Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Ausgelacht

Ausgelacht

Titel: Ausgelacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steffi von Wolff
Vom Netzwerk:
nur erinnern, weil er mal einem Kurgast die Hand abgebissen hat. Also an Emil.»
    «Otto.»
    «Dann eben Otto. Was spielt der Name denn für eine Rolle?»
    «In diesem Fall spielt der Name eine Rolle, weil Emil ja kein Terrier ist, sondern ein Zwergflusspferd.»
    Irgendwie machte dieser Doktor Rosenberg Britt Angst. Er war groß und dünn, sah ein bisschen irre aus und erinnerte sie an diesen Typen in
Das Schweigen der Lämmer
, der übergewichtige Frauen gekidnappt und in einem Brunnen gefangen gehalten hatte, um sie so lange hungern zu lassen, bis er ihnen bequem die Haut abziehen konnte. Und dauernd hatte dieser Transvestit zu der aktuell gefangen gehaltenen Frau gesagt: «Es reibt sich die Haut mit der Lotion ein, sonst kriegt es wieder eins mit dem Schlauch verpasst.»
    «Ich habe noch nie ein Flusspferd medizinisch versorgt», sagte Doktor Rosenberg, und seine Nasenflügel bebten.
    «Ja, ist es denn die Möglichkeit», sagte die Moni.
    «Halt du doch deine Klappe. Kann ich Emil jetzt holen oder nicht?» Britt war genervt.
    «Sicher. Ich schau ihn mir mal an. Aber ich habe wie gesagt überhaupt keine Erfahrung mit …»
    «Ja, ja.»
     
    «Um Himmels willen!», schrie Doktor Rosenberg los. «Was haben Sie denn mit dem armen Tier gemacht?»
    «Gar nichts», sagte Britt. «Das muss über Nacht passiert sein. Gestern Abend war er noch putzmunter.»
    «Er atmet ja kaum noch.»
    «Deswegen habe ich ihn ja auch fünf Kilometer weit zu Ihnen geschleift.»
    «Ich habe aber geholfen», sagte die Moni.
    «Du bist vor uns hergelaufen», sagte Britt.
    «Irgendjemand musste dir ja zeigen, wo es langgeht.» Die Moni hoffte, dass Britt die Anspielung begreifen würde, aber Britt war viel zu sehr damit beschäftigt, Emil noch weiter in den Behandlungsraum zu ziehen.
    «Er wird gleich explodieren», sagte Doktor Rosenberg. «Seht ihr denn nicht, wie aufgedunsen er ist?»
    «Wie ein gestrandeter Wal?», fragte Britt. «Das wäre aber ganz schön ekelhaft.»
    Emil röchelte.
    Britts iPhone klingelte. Das musste Nana sein.
    «Hier sind eigentlich keine Mobiltelefone erlaubt», sagte Doktor Rosenberg unwirsch und ging zum Waschbecken, um sich Einweghandschuhe überzustreifen.
    «Ich bin es, deine Tante Dora!», schrie Tante Dora, und Britt schloss die Augen. «Irgendwie hatte ich gerade so ein ungutes Gefühl. Geht’s denn meinen kleinen Rackern gut? Was macht mein Goldschatz, mein Emil?»
    «Er schläft», sagte Britt.
    «Emil schläft? Er schläft nie!», rief Dora.
    Emil röchelte lauter.
    «Was ist das für ein Geräusch?», fragte Dora argwöhnisch.
    «Das bin ich», sagte Britt. «Ich habe … Verdauungsprobleme.»
    «Hoffentlich nicht vom Kartoffelsalat. Den hatte ich frisch zubereitet», regte die Tante sich auf.
    «Nein, es liegt an der Luft», sagte Britt. «An der Umstellung. In München haben wir ja immer Föhn.»
    «Lass deine Haare ruhig an der Luft trocknen, das ist viel gesünder. Also geht es allen gut?»
    «Ja, bestens.»
    Doktor Rosenberg und zwei seiner Sprechstundenhilfen wuchteten Emil gerade auf eine Tragbahre.
    «Warst du schon im ‹Schober›?»
    «Nein, wann denn? Du bist doch erst seit gestern weg.»
    «Na und? Du hättest doch ausgehen können. Du musst doch unter junge Menschen. Ich bin übrigens gerade in einer sehr schönen Stadt. Leider weiß ich nicht, in welcher. Gibt es gar nicht. Also die Stadt gibt es schon, aber ich weiß nicht, wie sie heißt. Ist ja auch unwichtig. Ein pulsierendes Leben, sage ich dir. Hier ist einfach alles anders. Und hier sind ganz viele Leute, aber sie sprechen komisch. Soll ich dir Stützstrümpfe mitbringen? Hier ist ein flotter Laden, die geben Prozente, wenn man mehrere Paare kauft.»
    «Du musst doch wissen, wo du bist?», sagte Britt fragend.
    «Sag du mir nicht, was ich muss. Ich muss gar nichts. Ich bin ein freier Mensch. Ich fühle mich jedenfalls frei. Also, was ist jetzt mit den Stützstrümpfen?»
    Britt bekam es langsam mit der Angst zu tun. Nicht dass sich Tante Dora in Kuba befand und sich der Gehirnwäsche irgendwelcher Freiheitskämpfer unterzogen hatte. Che Guevaras gab es schließlich überall. Tante Dora würde es sogar noch fertigbringen, seelenruhig mit Fidel Castro auf seiner Veranda Zigarren zu rauchen, während sie, Britt, so richtig tief in der Scheiße steckte.
    «Wohin geht es denn als Nächstes?»
    «Da muss ich in meinen Reiseunterlagen nachschauen. Aber bis morgen bleibe ich bestimmt noch.»
    «Nicht länger?»
    «Weiß ich

Weitere Kostenlose Bücher