Ausgejodelt: Mira Valensky ermittelt in Wien: Ein Mira-Valensky-Krimi
schenkte mir noch einmal ein und schob ihm die Flasche hinüber. „Wie bist du zu diesem Job gekommen?“
Er holte Luft. „Ich … damals war ich für Sponsoring zuständig, beim Bierkonsortium. Und die Leute vom Sender haben mir Probeläufe für eine neue Show gezeigt, für ‚Edel-Weiß‘. Kannst du dich erinnern? Ich sollte entscheiden, ob wir als Hauptsponsor einsteigen.“
Die Sendung hatte es einmal gegeben, ja. Gesehen hatte ich sie nie. Ich nickte.
„Der Moderator war eine Katastrophe. Ich habe gescherzt und gesagt, sie sollen mich einmal machen lassen. Der Kameramann hat alles aufgenommen, und aus dem Spaß ist plötzlich Ernst geworden. Und aus dem aufstrebenden Nachwuchsmanager wurde ein Moderator von Volksmusiksendungen.“
„Und das andere hast du einfach so hingeworfen?“
„Der Job war wenig spannend. Viele Sitzungen, Abhängigkeit vom Geschäftsführer, vom Vorstand, vom Eigentümer. Dreiteilige Anzüge und jede Menge Schaumschlägerei.“
„Da hast du ja schon üben können.“
Joe grinste. „Ich mach’ meinen jetzigen Job gerne.“
„Schmeichelt der Eitelkeit.“
„Wahrscheinlich. Und du? Wie bist du beim Magazin gelandet?“
„Ich war ein paar Jahre lang in New York. Und als ich zurückkam, hatte ich nichts. Okay, ich hatte mein Jusstudium, mit Abschluss und Doktortitel und allem Drum und Dran. Aber ohne Berufserfahrung gibt es keine Jobs, zumindest nichts, was mich reizen könnte.“
Er lachte. „Juristin? Du? Entschuldige, aber eine so trockene Angelegenheit …“
„Hab’ ich gar nicht so empfunden, nur … ich bin eben nach New York. Und als ich zurück war, vermittelte mir eine Freundin ein paar Lifestylestorys beim Magazin. Mode zwischen New York und Wien, ein prominenter Amerikaner kommt nach Wien, was erwartet einen österreichischen Autor auf Long Island, Themen in dieser Preisklasse. Und irgendwann wurde ich fixe freie Mitarbeiterin, und das bin ich jetzt noch.“
„Anstellung?“
„Keine Chance, und ich will es wahrscheinlich auch gar nicht. So bleibe ich flexibel. Zumindest theoretisch kann ich morgen meine Zelte abbrechen und irgendwo anders hingehen.“
„Nach New York?“
„Zum Beispiel. Oder ins Veneto. Kennst du das Veneto?“
„Venedig.“
„Venedig kennt jeder. Das Hinterland, das ist das wahre Veneto. Städte mit mittelalterlichen Häusern, lebendige Städte, keine Ausstellungsstädte, sondern Orte mit Bars, Cafés, Büros, Geschäften und jeder Menge grandioser Restaurants. Und die Weine …“
„Du isst gerne?“
Ich sah ihn verblüfft an. Tatsächlich, ich hatte seit Tagen nichts gekocht. Gar nichts. „Ich kann sogar kochen.“
„Du?“
Ich fühlte mich herausgefordert. „Soll ich es dir beweisen? Jetzt? Sofort?“ Es war etwas nach zwei Uhr.
Er sah mich ratlos an. „Jetzt?“
„Kannst du schlafen?“
Er stand auf und schlang von hinten die Arme um mich. „Das kommt auf einen Versuch an.“
Ein wunderbares Gefühl, so festgehalten zu werden. Trotzdem. „Ich könnte uns etwas kochen, etwas Leichtes.“
Er löste sich von mir und murmelte: „Wenn du willst.“
Ja, ich wollte. Und wie ich wollte. Kochen würde mir mein inneres Gleichgewicht wiedergeben. Die Uhrzeit war egal, wir würden morgen eben länger schlafen. Ich ging in die Küche, bat ihn, mir zu folgen, und öffnete den Kühlschrank. Ein trauriges Schauspiel. Die letzte Woche hatte mich offenbar gründlich aus der Bahn geworfen. Es gab vier Becher Magerjoghurt, die noch aus meiner Diätphase stammten, und ich hatte fest vor zu warten, bis das Ablaufdatum überschritten war. Dann konnte ich sie guten Gewissens wegwerfen. Ich fand einen Knoblauch, der noch ganz passabel aussah. Zwei weiße Zwiebeln, ein Stück Grana-Padano-Käse – okay, das war ein gutes Dessert, würde aber meine Kochkünste nicht wirklich beweisen. Die Zucchini waren schon matschig, ebenso die Tomaten. Eine einsame Mango und etwas Prosciutto. Ich knallte die Tür zu und bemerkte, wie Joe liebevoll-verzeihend lächelte. Das hätte er nicht tun sollen, jetzt fühlte ich mich erst recht herausgefordert. Wir hatten bisher nicht einmal gemeinsam gefrühstückt. Er war kein Frühstücker, und ich hatte jede Menge anderes zu tun und zu denken gehabt, als an meine Gewohnheiten.
Der Tiefkühlschrank war gut gefüllt. „Magst du Fisch?“, fragte ich Joe.
„Natürlich.“
„Jetzt?“
„Ich weiß nicht.“
„Oder lieber Fleisch? Geflügel?“
„Ja dann … Geflügel, aber willst du wirklich
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