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Ausgeliehen

Ausgeliehen

Titel: Ausgeliehen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rebecca Makkai
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die Bühne führen, und nach drei Stufen stand Glenn vor mir und grinste. Die Vorderseite seines Smokings war mit weißen Fusseln bedeckt.
    »Versuchst du zu fliehen«, fragte er, »oder suchst du mich?«
    »Ich suche den Alkohol«, sagte Daisy Buchanan.
    Während der Party blieb er ständig bei mir, machte sich über sich selbst lustig und erzählte mir die Geschichte, wie er mit acht Jahren versucht hatte, den größten Golfplatz der Welt zu bauen. Ich fand ihn sehr charmant, obwohl das daran liegen mochte, dass ich mich nicht erinnern konnte, in der letzten Zeit ein Date gehabt zu haben, das nicht Rocky und eine Hitchcock-Retrospektive involviert hätte.
    Ich lehnte in einer Ecke, wo wir von den anderen Gästen in Ruhe gelassen wurden, und erzählte ihm die Geschichte von meinem beschnittenen Namen und von meiner Wohnung und versuchte die Fotoaktion des vorigen Abends zu beschreiben. »Kapier ich nicht«, sagte er.
    Nach dem vierten Glas Wein erzählte ich ihm, dass ich die Theateraufführungen hören konnte, wenn das Fenster offen war, und er sagte, das nehme er mir nicht ab, er müsse es selbst hören. Und obwohl ich es als einen Vorwand erkannte, noch dazu einen ziemlich billigen, sagte ich, klar, er könne sich selbst überzeugen. Es war erst kurz nach sieben Uhr abends, und Wanja begann um acht. Als wir das Gebäude erreichten, bestand er darauf, den alten Aufzug zu nehmen, weil er lustig aussah mit der schmiedeeisernen Tür und dem Schild »Letzte Inspektion am …«, das Tim mit einem »Ich bremse auch für Hunde«-Sticker überklebt hatte. Er lachte, als er meine Bücherstapel sah, und wir schleppten Stühle zum offenen Fenster und beobachteten die Menschen, die von den Restaurants auf der anderen Straßenseite kommend langsam im Theater eintrudelten. Das Stimmengewirr aus dem Foyer drang bis zu uns herauf, und dann konnten wir tatsächlich hören, wie die Menschen langsam unter meinem Wohnzimmer und meiner Küche und meinem Schlafzimmer ihre Plätze einnahmen. Die Sitze knarrten, als sie ihre vom Abendessen schweren Körper auf die alten Sprungfedern sinken ließen.
    An irgendeinem Abend im letzten Sommer war ich mir sicher gewesen, von unten Ians Stimme zu hören. Es war ein Samstag, ich hatte einen langen Tag mit ihm hinter mir – er war von morgens um neun bis nachmittags um vier in der Bibliothek gewesen – und ich hatte seine Stimme noch im Kopf. Aber es war dann doch nur eine Frau, die ihren Freunden etwas von einem indischen Restaurant auf der anderen Straßenseite erzählte. Ich erinnere mich, dass ich mir wünschte – sogar damals, vor all diesen Ereignissen –, Ian wäre da, in der ersten Reihe oder hinter der Bühne, und könnte Shakespeare sehen und sich verlieben und die Welt würde sich für ihn öffnen. Ich konnte ihm zwar ein Buch in die Hand drücken, aber ich konnte ihn nicht an den Knöcheln packen und mit dem Kopf voraus in eine andere Welt eintauchen lassen. Irgendwie hatte ich schon damals gewusst, dass er das brauchte.
    Glenn und ich saßen fast den ganzen ersten Akt da und lauschten den verschiedenen und zumeist verständlichen Stimmen. Er rauchte drei Zigaretten und lächelte mich ununterbrochen an. Ich lehnte meinen Kopf an seine Schulter, schläfrig vom Wein.
    Als Glenn auf die Toilette wollte, musste ich ihn stoppen. »Es ist peinlich«, sagte ich, »aber du kannst während der Aufführung nicht die Spülung benutzen.« Er lachte und ging weiter. »Nein, ich meine es ernst. Die Abflussrohre verlaufen genau oberhalb der Bühne. Du kannst gehen , wenn du musst, aber du kannst nicht spülen. Gegen elf sind sie meistens fertig.«
    »Machst du Witze?«
    »Nein, es gibt einen Zeitplan in der Toilette. Tim druckt einen für mich und einen für seinen Partner Lenny.«
    »Ist das legal, so etwas von dir zu verlangen?«
    »Das weiß ich nicht, aber ich bezahle auch nur dreihundert Dollar Miete, deshalb macht es mir nichts aus.«
    »Aber ich kann die Spülung am Morgen ziehen, stimmt’s?«, fragte er.
    »Das ist ziemlich anmaßend.«
    Doch das war es eigentlich nicht, er roch gut und hatte wunderschöne Wimpern, und später zeigte er mir, dass seine Unterarme kräftiger waren als die Muskeln an den Oberarmen, das kam vom Klavierspielen, und, die Wahrheit muss gesagt werden, Meister Proper ist ein bisschen schmutzig.

8
    Beweisstück Nummer zwei: Die
Klappbetten (oder: Wenn du einer
Bibliothekarin einen Schrank gibst)
    Wenn du einer Bibliothekarin einen Schrank gibst, wird sie

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