Ausgebrannt - Eschbach, A: Ausgebrannt - Ausgebrannt
gezeigt, dass man dabei mit Telefonaten nicht weit kam; man musste hinfahren, Leute fragen, Spuren nachgehen. Dafür kam nur Keith in Frage, da Markus immer noch in der Gefahr schwebte, verhaftet zu werden. Abgesehen davon kannte Keith durch sein früheres Hobby überall im Land Leute, bei denen er nicht nur unterkommen konnte, sondern die sich auch in der jeweiligen Gegend auskannten, ihrerseits Leute kannten und so weiter.
Bei einer dieser Gelegenheiten erfuhr er übrigens, dass Bruce, der es geschafft hatte, einen VW Käfer mit Kerosin zu betreiben, sich bei dem Versuch, einen Toyota auf Wasserstoffantrieb umzurüsten, in die Luft gesprengt hatte.
Sie waren nicht ganz erfolglos geblieben. Zwar existierten die meisten der Firmen nicht mehr, aber sie hatten oft mit den ehemaligen Inhabern sprechen können und auf diese Weise eine Menge über die Probleme und die technischen Möglichkeiten der Herstellung von nanotechnischen Produkten gelernt. Sie hatten einen Hersteller in Portland gefunden, der einen brauchbaren Matrixstoff liefern würde – einige Ballen hatten sie schon einmal auf Vorrat gekauft –, und an der Universität von Seattle gab es ein Labor, das über die Geräte verfügte, um die für die Ostraktionsfolie erforderlichen Nanopartikel herzustellen. Dieser Kontakt war über Bernice zustandegekommen: Anlässlich eines Familienausflugs nach Seattle kurz nach Joy Carolins erstem Geburtstag hatte sich herausgestellt, dass der Bruder der Hebamme an der Universität arbeitete und jemanden kannte, der in diesem Bereich tätig war.
Das ungelöste Problem war jedoch immer noch der Zusammenbau all dessen, die Fertigung der eigentlichen Folie also. Sie hatten aus einigen bruchstückhaften Notizen und dem, was sie über Herstellungstechnik erfahren hatten, ermittelt, dass Markus’ Vater das eine Stück Folie, das sie besaßen und mit dem sie experimentierten, damals offenbar auf einer ganz bestimmten Maschine für die Beschichtung von Textilien hatte herstellen lassen, die von einem süddeutschen Hersteller von Spezialmaschinen stammte, der KAPPELLING GmbH in Kirchstadt an der Solm. Diese Maschine, eine KAPPELLING-SUPERTEX , war dazu gedacht gewesen, Textilien mit modischen Glitzereffekten zu versehen oder mit bestimmten Eigenschaften auszurüsten, sie etwa besonders Schmutz abweisend oder dampfdurchlässig oder dergleichen zu machen. Für die Herstellung der Ostraktionsfolie waren Zusatzwerkzeuge nötig gewesen, vor allem deshalb, weil die »Molekülsubstrate«, die Nanopartikel also, während des Fixierprozesses magnetisch ausgerichtet werden mussten. Die Konstruktionspläne für diese Zusatzwerkzeuge hatten sie in den Akten.
Alles, was fehlte, war eine solche Maschine.
Die KAPPELLING GmbH, das hatten sie schnell herausgefunden, existierte längst nicht mehr. Schon in den Neunzigern war sie von einem Konkurrenten aufgekauft und bald darauf liquidiert worden. Von dem ehemaligen amerikanischen Handelsvertreter hatten sie erfahren, dass dieser ganze vierzehn Maschinen dieses Typs importiert hatte; er hatte ihnen die Liste überlassen, die Keith nun abarbeitete.
Und auf der nur noch zwei Einträge übrig waren.
Hinter der Schule rechts , stand auf der Wegbeschreibung, die ihm sein Kumpel Burt gegeben hatte. Es war schön gewesen, Burt wiederzusehen. Er schlug sich damit durch, Geräte aller Art zu reparieren; so was hatte eindeutig Zukunft. Seine derzeitige Freundin flickte Kleidung, dass die danach aussah wie neu, und die beiden waren ganz gut drauf, wenn man die Umstände bedachte. Jedenfalls war es ein schöner Abend gewesen.
Ah, das musste sie wohl sein, die Schule. Typischer Bau aus roten Ziegeln, zweistöckig, mit einem Fahnenmast auf dem Mittelbau, von dem das Sternenbanner traurig herabhing.
Im oberen Stockwerk war ein Zimmer ausgebrannt. Die Fenster leer, die Rahmen verkohlt, die Mauern ringsum geschwärzt: wie zwei hohle, dunkle Augenhöhlen.
Auch sonst schien das Gebäude verwaist. Nur in einem einzigen Zimmer saßen Kinder, die alle zu Keith herübersahen, als er langsam vorbeirollte, während die Lehrerin, ein Buch in der Hand, etwas an die Tafel schrieb.
Rechts ab. Breite Straßen, von prächtigen Bäumen gesäumt, doch der größte Teil der Häuser dahinter lag verlassen. Eingeschlagene Fensterscheiben, offen stehende Türen, zertrümmertes Mobiliar auf dem Rasen davor.
Einige aber waren noch bewohnt, wirkten geradezu trotzig dabei. In den Vorgärten grasten Ziegen, sorgsam angepflockt,
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