Ausgeflittert (Gesamtausgabe)
unmögliches Unterfangen!« Keine schlechte Idee, denke ich und lege auf.
Tobi kommt wie häufig erst zurück, als Clara schon im Bett liegt. Ich kann seinem Blick entnehmen, dass es ein erfolgreiches Gespräch war. Überhaupt ist er seit seiner Selbstständigkeit stets guter Stimmung. Schlechte Laune kenne ich bei ihm gar nicht. Verliebt sieht er mich an und fragt: »Nehmen wir noch einen Schlummertrunk?« Während er sich unter die Dusche verzieht, öffne ich eine Flasche Wein. Gespannt warte ich auf dem Sofa und überlege, wie ich am besten mit meiner Beichte beginnen soll.
»Heute ist mein Glückstag. Clara schläft tatsächlich in ihrem eigenen Bett. Das müssen wir ausnutzen. Komm Schatz, den Wein können wir auch im Schlafzimmer trinken.« Nun ist mir klar, dass es zu keinem ernsten Gespräch mehr kommen wird. Ich verschiebe meine Beichte notgedrungen auf den nächsten Morgen.
Auch das gemeinsame Familienfrühstück ist kein passender Zeitpunkt für das Überbringen schlechter Nachrichten. Tobias telefoniert schon zum zweiten Mal im Stehen und gibt Clara lautlos Zeichen, dass sie sich beeilen soll. Ich ziehe meinen Bademantel über und begleite die beiden Frühaufsteher zum Auto. »Tobi, heute musst du dir etwas Zeit nehmen. Ich muss dringend etwas mit dir besprechen. Nicht zwischen Tür und Angel. Und auch nicht im Bett.« Er verspricht zum Mittag nach Hause zu kommen. Ich trinke noch einen Kaffee und mache mich schnell auf, das Haus zu verlassen. Im Ort und erledige ich die Einkäufe. Meistens treffe ich auf bekannte Gesichter. Diesmal stoße ich auf unsere langjährigen Freunde, die US Amerikaner Jennifer und Phillip. Jenny steht vor dem Regal mit Sonnenschutzmitteln und liest die Beschreibungen.
»Wunderbar, dass du jetzt gerade kommst. Ich brauche deinen fachkundigen Rat. Welchen Selbstbräuner kannst du mir empfehlen?« Phillip verdreht die Augen. Er steht schon eine Weile ratlos neben seiner Frau und freut sich auf weibliche Unterstützung.
»Ich gehe einen Kaffee trinken und kaufe mir eine Zeitung. Wenn du mit deiner Beauty Shopping Tour fertig bist, kannst du ja ins Café nachkommen«, sagt er und verschwindet. Jenny beklagt sich über das mangelnde Interesse ihres Mannes. Als er um die Ecke geht zeigt sie mir ihre nackten Beine, die sie unter einer langen Hose versteckt.
»Nun sieh dir das Elend mal an. Ich bin so kreidebleich, da sieht man meine Krampfadern noch mehr. Ich möchte zu meinem Geburtstag gern einen Rock tragen. Aber so, wie ich aussehe, traue ich mich nicht.« Jenny wird 60. Sie ist eine sportliche Person und hat eine tolle Figur für ihr Alter. »Ich habe mich immer gepflegt, stets die teuersten Cremes verwendet, aber irgendwann ist der Lack halt ab«, stöhnt sie. Ich bin kein Freund von Selbstbräunern und habe bisher keine guten Erfahrungen damit gemacht. Entweder färbt sich die Haut orange oder sie sieht scheckig aus wie eine Landkarte. Jenny hat Frust. Sie sucht nach einem neuen Badeanzug. Jetzt wo sie einen beheizten Pool besitzt, will sie auch in den Wintermonaten schwimmen. »Aus dem Tanga Alter bin ich ja nun raus. Aber schau doch mal. Diese Badeanzüge sehen doch aus, wie bunte Ritterrüstungen. Gibt es denn gar nichts Passendes für Frauen meines Alters?« Ich muss ihr zustimmen. Die Auswahl an schicker Bademode hält sich in Grenzen.
»Jetzt ist eben keine Saison.« Ohne etwas gekauft zu haben, gehen wir zu Phillip und trinken noch einen Kaffee.
Ich habe mich verquasselt. Schnell bereite ich einen Auflauf und stelle ihn in den Backofen, als ich Mann und Kind schon vorfahren sehe. In gewohnter Pose mit dem Handy am Ohr, betritt Tobi die Küche. Er telefoniert mit Julian. Ich finde, er hatte vormittags genug Zeit, um mit ihm zu sprechen und nehme meinem Mann das Telefon aus der Hand.
»Jetzt gehörst du mir.«
»Was wolltest du mit mir besprechen?« Ein Blick in den Backofen und ich weiß, dass ich meine Nachricht nicht bis nach dem Essen aufschieben kann.
»Wir sind blank, mein Schatz. Nicht nur, dass wir diesen Monat wieder nicht mit Einnahmen aus dem Label rechnen können. Unsere Mató Linie wird eingestellt. Caro ist schwanger und hört auf.«
»Ist das der Grund für deine Sorgenfalte?« Tobias streicht mit seinem Zeigefinger zärtlich zwischen meine Augenbrauen und lächelt. Er scheint den Ernst der Lage nicht zu erkennen. Im Beisein von Clara will ich auch keine Panik schüren und beschließe, meinen Mann auf
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