Ausgeliebt
am Wochenende mal spielen. Ich reserviere einen Platz und hole dich ab.«
Sie schrieb es sich in den Kalender, klappte ihn zufrieden zu und aß den Keks.
|105| Jetzt saßen wir frisch geduscht und gefönt in der Kneipe, die zu dem Sportzentrum gehörte.
Durch die getönten Glasscheiben konnte man die unter uns liegenden Squashplätze sehen.
Nina runzelte die Stirn und sah runter. »O Gott, die konnten alle sehen, wie ich mich abgequält habe.«
Mein Blick fiel auf zwei junge Mädchen, höchstens zwanzig, mindestens zehn Kilogramm Übergewicht. Sie bewegten sich ungelenk
und langsam, anscheinend war es ihre erste Squashstunde.
»Dann guck dir die beiden mal an. Halb so alt wie wir und noch nie Sport gemacht.«
Nina folgte meinem Blick.
»Mein Gott, so junge Hühner und so unbeweglich. Da sehen wir wirklich deutlich besser aus.«
Mein Arm zitterte vor Überanstrengung, so dass ich das Bierglas mit zwei Händen halten musste.
Nina beobachtete mich und freute sich.
»Da bin ich froh, dass nicht nur ich so platt bin. Aber im Ernst, können wir das nicht öfter machen? Ich fand das wirklich
gut.«
Ich trank und stellte das Glas wieder ab.
Während unseres Spiels waren bei mir nur wenige Erinnerungen hochgekommen. Das hatte ich mir schlimmer vorgestellt.
»Von mir aus gerne. Mir hat es auch gut getan.«
Ein paar Minuten lang beobachteten wir zwei Männer, die auf einem der Plätze unglaublich schnelle Ballwechsel spielten. Als
sie eine Pause machten, wandte sich Nina wieder mir zu.
»Hast du dich schon an das Großstadtleben gewöhnt?«
»So langsam komme ich rein.«
Ich hatte keine große Lust, ihr von meinen düsteren Anfängen zu erzählen. Zumal es immer noch Schatten gab, die manchmal auftauchten.
Sie schien so selbstbewusst und sicher.
Ihre Frage kam unvermittelt. »Hast du eigentlich einen Freund?«
|106| Ich sah sie erstaunt an. »Ich bin gerade mal ein halbes Jahr getrennt. Das könnte ich mir im Moment überhaupt nicht vorstellen.«
Die beiden Männer hatten ihr Spiel wieder aufgenommen. Sie schlugen die Bälle mit Kraft und beeindruckendem Tempo. Ich fand
ihre Technik sensationell, hielt bei einem besonders schwierigen Ballwechsel die Luft an. Der Gewinner des Punktes reckte
die Faust in die Höhe.
Auch Nina sah fasziniert zu.
Ich holte wieder Luft.
»Die sind ja super. So was habe ich selten gesehen.«
Ninas Gesichtsausdruck war nicht zu deuten.
Das Spiel ging weiter. Nina sagte etwas, das zu leise war, um es zu verstehen. Ich fragte nach.
»Ich sagte, die sind bestimmt verheiratet.«
Ich war irritiert. »Wer?«
Ihr Blick war ernst. »Na, die beiden Supertypen. Solche Männer sind immer verheiratet. Das kannst du vergessen.«
»Ich finde das
Spiel
super, nicht die Typen.«
Nina hob die Augenbrauen. »Ach so, das habe ich falsch verstanden. Ja, ja, die spielen schon ganz gut. Wollen wir zahlen oder
willst du noch was trinken?«
»Lass uns gehen. Ich habe irgendwie Hunger.«
Nina überlegte kurz. »Pass auf, dann fahren wir jetzt zu mir, ich zeige dir, wo ich wohne, du kannst Edda kennen lernen, das
ist mein Hund, und dann gehen wir zu meinem Italiener um die Ecke, der ist ziemlich gut. Hast du Lust?«
Ich hatte.
Nina wohnte in Altona in einem Loft, das hatte sie mir mal erzählt. Als wir den Hinterhof durchquerten, der zu ihrer Wohnung
führte, beeindruckte mich schon das alte Fabrikgebäude von außen. Hohe Fenster, üppig bepflanzte Kübel und Balkonkästen, viel
Glas und alte Steine. Die Wohnung gab mir den Rest.
|107| Nina wies mit einer Handbewegung auf eine Sitzecke und ging nach oben.
Ich kannte solche Wohnungen nur aus dem Fernsehen. Im letzten Tatort wurde ein berühmter Filmstar verdächtigt, den Mord begangen
zu haben. Die Ermittlungen fanden in einem ähnlichen Ambiente statt.
Etwa 150 Quadratmeter verteilten sich auf zwei Ebenen. Die Küche war offen, ich erkannte den Designer. In das Badezimmer hätte mein
Wohnzimmer gepasst.
Ich merkte, dass mein Mund offen stand.
Inzwischen war Nina in Begleitung eines freundlich aussehenden Schäferhundes zurück, der etwas im Maul trug. »Darf ich vorstellen?
Christine, das ist Edda, Edda, das ist Christine.«
Der Hund legte seinen Kopf schief und gab ein fiependes Geräusch von sich.
Ich streichelte seinen Kopf. »Angenehm, Edda, was hast du denn im Maul.«
Nina schob meine Hand weg. »Christine, nimm ihr das bloß nicht weg, das ist der Schalldämpfer.«
»Was?«
Edda fiepte und
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