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Ausgebremst

Ausgebremst

Titel: Ausgebremst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolf Haas
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sie beide weg waren. Seither gehörte mir die Wohnung allein.
    Für die paar Wintermonate hatte sie immer gereicht. Sie reichte auch jetzt. Zumindest ein paar Tage lang. Bis mir richtig zu Bewußtsein kam, daß ich nicht mehr wegkonnte, daß ich dieses Mal nicht darauf warten konnte, bis die Saison wieder losging.
    Ich hätte froh sein sollen. Es war mir nicht gegangen wie Liberante und Steve und dem Finnen. Ich hatte überlebt. Aber anstatt froh zu sein, fiel mir nur das Elend auf, in dem ich gelandet war.
    Es war einfach, in einer heruntergekommenen Wiener Substandardwohnung zu leben, wenn man Student war und das Leben vor sich hatte. Aber es war unerträglich, wenn man das Leben hinter sich hatte.
    Ich war jedoch unfähig, etwas an meiner Lage zu ändern. Obwohl es ein herrlicher Sommer war, verhielt ich mich, als wäre Winter. Ich hielt meinen üblichen Winterschlaf und hoffte, daß ich eines Tages aufwachte und die Saison vor der Tür stand.
    So elend fühlte ich mich, daß ich auf ein Wunder hoffte, das mir ermöglichen würde, zu meinem Leben und zu meinen Rennen zurückzukehren.
    Ich schlief und schaute fern und schlief und ernährte mich von Tiefkühlpizzas und schlief und schaute fern. Aber ich schaute mir keine Autorennen mehr an. Wenn in den Sportsendungen von den Rennen berichtet wurde, schaltete ich um. An Sonntagnachmittagen überkam mich immer eine nicht zu bändigende Müdigkeit. Ich verschlief Barcelona, ich verschlief Montreal, ich verschlief Magny Cours.
    Ich hoffte auf den Frühling, obwohl gerade Hochsommer war. Ich hoffte auf ein Wunder, obwohl ich wußte, daß das Wunder bereits geschehen war. Weil ich überlebt hatte. Weil die TEXUNO nicht auch mich beseitigt hatte. Ich hoffte auf das Wunder, daß ich wieder zu den Rennen fahren konnte.
    Nach acht Wochen, vor dem Grand Prix von England in Silverstone, geschah das Wunder.
Silverstone
    Ich schaffte es nicht, rechtzeitig umzuschalten, weil es die Weltnachrichten waren, in denen plötzlich von der Formel 1 die Rede war. Es ging aber nicht um das Training in Silverstone, das erst am nächsten Tag begann. Es ging überhaupt nicht um den Grand Prix.
    Ich hatte den Daumen schon auf der Fernbedienung, um umzuschalten, drehte aber statt dessen lauter. Denn es ging um die Verhaftung des TEXUNO-Chefs.
    Ich sah, wie die englischen Polizisten einen Mann in ihr Auto schubsten. Ich hörte die Erklärung, daß die Interpol einen internationalen Ring von als Fanartikelhändler getarnten Drogenschmugglern ausgehoben hatte. Ich sah, wie der Verhaftete sich eine Zeitung vors Gesicht hielt, erkannte aber den TEXUNO-Chef trotzdem an seiner kleinen Bobby-Statur. Ich hörte, daß die Interpol in diesem Zusammenhang auch knapp vor der Aufklärung der drei Morde stand, denen in den letzten Monaten alteingesessene Händler zum Opfer gefallen waren. Es gebe Anzeichen für einen Drogenkrieg unter den Fanartikelhändlern.
    Ich sah einen Mann im Bild, der mir bekannt vorkam. Doch wußte ich erst nicht, woher ich ihn kannte. Ich hörte, daß dieser finnische Treibstoffchemiker den Fall ins Rollen gebracht hatte. Ich hörte, wie Jo etwas auf englisch ins Mikrofon sagte, das aber vom Nachrichtenkommentator übertönt wurde. Ich sah einen Feuerlöscher im Bild, ich hörte, daß Jo nach dem Tod des Finnen zur Polizei gegangen war und seine Aussage gemacht hatte.
    Über die Zusammensetzung des Feuerlöschpulvers, das er untersucht hatte. Über die Praxis, Drogen in den Feuerlöschern zu transportieren. Über den Hausfeuerlöscheranteil in dem Pulver, unter dem Liberante erstickt war, was bewies, daß nicht der explodierende Rennfeuerlöscher in seinem Wohnmobil ihn getötet hatte, sondern daß jemand ihn ermordet hatte.
    Steve hatte nach dem Tod Liberantes einen TEXUNOFeuerlöscher geklaut. Der Finne hatte ihn Jo weitergegeben. Der Inhalt des Feuerlöschers bestand zur Hälfte aus Löschpulver, zur anderen Hälfte aus Kokain. Steves Wohnmobil explodierte einen Tag, nachdem er den TEXUNOFeuerlöscher geklaut hatte. Kurz darauf kam der Finne bei einem Unfall ums Leben. Der Lastwagen, der ihn gerammt hatte, wurde nie gefunden.
    Es hieß, man müsse nun im Licht dieser Ergebnisse davon ausgehen, daß es sich auch beim Tod des Finnen nicht um einen Unfall handelte.
    Als der Filmbeitrag beendet war, merkte der Moderator mit einem schelmischen Lächeln an: «Womit wieder einmal bewiesen wäre, daß Rennfans gefährlicher leben als Rennfahrer.»
    Der Idiot war nicht einmal fähig, Fans

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