Ausgeflittert (Gesamtausgabe)
tanken und bin schon spät dran.« Ich fange seine Schlüssel und schäme mich für das Theater, dass ich veranstalte, aber das Ziel ist der Weg. Ich bin fest entschlossen, diesen arroganten, durchtriebenen Rotlicht Ganoven aus dem Ort zu vertreiben. Das ist meine Mission.
»Habt viel Spaß und bleib sauber.« Du solltest mir besser Glück wünschen, denke ich und fahre davon.
Seit einer viertel Stunde stehe ich vor dem Eingangstor. Eine Art Türsteher verwehrt mir den Zutritt. Genervt schimpfe ich das Muskelpaket an, er soll gefälligst das Mütterchen melden. Endlich öffnet sich die Pforte und ich fahre direkt vor.
»Du kommst mit einem richtigen Auto. Prima, das kannst du gleich einsetzen«, lacht Vadim. Er stellt mich seinen halbseidenen Gästen vor. Es wird nur Wodka ausgeschenkt und ich proste in die Runde.
»Wie gefällt Ihnen Vadims Reich? Das muss Ihnen als Frau doch die Möse feucht machen«, sagt ein feister Glatzkopf mit schneeweißen Jacketkronen zu mir.
»Bei mir rührt sich nichts. Mein Haus hat Meerblick. Außerdem fehlt es mir hier an Stil. Aber das ist ja bekannt, dass man euch Russen nur die überteuerten Schrottimmobilien verkauft. Ich bin nicht für eine Hausbesichtigung hergekommen, sondern zum Spielen. Also was wird das hier? Wenn ihr nur tratschen wollt, hätte ich einen selbstgebackenen Kuchen mitgebracht.« Mütterchen hat den ersten Punkt gelandet. Die überwiegend aus Moskau stammenden Männer am Tisch schweigen.
»Wir spielen No Limit und starten mit 1000 Euro.« Die ersten fünf Luschen serviere ich bereits innerhalb einer halben Stunde ab. Jetzt dürfen sie sich am kitschigen Ambiente des Hauses ergötzen. Es geht bereits auf Mitternacht zu und Vadim nutzt seinen Vorsprung demonstrativ aus, in dem er ständig All in geht. Ich lasse mich nicht provozieren. Angesichts der stetig steigenden Blinds muss ich aber langsam in die Offensive gehen. Mit zwei Paaren werfe ich die letzten beiden Mitspieler aus dem Turnier. Ich sitze Vadim allein gegenüber. Er hält180000 Euro und ich 70000. Er bläst mir seit einer Stunde den Rauch seiner Zigarre ins Gesicht, was ich kommentarlos ertrage. Sein überheblicher Blick prallt an mir ab.
»Sag deinen Lakaien, sie sollen einen Abflug machen.« Mit einem Griff in meine Handtasche nehme ich eine Schachtel Zigaretten heraus und lege das Exposé der Nobelvilla auf den Spieltisch. Langsam wickel ich die transparente Folie von der Schachtel und ziehe eine Zigarette heraus. Vadim zeigt dem Kartengeber an, weiterzumachen.
»All in«, sage ich ohne meine Karten anzusehen. Ich erhebe mich vom Stuhl, wie es üblich ist und sage: »Du willst dieses Haus? Ich kann es dir besorgen. Dafür will ich Renés Schuldschein und dass du dich aus unserem Ort verziehst.« Vadim grinst und steht auch auf. Der Kartengeber deckt auf und zu meiner großen Freude gewinne ich das Spiel mit zwei Assen und zwei Damen. Ich habe auf 140000 aufgestockt. Vadim hielt nur noch 110000. Nun puste ich ihm den Rauch in die Augen.
»Du wirst hier nie ein Haus mit Meerblick beziehen. Ich kenne alle Makler und alle Eigentümer. Wenn du ein Haus in Wasserlage haben willst, wirst du dir eins auf der Krim bauen müssen!« Vadim blickt mich mit seinen eiskalten Augen an.
»Es liegt nicht daran, dass hier Russen grundsätzlich unerwünscht sind. Du bist hier nicht gern gesehen. Man mag dich nicht und ich kann es gut verstehen. Ich mache dir ein letztes Angebot. Du kannst die Villa für 18 Millionen kaufen. Einen Vorvertrag habe ich dabei. Dafür bekomme ich Renés Schuldschein und natürlich den heutigen Pot. Ich verbringe schließlich schon fünf Stunden in dieser unangenehmen Gesellschaft. Also, was ist Putin, kommen wir ins Geschäft?« Vadim lässt neue Karten ausgeben. Ich erhalte eine Pik Drei und eine Herz Dame. Ein Blatt zum Bluffen! Ich denke an Clara und ihren Spruch, den sie den Hausmusikern um die Ohren gehauen hat. Unwillkürlich huscht ein Lächeln über mein Gesicht.
»All in«, sage ich. Vadim schickt den Kartengeber aus dem Zimmer. Im Beisein anderer Leute hätte er die Worte nie über die Lippen gebracht.
»Abgemacht.« Er steht auf und verlässt den Raum. Ich kann nicht widerstehen und sehe mir seine beiden Karten an. Er hat Karo Bube und Karo Sieben auf der Hand. Ich greife mir den Stapel Karten und decke auf. Vadim hätte mich mit einem Flush in Karo niederstrecken können. Mit dem Schuldschein in der Hand kommt
Weitere Kostenlose Bücher