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Ausgegeizt!: Wertvoll ist besser - Das Manufactum-Prinzip (German Edition)

Ausgegeizt!: Wertvoll ist besser - Das Manufactum-Prinzip (German Edition)

Titel: Ausgegeizt!: Wertvoll ist besser - Das Manufactum-Prinzip (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Uli Burchardt
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zu den Angeboten der Billighändler.
    Weder Fernsehen noch das Einkaufen im Discounter ist ein reines Schichtenphänomen. Auf einem Aldi-Parkplatz finden Sie die Autos aller Klassen, mit Neupreisen von unter 10 000 Euro bis über 100 000 Euro. Entsprechend sitzt vor dem Fernseher der Einkommensmillionär ebenso wie der Hartz-IV-Empfänger. In beiden Märkten steckt die geballte Kaufkraft von 40 Millionen Privathaushalten, die über 100 Milliarden Euro pro Monat auszugeben haben. Hier der riesige Massenmarkt, da die riesigen Massenanbieter, dazwischen der gigantische Hauptstrom von billigen Bildern und billigen Waren in die eine Richtung und der Gegenstrom von Geld in die andere Richtung. Beide Märkte sind unter anderem über die Fernsehwerbung miteinander gekoppelt, für die die Unternehmen rund 10 Milliarden pro Jahr ausgeben – 10 000 Millionen Euro.
    Es ist unglaublich, wie stark dieser Massenmarkt-Mainstream ist und wie wenige Menschen sich dem entziehen. Mit meinem offenbar selten gewordenen Blick von außen wundere ich mich und versuche zu verstehen: Wie funktioniert das? Warum ist der Magnetismus des Mainstreams so groß, dass sich fast alle Menschen dem unterordnen? Und welche Folgen hat das?
    Einkaufen im Energiesparmodus

    Ganz offenbar funktionieren diese beiden Mainstream-Märkte nach den gleichen Prinzipien. Wer die Fernsehzuschauer versteht, versteht daher auch die Billig-Konsumenten. Und der versteht vielleicht auch, warum die Menschen in der vermeintlichen Geborgenheit des gesellschaftlichen Mainstreams an Nachhaltigkeit nicht interessiert sind.
    Mein Klischee sieht so aus: Die Fernsehzuschauer belohnen sich nach einem als stressig empfundenen Tag. Fernsehen ist eine Form der Erholung, wenn man keine Lust mehr hat, etwas zu tun. Nach einer armen, sinnlosen Arbeit, bei der die Leute das Gefühl hatten, mehr geben zu müssen, als sie bekommen, haben sie vor der Glotze endlich keinen Druck mehr, irgendetwas für andere tun zu müssen. Ja, sie müssen überhaupt nichts mehr tun. Stattdessen verwöhnen sie sich selbst: Chips und/oder Schokolade und/ oder Bier und/oder Cola und/oder sonstige Kohlehydrate parallel zum Bilderstrom reinstopfen und reinlaufen lassen – und abhängen. Der Feierabend wird damit genauso sinnlos wie der Arbeitstag, aber egal. Es fühlt sich bequem und irgendwie gut an. Und es machen doch alle so, oder? Dann kann ja nichts Falsches daran sein.
    Der laufende Fernseher markiert im Ablauf der Lebenszeit die Zonen der scheinbaren Selbstbestimmung. Während des Glotzens ist der Zugriff der Umwelt abgeschnitten, die Anforderungen von Chef, Kollegen, Partner, Kindern und so weiter sind abgestellt. Nur im Schlaf und auf dem Klo ist man noch mehr mit sich allein. Aber gegenüber dem Schlafen oder der Toilettensitzung hat das Fernsehen den Vorteil, dass man dabei konsumiert. Das wohlige Gefühl, die innere Leere kurzfristig, wenn auch flüchtig, ausgefüllt zu bekommen und dabei rein gar nichts zu riskieren, ist emotional nur vergleichbar mit dem Trinken an der Mutterbrust.
    Billig einzukaufen befriedigt auf ähnliche Weise das Bedürfnis, in maximaler Passivität maximal versorgt zu werden, dabei möglichst wenig zu investieren und in größtmöglicher Sicherheit zu schweben wie im Fruchtwasser. Wer möglichst wenig investieren, möglichst wenig riskieren, dabei aber für den Moment möglichst viel bekommen will, kauft beim Discounter ein. Mehr Energie und Geld lassen sich beim Decken des täglichen Bedarfs nicht sparen.
    Leider gilt sowohl für das Fernsehen als auch für das Einkaufen beim Discounter: Das, was konsumiert wird, ist billig, und das wohlige Völlegefühl hält nur ganz kurz an. Die Fernsehbilder werden sofort vergessen, die leeren Kohlehydrate sind im Nu verdaut, und die Plastikwaren müssen rasch weggeworfen und ersetzt werden.
    Selbstbelohnung nach einem arbeitsreichen Tag ist völlig in Ordnung. Schön wäre allerdings eine nachhaltigere Selbstbelohnung, nämlich mit wenigem Wertvollen statt mit vielem Wertlosen. Die meisten Menschen würden überrascht feststellen, dass es befriedigender wäre, als eine Tiefkühlfertigpizza in die Mikrowelle zu schieben, wenn sie ihre Zeit damit verbrächten, auf Bauernhöfen oder Wochenmärkten nach guten Zutaten zu suchen, dann in der Küche zu schrubbeln und zu schnibbeln und was leckeres Selbstgemachtes zu zaubern. Der Erholungswert wäre mit Sicherheit größer, es würde unterm Strich nicht mehr kosten, es wäre gesünder,

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