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Ausgegeizt!: Wertvoll ist besser - Das Manufactum-Prinzip (German Edition)

Ausgegeizt!: Wertvoll ist besser - Das Manufactum-Prinzip (German Edition)

Titel: Ausgegeizt!: Wertvoll ist besser - Das Manufactum-Prinzip (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Uli Burchardt
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Römische Reich und das klassische Griechenland zurückverfolgen lassen. Laut BGB liegt der »Gesetzliche Zinssatz«, also eine Art Richtwert, laut § 246 bei 4 Prozent per annum. Reste des Zinsverbots aus dem Mittelalter finden sich im BGB beispielsweise im »Wucherparagraph« § 138:

»(1)Ein Rechtsgeschäft, das gegen die guten Sitten verstößt, ist nichtig.
(2) Nichtig ist insbesondere ein Rechtsgeschäft, durch das jemand unter Ausbeutung der Zwangslage, der Unerfahrenheit, des Mangels an Urteilsvermögen oder der erheblichen Willensschwäche eines anderen sich oder einem Dritten für eine Leistung Vermögensvorteile versprechen oder gewähren lässt, die in einem auffälligen Missverhältnis zu der Leistung stehen.«

    Da steht es klipp und klar: Sittenwidrigkeit ist gegeben bei einem auffälligen Missverhältnis von Vermögensvorteil und Leistung. Also: Worin besteht die Leistung einer Bank bei einem Spekulationsgeschäft, für das sie 25 Prozent Rendite fordert? Worin besteht die Leistung eines Börsenzockers, für die er Renditen von zum Teil über 100 Prozent einsackt? Welchen Gegenwert erbringt die globale Finanzwirtschaft für die Mast, die sie sich auf die Rippen frisst?
    Ich kann das nur so interpretieren: Weite Teile der weltweiten Finanzwirtschaft sind nach unserem allgemeinen Rechtsverständnis sittenwidrig. Ob ein Gericht das auch so sehen würde, steht natürlich auf einem ganz anderen Blatt. Logisch. Aber eigentlich empfinden wir doch alle die ausufernden Finanzspekulationen, die unterm Strich Wirtschaft und Gesellschaft aussaugen und die Nachhaltigkeit von Unternehmen, Branchen und ganzen Wirtschaftsmärkten untergraben, als ganz offensichtlich unanständig. Diese Empfindung ist geprägt durch unsere christlich-abendländische Kultur und unsere Traditionen.
    Nur: Wie man heute eine wirksame Regulierung der Finanzmärkte umsetzen könnte, ist völlig unklar. Wir wissen nicht, wie wir den Schmarotzerbefall wieder loswerden können. Fest steht bloß: Wenn die Finanztransaktionssteuer tatsächlich weltweit käme, was nicht zu erwarten ist, dann gingen an den großen Finanzplätzen einige Lichter aus.

»321 Minuten«
    Die
Arbeitsgemeinschaft Fernsehforschung

über die durchschnittliche Verweildauer
bei der täglichen Fernsehnutzung
in Deutschland im Jahr 2010

Kapitel 4

Massenmärkte für Mehrheiten
    Der Fluch des mächtigen Mainstreams

    Jeden Tag schauen drei Viertel der Deutschen über vierzehn Jahre in die Röhre. Jeder dieser durchschnittlichen Fernsehzuschauer tut das an einem durchschnittlichen Wochentag über fünf Stunden lang. Wer jeden Tag zur Mehrheit gehören möchte, und diesen Schnitt bis zum Ende beibehält, der sieht bei einer durchschnittlichen Lebenserwartung von achtzig Jahren insgesamt weit über 100 000 Stunden fern.
    Eine komplette dreijährige Berufsausbildung, also die gute alte deutsche Lehre, umfasst etwa 5000 Stunden. Einige Experten gehen davon aus, dass jemand, der insgesamt ungefähr 10 000 Stunden lang eine einzige Sache trainiert, in der er nicht völlig unbegabt ist – zum Beispiel Fußball oder Schach oder Geige spielen oder was auch immer –, darin Weltklasse-Niveau erreichen kann. Wer also statt Fernsehschauen immer etwas übt und trainiert, könnte im Laufe seines Lebens in zehn Disziplinen um Goldmedaillen und Weltmeistertitel kämpfen oder Millionär werden oder sich sonstige Träume erfüllen.
    Diese Zahlen zur TV-Nutzung sind von 2010 – das Jahr, in dem die TV-Nutzung an einem neuen vorläufigen Höhepunkt angekommen ist. Man sollte meinen, dass das rein rechnerisch nicht mehr steigerbar sein dürfte, weil die Menschen ja auch noch arbeiten, essen, schlafen, lesen, Sex haben und sich die Zähne putzen. Aber weit gefehlt, all das lässt sich wunderbar parallel zum Fernsehen betreiben.
    Regalzappen

    Fernsehen ist auf schockierende Weise Mainstream. 95 Prozent der Deutschen haben einen Fernseher. Das ist quasi Vollabdeckung, das massigste Massenmedium, das es gibt. Schockierend finde ich das deshalb, weil Fernsehen eine rein passive Handlung ist. Wenn Sie eine Kamera auf die Fernsehzuschauer richten würden, sähen Sie Menschen, die sich stundenlang nicht bewegen und wie paralysiert in eine Richtung schauen. Die Augen müssen nicht einmal die Entfernung des Sehfelds adaptieren. Jeder Muskel im Körper ist erschlafft, das einzige, was voll durchblutet ist, ist das Sehzentrum im Gehirn, wo an einem normalen Fernsehtag knapp eine halbe Million Einzelbilder

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