Ausgebremst
mich in den Tod chauffieren wollte, meine Hände um den Hals.
Liebe Theresa!
Seit Bobby die Beschäftigungstherapeutin umgebracht hat, ist das Leben hier unerträglich geworden. Die Rivalitäten der Kapos sind fast so brutal wie das Stallduell zwischen Rene Arnoux und Alain Prost, als beide noch für Renault fuhren. Oder wie die tödliche Rivalität zwischen Gilles Villeneuve und Didier Pironi bei Ferrari. Aber all das stört mich nicht mehr, seit ich meinen Entschluß gefaßt habe. Das einzige, was mich stört, ist die Unmenschlichkeit, daß man mir schon bei der Verhaftung meinen Ferrari-Schal weggenommen hat. Nicht weil es so ein guter Schal wäre. Er ist schon uralt, und ich bin sicher, daß er irgendwo auf mich wartet, um mir nach zehn oder fünfzehn Jahren wieder ausgehändigt zu werden. Aber ich kann jetzt nicht mehr auf ihn warten. Obwohl ich es vorgezogen hätte, durch meinen Ferrari-Schal zu sterben. So muß ich eine andere Lösung finden, um meinem Elend zu entkommen. Der Ferrari-Schal wäre mir lieber, aber egal. Es sind immer die kleinen, billigen Dinge, die über Leben und Tod entscheiden. Eine morsche Schweißnaht bei Ayrton Senna. Eine gebrochene Bremswelle bei Jochen Rindt. Eine Rasierklingenmarke, die es niemals auch nur zum Helmoder Overallsponsor gebracht hat, bei mir.
7
Unter dem Helm hat der Fahrer die feuerfeste Balaclava.
Gianfranco
Obwohl Stiedl schlank war, wirkte er irgendwie fett in seinem fetten BMW.
«Wann war das genau, daß man den Vater von Gerhard Berger in Deutschland verhaftet hat?» fragte er gereizt in den Rückspiegel hinein.
«Im August 1994», antwortete Theresa für mich. Sie hatte meine Briefe in den letzten Tagen offenbar genau studiert. «Johann Berger war immer ein angesehener Tiroler Unternehmer. Er besitzt eine riesige Spedition», sagte sie ein bißchen gierig. «Wäre er nicht reich gewesen, hätte sein Sohn ja nie Formel-1-Rennfahrer werden können!»
Theresa stammte aus einer armen Familie, aber man sah es ihr nach zwanzig Jahren an der Seite des Schönheitschirurgen nicht mehr an. Man hörte es höchstens an dem neidischen Beiklang in ihrer Stimme.
Stiedl fuhr langsam, mit kaum hundert Stundenkilometern auf der Autobahn Richtung Salzburg. «Und verhaftet hat man ihn wegen der Ramoser-Geschichte?» fragte er.
«Das hab ich dir doch schon hundertmal erklärt», sagte Theresa giftig.
«Trotzdem!» ließ sich der Schönheitschirurg nicht einschüchtern. «Es ist wichtig, daß ich auch in den Details sattelfest bin.»
Ich hatte das Gefühl, daß Stiedl es eigentlich von mir hören wollte. Aber ich verfolgte verblüfft, wie genau Theresa ihrem Mann den Gerichtsfall von Gerhard Bergers Vater erklären konnte.
Grund für die Verhaftung war die Geschäftsverbindung Johann Bergers zu dem italienischen Betrüger Gianfranco Ramoser. Ramoser war es gelungen, einer deutschen Bank für die Errichtung eines Holzprofilwerks einen Kredit von 17,5 Millionen Mark herauszulocken. Bei dem Holzprofilwerk handelte es sich allerdings, wie sich herausstellte, um ein von Ramoser vorgetäuschtes Scheingeschäft.
«Blödsinn!» näselte Stiedl. «Warum soll denn der Berger so was machen?»
«Mir brauchst du das nicht zu erklären!» sagte Theresa.
Ich saß auf der Rückbank und hörte dem Ehepaar zu. Es ist immer unangenehm, in einem Auto auf der Rückbank zu sitzen und einem Ehepaar zuzuhören, aber mit der schnippischen Theresa und ihrem besserwisserischen Schönheitschirurgen war es besonders unerquicklich. Ich begann schon langsam, mich nach meiner Zelle zurückzusehnen.
«Der Staatsanwalt muß ja irgendeine Rechtfertigung für die Verhaftung gehabt haben», fing Stiedl wieder an.
«Natürlich», sagte Theresa in ihrer schmallippigen Art. «Der Staatsanwalt hat Johann Berger vorgeworfen, er habe Ramosers Kreditnahme für das Scheingeschäft durch eine vorgetäuschte Investitionsbereitschaft für das Holzprofilwerk unterstützt.»
«So ein Blödsinn!» brauste Stiedl gleich auf.
«Das Motiv für Johann Bergers Tatbeteiligung sah das Gericht in dem Umstand, daß Gianfranco Ramoser dem Tiroler Transportunternehmer aus früheren Geschäften zwei Millionen Mark schuldete. Johann Berger hatte also Interesse daran, daß Ramoser zu Geld kam, um seine Schulden abzuzahlen.»
Theresa drehte sich zu mir um und lächelte mich so aufmunternd an wie eine Rotary-Gattin, die beim großen Behindertengeburtstag warmherzige Blicke verschenkt. Zu mir gewandt sagte sie so laut, daß
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