Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Ausgebrannt - Eschbach, A: Ausgebrannt - Ausgebrannt

Titel: Ausgebrannt - Eschbach, A: Ausgebrannt - Ausgebrannt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Eschbach
Vom Netzwerk:
Gefühl wieder ein paar Meter tiefer ins Loch senken – und das mit Dutzenden, am Schluss mit Hunderten von Rohren.
    Die Leute im Dorf schüttelten nur noch den Kopf über den Verrückten, der von Sonnenaufgang bis spät in die Nacht schuftete, als seien tausend Teufel hinter ihm her. Aß der je etwas? Schlief er überhaupt? Eine Krankenschwester, die im Dorf wohnte, gewöhnte es sich an, auf dem Weg zur Arbeit am Block’schen Hof vorbeizufahren und nachzusehen, ob der Mann noch lebte oder schon zusammengebrochen war.
    Dann waren eines Tages alle Stangen im Loch, doch von Öl keine Spur.
    »Jetzt sieht er’s endlich ein«, sagten die Leute.
    Doch Karl Walter Block sagte: »Ich brauche mehr Gestänge.«
    Bloß hatte er kein Geld mehr. Ein paar Schillinge in der Hosentasche, die für keine warme Mahlzeit gereicht hätten, waren alles, was er noch besaß. Er hatte die letzten Wochen nur von Kartoffeln gelebt, die er auf dem alten Kartoffelacker seines Vaters ausgegraben und im Feuer geröstet hatte.
    Er ließ sich von der Krankenschwester ins Krankenhaus mitnehmen und bot an, Blut zu spenden, wenn er dafür Geld bekäme. Der Arzt weigerte sich erst, ließ sich dann aber überreden, ihn wenigstens zu untersuchen, und fand zu seiner Überraschung, dass er selten jemand so Gesundes vor sich gehabt hatte, noch dazu mit der seltenen Blutgruppe AB negativ. Block durfte Blut spenden, bekam sein Handgeld und eine kräftige Mahlzeit obendrein, und die Krankenschwester nahm ihn wieder mit ins Dorf.
    Doch das Geld reichte nicht einmal für eine einzige weitere Stange.
    Block fragte im Dorf herum, nach einer Arbeit, die er machen konnte und die ihm rasch Geld einbringen würde. Der Wirt stellte ihn schließlich ein, ließ ihn das Vieh auf dem Hof versorgen, den er neben der Wirtschaft betrieb. Einen Vorschuss aber wollte er ihm nicht geben. Block bestellte die Stange trotzdem schon; ging mit dem Geld, das er hatte, zur Post und telegrafierte, bis er einen Lieferanten fand, der auf Rechnung lieferte.
    Zwei Wochen später kam sie. Der Transport war teurer gewesen als die Stange selbst. Noch am gleichen Abend schleppte Block sie zu seinem Bohrturm, schraubte sie an, warf die Dieselmotoren an und trieb die Bohrung zwanzig Meter tiefer. Es war ein gefährliches Manöver, denn eine Bohrung wochenlang stillstehen zu lassen und dann wieder in Betrieb zu nehmen, das konnte leicht alles zerreißen.
    Doch es ging gut, die Stange verschwand im Boden wie alle davor, und weiter geschah nichts. Block schaltete die Motoren wieder aus und stand lange Zeit nur schweigend da, das Bohrloch anstarrend, das im Licht der Scheinwerfer wie eine hässliche, vernarbte Wunde aussah. Dann löschte er das Licht und ging schlafen. Und am nächsten Morgen marschierte er wieder ins Dorf hinab, um beim Wirt im Stall zu arbeiten.
    Er schaffte es, die Rechnung für Bohrstange und Lieferung zu bezahlen, ehe die erste Mahnung eintraf, und bestellte gleich die nächste. Auch die verschwand im Boden, ohne dass etwas kaputtging und ohne dass sich im Ausflussrohr irgendetwas rührte.
    Block wiederholte alles noch ein drittes Mal, mit demselben Ergebnis. Nur dass allmählich der Herbst anbrach, der Diesel in den Tanks zur Neige und der Bohrmeißel, wie es aussah, seinem Ende entgegen ging.
    »Sieh es doch endlich ein«, sagte der Wirt.
    »Nein«, sagte Block.
    Dem Wirt wurde der Mann allmählich unheimlich. Er nahm ein kleines Versehen zum Anlass, ihn fortzuschicken, und Block musste sich einen anderen Job suchen: In einer Fabrik im Nachbarort, die Spezialschrauben herstellte und in alle Welt lieferte, ließ man ihn Container auf dem Hof umladen. Es war ein weiter Weg. Block stöberte auf dem Speicher das uralte Fahrrad seines Vaters auf und richtete es leidlich her. Trotzdem sprang ihm die Kette mindestens einmal pro Fahrt ab.
    Eine unangekündigte Kontrolle kam ihm dazwischen, fand ihn nicht an der Bohrstelle vor, schrieb ihm trotzdem einen Bescheid, entweder die Bohrung umgehend fortzusetzen oder den Bohrplatz aufzugeben und mit der Rekultivierung zu beginnen. Die Höhe der beiliegenden Rechnung hätte ihn um Wochen zurückgeworfen, also ignorierte er sie und bestellte stattdessen die nächste Stange. Diesmal bestand der Lieferant auf Vorkasse.
    Die Mahnung der Behörde kam kurz darauf, die Stange nicht.
    Zweite Mahnung. Als Block bei dem Lieferanten, einer Metallfabrik in England, anrief, meldete sich ein Insolvenzverwalter. Die Fabrik, erklärte dieser ihm, sei in

Weitere Kostenlose Bücher