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Ausgeliehen

Ausgeliehen

Titel: Ausgeliehen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rebecca Makkai
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gedacht, als Ian noch bei mir war, wir hätten unendlich viel Geld haben können. Aber ich konnte mir das nicht wünschen, nicht jetzt, da das Glücksgefühl mich überlief wie ein heißer Schauer. Ich bestellte noch ein Clubsandwich und Pommes, um nicht eine Zwei-Dollar-Rechnung mit einer Platinkarte bezahlen zu müssen. Als das Sandwich kam, stellte ich fest, dass ich ausgehungert war, und aß so hastig, dass ich mir mit dem Zahnstocher, der alles zusammenhielt, in die Lippe stach.
    Ich bezahlte und sah zu, wie die Kellnerin mit dem schwarzen Plastikheft davonging, aus dem der Silberstreifen von der Karte meines Vaters ragte. Ich erkannte, dass dies hier keine Geschichte der Unabhängigkeit und der Abhärtung war, keine, die mit einem Sturz in den Fluss, mit der Kartoffel im Auspuffrohr und Iljas Flucht zur rumänischen Grenze vergleichbar wäre. Das hier glich eher Anja Labaznikows pathetischer, von Drogen angeheizter Flucht nach London. Ich war verwöhnt. Ich war zu spät geboren, an einem viel zu komfortablen Ort. Da saß ich mit meinem Kaffee und meiner Platinkarte, meine Eltern waren über Kurzwahl schnell erreichbar. Ich nahm das Handy und rief sie an. War jetzt auch egal.
    Als ich meinem Vater mitteilte, ich würde gern eine oder zwei Wochen bei ihnen bleiben, sagte er: »Du hast also endlich eingesehen, dass Hannibal nichts taugt! In Chicago wird man deine Talente eher würdigen. Benutzt du die Kreditkarte, ja? Kauf dir ein Flugticket.«
    Ich wollte aber kein Ticket mit meinem Namen, und sosehr ich das Auto zu diesem Zeitpunkt hasste, es würde mir nichts ausmachen, schweigend aus dem Fenster zu schauen. Die Fahrt dauerte ja auch nur zwei Tage. Unterwegs würde ich anhalten und der Stadtbibliothek von Lynton die Bücher zurückgeben, wie es sich für einen ordentlichen Bürger gehörte.
    Ich sagte: »Dieser Kerl Alexej war echt eine heiße Nummer.«
    »Aha! Ja, er ist sehr gut ! Ich habe ihn nie getroffen, aber er ruft mich jeden Tag an, um mir Bericht zu erstatten. Er meint, dass du sehr schön bist, und wenn du jemals in Pittsburgh sein solltest, würde er sich gern mit dir verabreden.«
    »Paps, er hat mich zu Tode erschreckt. Du hättest mich warnen können.«
    »Du solltest es nicht merken! Er war früher beim KGB , aber er ist kein schlechter Mensch. Er ist ein famoser Kerl. Aus Moldawien, sehr gescheit. Aber die Jungs vom KGB finden keine Arbeit. Putin kann nur wenige von ihnen behalten, sonst macht das einen schlechten Eindruck. Und kein anderer will etwas mit ihnen zu tun haben. Also bekommt man hier, in den USA , erstklassige KGB -Agenten für wenig Geld!«
    »Wie hast du es herausbekommen?«, fragte ich und wusste dabei noch immer nicht, was er wirklich herausbekommen hatte.
    »Tja, also, du bist sechsundzwanzig Jahre alt. Diese Janna Glass von der Chicago Latin müsste ebenfalls sechsundzwanzig sein. Und da ist ein zehnjähriger Junge. Das ist unmöglich. In den Talkshows gibt es jede Menge schwangerer Teenager, aber deine Mutter hat gesagt, wieso hat sie uns nie etwas von einer schwangeren Mitschülerin erzählt? Da habe ich gedacht, sie hat recht, denn, was immer in deine Schule passiert ist, deine Mutter hat es gewusst. Deine Mutter ist der Stadtschreier von Chicago. Sie ist wie der Friseursalon, aus dem der ganze Klatsch kommt. Und wenn deine Mutter nichts von dieser schwangeren Janna Glass gewusst hat, dann hat es sie nie gegeben. Also hat sie sich die Mühe gemacht, die Wahrheit herauszufinden. Sie hat im Schulbüro angerufen und erfahren, dass deine Freundin Janna Glass in Prag lebt.«
    »Und dann hast du die Labaznikows angerufen.«
    »Ja. Ich habe Leo gebeten, Bescheid zu sagen, was mit dir los ist. Er hat angerufen und gesagt, dass du den Jungen noch immer bei dir hast, und ich habe gesagt, okay, was kannst du für uns tun?«
    Ich schaute mich in der Imbissbar um. Zwei Jungen spielten mit ihrem Vater Karten, eine Frau las ein Buch mit einem deutschen Titel. Alle sahen glücklich und ruhig aus. Ich versuchte, ebenfalls glücklich und ruhig zu sein, und sagte: »Hat sonst jemand für mich angerufen?«
    »Nein, nein. Hier ist die Idee: Wenn du in irgendwelchen Schwierigkeiten steckst, können wir einen Beleg drucken, der bestätigt, dass du mit uns in Argentinien warst. Erinnerst du dich an meinen Freund Stepan vom Reisebüro? Er kann das machen. Er kann Quittungen, Tickets und sogar Gepäckausgabezettel und so weiter ausstellen. Er kommt nicht mehr in den Computer von United Airlines

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