Ausgebrannt - Eschbach, A: Ausgebrannt - Ausgebrannt
die Erlaubnis, die transarabische Pipeline bis zum Mittelmeer zu verlegen und so die Ölreserven des Landes zu erschließen, von denen damals noch nicht zu ahnen war, dass es sich um die größten der Welt handelte.
Einen Tag nach dem Gespräch mit Roosevelt traf König Ibn Saud in Kairo mit dem britischen Premierminister zusammen. Von dieser Begegnung wird erzählt, Winston Churchill sei nicht recht klar gewesen, mit wem er es überhaupt zu tun habe; er habe Ibn Saud für ein Mitglied des iranischen Königshauses gehalten. Der saudische König reiste wenig amüsiert wieder ab. Damit waren die Würfel gefallen.
In den ersten Jahren nach dem Krieg dominierten weiterhin die British Petroleum Corporation und das britisch-niederländische Gemeinschaftsunternehmen Shell, die beide enorme Summen im Iran investiert hatten, den Handel mit dem Nahen Osten. Doch in dem Maße, wie die saudische Ölproduktion anstieg und damit der Hunger der Weltwirtschaft nach Öl, veränderten sich die Kräfteverhältnisse ebenso stetig wie unaufhaltsam. Mit den USA als Partner und Verbündetem war Saudi-Arabien vor seinen traditionellen Feinden und Widersachern in Ägypten, Jordanien und dem Iran sicher. Auch die Rache der Schiiten, die die Wahhabiten als Ungläubige betrachteten und sie in den vorangegangenen Jahrhunderten erbarmungslos verfolgt hatten, musste das Königreich nicht mehr fürchten. Saudi-Arabien lieferte den USA billiges Öl, was der amerikanischen Wirtschaft nach dem Krieg zu einem Boom ohne Beispiel in der Geschichte verhalf, und konnte beruhigt zusehen, wie eine Beziehung entstand, die auf zunehmender wechselseitiger Abhängigkeit beruhte. Die bisherige europäische Hegemonie im Nahen Osten jedenfalls war gebrochen.
Zum feierlichen Abschluss ihres Treffens auf der US S Quincy tauschten die beiden Staatsführer Geschenke aus. Ibn Saud überreichte Roosevelt das Gewand eines Scheichs und einen Dolch aus massivem Gold, der amerikanische Präsident wiederum schenkte dem saudischen König ein zweimotoriges Flugzeug sowie eine genaue Replik seines eigenen Rollstuhls.
Von diesem Rollstuhl war Ibn Saud vom ersten Moment an fasziniert. Er setzte sich sofort hinein und erklärte, nie wieder daraus aufstehen zu wollen.
Und genau das tat er dann auch. Bis zum Ende seines Lebens acht Jahre später verließ er seinen Rollstuhl nur noch, um sich abends schlafen zu legen. Der Mangel an Bewegung ließ den einst kraftvollen, drahtigen Mann fettleibig und hinfällig werden, und am Schluss wartete das ganze Land ungeduldig auf sein Ableben.
Kapitel 9
Vergangenheit
D er September kam. Man merkte, dass die heiße Jahreszeit vorbei war; das Laub an den Bäumen begann, sich zu verfärben. Morgens glänzte Markus’ Wagen feucht vom Tau. Die Arbeiten an der deutschen Version waren so gut wie abgeschlossen; Professor Schiltknecht aus Zürich, der ihn in Schweizer Steuer- und Bankfragen beraten hatte, hatte sich zufrieden gezeigt, und Professor Müller von der Uni Köln hatte ihn sogar für seine Arbeit gelobt.
Inzwischen war das alles für Markus aber schon fast abgehakt. Er würde, das war bereits besprochen, zunächst in den technischen Service wechseln, und da er neben den letzten Korrekturen an den Schulungsunterlagen nur noch wenig zu tun hatte, begann er allmählich, sich in die Installation des Systems einzuarbeiten und sich mit den vielen verschiedenen Problemen vertraut zu machen, die je nach Rechnerumgebung auftauchen konnten.
Eines Tages Ende September herrschte auf einmal seltsame Aufregung im Haus. Schon morgens, als Markus ankam – die Sonne hatte es eben mal über den Horizont geschafft, hing aber noch hinter den Bäumen verborgen und färbte bloß deren Wipfel rötlich-gelb –, verließ gerade eine große Putzkolonne das Gebäude. Die Männer und Frauen wirkten so erschöpft, als hätten sie die ganze Nacht hindurch gearbeitet, und so, wie es plötzlich überall aussah, war das womöglich sogar der Fall gewesen. Wenig später fuhr der Lieferwagen eines CateringService vor, und adrett uniformierte Frauen trugen lecker aussehende Platten und allerlei Getränke ins Haus. Dann schafften ein paar Leute vom Hausdienst die großen Blumenkübel beiseite, die unmittelbar vor dem Eingang aufgestellt waren, damit dort niemand parkte. Was war bloß los? Niemand wusste, was das sollte, und bald stand die halbe Belegschaft an den Fenstern und verfolgte den weiteren Fortgang der Dinge.
Gegen zehn Uhr tauchten die drei Chefs auf dem
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