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Ausgebrannt - Eschbach, A: Ausgebrannt - Ausgebrannt

Titel: Ausgebrannt - Eschbach, A: Ausgebrannt - Ausgebrannt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Eschbach
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besonders motivierend fanden. Oder, wie Myers es formulierte: »Wenn jemand vorhaben sollte, den Königspalast in die Luft zu sprengen, dann geht uns das nichts an. Außer dass wir die Gegend zur fraglichen Zeit meiden.«
    Das Erste, was Taggard in Riyadh auf eigene Faust tat, war, ein Versprechen zu erfüllen.
    Nachdem er sich anhand der Reiseführer und Karten, die im Hauptquartier zur Verfügung standen, eingehend informiert hatte, nahm er ein Taxi zum Nationalmuseum. Er durchwanderte den aus rötlichem Stein erbauten Murabbe -Palast, bis 1953 Regierungssitz des ersten Königs Abdulaziz Ibn Saud, schlenderte im Schatten verblüffend zahlreicher und altehrwürdiger Bäume durch die Grünanlagen des Al-Fontah -Parks bis zu dessen südlichem Ausgang und bestieg ein anderes Taxi. Als Ziel gab er den Stadtteil Al Nasiriyah an.
    »Und wohin dort?«, wollte der Taxifahrer, ein junger Inder, wissen.
    »Das sage ich Ihnen dann«, erwiderte Taggard.
    Er dirigierte den Fahrer durch einige Straßen, ließ sich deren Namen nennen, bis er ein Gefühl dafür gewonnen hatte, wo er sich befand. An einer viel befahrenen Ecke stieg er aus und ging zu Fuß weiter.
    Es war einfacher als gedacht, sich zum Haus von Musaed Al-Shamri durchzufragen, dem Vater Hamids. Was Taggard jedoch nie im Leben erwartet hätte, als er klingelte und kurz darauf geöffnet wurde, war, dass er den Mann, der da in der Tür auftauchte und ihn misstrauisch musterte, kannte!
    Es war der Besitzer des Restaurants ›Al-Ishrin‹. Der ehemalige Besitzer, genauer gesagt.
    »Was wollen Sie?«, fragte der Mann mürrisch. Dann erkannte er auch ihn, und seine Augenbrauen hoben sich. »Sie waren neulich in … in …«
    »In Ihrem Restaurant«, sagte Taggard.
    Der Mann gab ein verächtliches Schnauben von sich. »Ich habe es verkauft.«
    Da er so wirkte, als würde er die Tür jeden Augenblick wieder schließen, fuhr Taggard rasch fort: »Ich bin gekommen, um Grüße von Ihrem Sohn Hamid aus Washington auszurichten und Ihnen einen Brief zu bringen, den er mir für Sie mitgegeben hat.« Er zog den Umschlag aus der Tasche und hielt ihn dem Mann hin.
    »Hamid?« Al-Shamri griff in einer Art nach dem Brief, als erwarte er, dass sich das Papier als fata morgana entpuppen würde. Er befühlte ihn, drehte ihn in Händen, erkannte sichtlich erschüttert die Handschrift darauf. Dann öffnete er die Tür weit. »Kommen Sie herein. Bitte, treten Sie ein. Seien Sie mein Gast.«
    Er rief etwas nach hinten, das Taggard nicht verstand. Zwei schattenhafte Gestalten, Frauen, wie es aussah, huschten davon.
    »Woher kennen Sie Hamid?«, wollte Al-Shamri wissen, während er Taggard in ein im Halbdunkel liegendes, sparsam möbliertes Wohnzimmer dirigierte, in dem der Fernsehapparat knisternd erkaltete.
    »Er ist mein Nachbar«, erklärte Taggard und nahm Platz.
    Hamid wusste nicht, dass er für die CIA arbeitete. Taggard hatte ihm erzählt, er sei für einen multinationalen Lebensmittelkonzern tätig und der Wechsel in eine ausländische Niederlassung die einzige Möglichkeit für ihn, in seinem Alter noch ein wenig Karriere zu machen. Falls sein Nachbar und Sprachlehrer an dieser Geschichte zweifelte, hatte er es sich jedenfalls nicht anmerken lassen.
    Hamid wiederum hatte ihm ausführlich erklärt, warum er den Kontakt mit seiner Familie meiden musste: weil die saudische Religionspolizei ein Buch des syrischen Islamtheologen Muhammad Shahrour, dessen sämtliche Werke in Saudi-Arabien verboten waren, bei ihm gefunden hatte. Zum Glück war er gewarnt worden und hatte durch eine Verkettung günstiger Zufälle das Land rechtzeitig verlassen können. »Ausgepeitscht werden ist eine harte Strafe, glauben Sie mir«, hatte er gesagt.
    »Was sagt dieser Theologe denn, dass seine Bücher verboten sind?«, hatte Taggard wissen wollen.
    »Shahrour? Er sagt so gotteslästerliche Dinge wie, dass der Koran eigentlich von Freiheit handelt. Er behauptet etwas so Inakzeptables wie, dass Demokratie und Islam zusammenpassen. Aber vor allem weist er den islamischen Geistlichen nach, dass sie immer nur den Herrschenden dienen, nicht den Menschen.« Eine Erbitterung, die Taggard bis dahin nie an ihm gesehen hatte, stand in seinem Gesicht. »Unsere Kultur, wie sie ist, beruht auf der Unterdrückung von Freiheit und Leben. Alles, was man uns beibringt, ist, wie wir sterben sollen.« Er schlug sich vor die Brust. »Ich liebe mein Leben, das mir Allah durch meine Eltern gegeben hat. Bin ich deswegen ein schlechter

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