daran aus Wissen, Fähigkeiten, Prinzipien und Methoden besteht, die sich über Tausende von Jahren hinweg entwickelt haben – und die wieder verloren gehen können, wenn man nicht ständige Anstrengungen macht, auch diesen Teil unserer Kultur zu bewahren.«
    Er verlagerte den Stand aufs andere Bein. »Sie werden die Berichte über die US A gesehen haben, die zerfallenden Vorstädte, die Villenslums, die Plünderungen der Felder … Vielleicht fragt sich der ein oder andere, ob uns das auch bevorsteht.«
    »Ist doch immer nur ’ne Frage der Zeit gewesen, bis was von drüben zu uns rüberkommt«, brummte ein Mann.
    »Ich glaube, in dem Fall wird das nicht so sein«, meinte Tom Hannen. »Europäische Städte sind im Gegensatz zu amerikanischen trotz teilweise großer Vorstädte immer noch bis ins Zentrum hinein bewohnt, und zwar nicht nur von sozial Benachteiligten, sondern durchaus von Angehörigen der Mittelklasse und auch von Wohlhabenden. Eine gute Mischung also. Auch sind unsere Stadtzentren nicht mit Hochhäusern verbaut, die man künftig nicht mehr wird nutzen können, vielmehr haben wir zum größten Teil Häuser mit weniger als sieben Stockwerken. Hinzu kommt, dass fast überall vergleichsweise hervorragende öffentliche Nahverkehrssysteme existieren. In europäischen Städten kann man sich, einfach gesagt, noch zu Fuß bewegen, wenn es sein muss – deshalb kann das Leben darin auch ohne Öl weitergehen.«
    Eine Elster kam angeflogen, setzte sich auf einen Ast und neigte den Kopf, als wolle sie auch zuhören. Jemand lachte, woraufhin sie ihn ansah.
    »Was die Landwirtschaft anbelangt«, fuhr Tom Hannen fort, »ist sie in Europa trotz aller Veränderungen glücklicherweise nicht total von Konzernen und industriellem Gigantismus überwältigt worden, wie das in den Vereinigten Staaten der Fall war. Bei uns können Sie klar zwischen Stadt und Land unterscheiden, alle Siedlungen sind von landwirtschaftlichem Hinterland umgeben, und die regionale Agrarwirtschaft ist immer noch relativ stark.« Er sah in die Runde. »Mit anderen Worten, Europa hat relativ gute Aussichten, sich auch weiterhin ernähren zu können.«
    Er klatschte in die Hände. »Und damit das so bleibt, fangen wir mit dem ersten Beet an. Bitte nehmen Sie sich von dort drüben jeder eine Schaufel …«

Kapitel 54
    Im Sommer des darauf folgenden Jahres
    E s waren sieben Männer, die mitten auf der Straße standen. Sie trugen Sonnenhüte auf dem Kopf und Gewehre in den Händen, ihre Hemden waren durchgeschwitzt, und sie strahlten Entschlossenheit aus, nicht zu weichen.
    Keith Pepper bremste ab, sodass er dicht vor ihnen zum Stillstand kam, und ließ dann beide Hände sichtbar oben auf dem Lenkrad, während einer der Männer näher kam. Das Seitenfenster hatte er bei der Hitze ohnehin unten.
    »Wenn Sie jetzt mit irgend’nem juristischen Scheiß anfangen«, knurrte der Mann, »blas ich Ihnen den Schädel weg, Pilger.«
    »Hab nicht die Absicht«, versicherte Keith ruhig.
    Der Mann schlug sich gegen die ausgemergelte Brust. »Wir haben das alles hier angepflanzt, und wir werden es auch ernten. Wir werden nicht in die Stadt zurückgehen und zusehen, wie unsere Familien verhungern, nur

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