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Ausgeliebt

Titel: Ausgeliebt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dora Heldt
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zu kommen.
    Fast hätte es geklappt.
    Aber Edith verhinderte es. »
Du bist kein Kind mehr und du vermisst Richard jetzt schon. Dabei wirst du ihn jetzt drei Wochen lang nicht sehen

    Die traurige Welle wurde größer.
    Mein Handy rettete meine bröckelnde Selbstbeherrschung. Ich drückte auf die grüne Taste und Dorotheas Stimme schallte durch
     die Freisprechanlage.
    »Ich bin’s. Wo steckst du gerade?«
    »Ich bin ziemlich genau zwischen Bremen und Hamburg, auf dem Weg nach Sylt.«
    »Ach ja, du fährst ja heute hoch, wieso Bremen, ach, warst du noch bei Richard?«
    Ich hatte Dorothea vor vier Wochen von ihm erzählt. Dorothea liebte Liebesgeschichten, sie war begeistert, hatte ähnlich wie
     Marleen reagiert und alle Bedenken beiseite gewischt. »Das Leben ist zu kurz, um schlecht zu lieben, genieß es.«
    »Ja, ich war noch bei Richard, das letzte Mal für die nächsten drei Wochen.«
    Die Sehnsucht stieg wieder hoch.
    |200| Dorothea lachte. »Ach, komm, du hast doch kaum Zeit, ihn zu vermissen. Wenn du von Sylt zurückkommst, findet bei Luise die
     Zwischen-den-Jahren-Party statt, dann ist Silvester, danach müssen wir die diversen Gutscheine für Sauna, Kosmetik und Kino
     verbraten, die ich jedes Jahr von meiner Mutter zu Weihnachten geschenkt kriege. Glaub mir, wir kriegen richtig Stress, da
     kannst du gar nicht dauernd nach Bremen fahren.«
    Ich schluckte.
    Bevor ich etwas sagen konnte, redete Dorothea weiter. »Das wird schön, ich habe auch noch bis zum 10.   Januar frei, wir haben uns in der letzten Zeit viel zu wenig gesehen. Immer nur Richard. War ein Scherz. Außerdem wird er
     dich auch vermissen, da bist du nicht allein. Und man freut sich aufeinander, hat doch was, nie Gezecke, kein Alltag, nur
     Champagner, Sex und Herzklopfen.«
    Dorotheas Zuversicht füllte das ganze Auto aus.
    Meine Stimmung wurde leichter. »War Nils bei dir?«
    Dorothea seufzte zufrieden, bevor sie sagte: »Ja, fünf Tage, es war gottvoll, aber ehrlich gesagt, ich bin auch froh, dass
     er jetzt wieder weg ist. Überall sein Zeug in meiner Wohnung, ich bin diese Enge nicht gewöhnt.«
    Dorothea hatte eine Fünf-Zimmer-Wohnung. Ich fing an zu lachen.
    »Du Ärmste. Dann hast du jetzt ja wieder freie Bahn für deine Macken. Ich wünsche dir fröhliche Weihnachten, und grüß deine
     Sippe.«
    »Schätzchen, das wünsche ich dir auch. Fahr vorsichtig, küsse alle Weihnachtsmänner, und ich freue mich auf nächste Woche,
     bis dann, tschüs, tschüs.«
    Ich drückte den Knopf der Freisprechanlage, das Radio setzte wieder ein.
    ›Last Christmas‹ – ich hörte dieses Lied seit bestimmt zwanzig Jahren, jedes Jahr auf dem Weg nach Sylt.
     
    |201| In der nächsten Stunde hing ich meinen Gedanken nach. Über Richard, über Paare, über Liebe, über Weihnachten. Ich hatte den
     Elbtunnel durchquert, als Luise anrief.
    »Hallo, Christine, bist du schon auf der Insel?«
    »Luise! Nein, ich bin noch auf dem Weg. Und du?«
    »Ich bin zu Hause, komme gerade vom Einkaufen, habe das erste Mal in meinem Leben alleine einen Tannenbaum gekauft und hier
     hochgeschleppt. Ich bin ganz stolz.«
    Ich sah ihre schmale Gestalt vor mir. Dann machte mich der Baum stutzig.
    »Ich dachte, du fährst zu deinem Vater nach Berlin? Bist du jetzt allein zu Hause?«
    In ihrer Stimme war ein Lächeln. »Eigentlich rufe ich dich nur an, um es dir zu erzählen. Nein, ich habe Berlin abgesagt.
     Ich habe mich vor zwei Wochen mit Alex getroffen. Es war unglaublich schön, er kommt heute Abend und bleibt bis Neujahr. Du
     wirst ihn dann nächste Woche kennen lernen.«
    »Luise, das ist doch wunderbar. Geht es dir gut dabei?«
    »Mir geht es so gut wie seit Jahren nicht. Alles Weitere erzähle ich dir nächste Woche, ich muß jetzt anfangen zu kochen.
     Wir sehen uns dann am Freitag bei mir, ich freue mich. Ach ja, frohe Weihnachten.«
    »Das wünsche ich dir auch, ganz schöne Tage, bis nächste Woche.«
    Als ich auflegte, freute ich mich für Luise und hatte wieder Sehnsucht nach Richard.
    Mein Blick fiel auf die Tankuhr. An der nächsten Raststätte musste ich anhalten. Mittlerweile war ich schon an Schleswig vorbei.
     Als ich das Hinweisschild »Hüttener Berge« entdeckte, setzte ich den Blinker und ordnete mich ein.
    Vor den Zapfsäulen hatte sich eine Schlange gebildet. Es war die letzte Tankstelle vor der dänischen Grenze, ich reihte mich
     etwas genervt ein, es nützte ja nichts.
    Drei Autos waren vor mir, ich stellte den Motor aus und ließ die

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