Ausgeliehen
ihn wahrscheinlich mit Ramsch füllen.
Wenn sie ihn mit Ramsch füllt, werden darunter Bücher sein, die restauriert werden müssen.
Wenn Bücher ein Teil des Ramsches sind und der Schrank ohnehin in der hintersten Ecke eines Raumes steht, wird sie dort noch mehr Bücher verstecken, Bücher, die sie für Schund hält, wie die Stormy-Sisters- Reihe, Bücher, von denen ihre Chefin aber glaubt, die Bibliothek solle diese Bücher führen.
Wenn sie dort Schundliteratur versteckt, wird sie es nicht eilig haben, den Schrank aufzuräumen, weil sie dann kein Versteck mehr hätte.
Wenn sie den Schrank zehn Monate lang nicht aufräumt, wird sie alles tun, um das Chaos vor ihrer alkoholkranken und launischen Chefin zu verstecken.
Wenn sie das Chaos vor ihrer Chefin verstecken will, wird sie in den vorderen Teil des Schranks die Klappbetten stopfen, die man um 1996, als die Bibliothek für kurze Zeit eine Kindertagesstätte war, für den Mittagsschlaf der Kleinen benutzt hatte.
Wenn sie den Schrank mit Klappbetten vollstopft, werden sie dort bleiben, bis ein gewisser Junge sie in einer schicksalhaften Nacht entfernt – aber bis zu jener Nacht wird der Schrank noch über Monate hinweg vor sich hin dämmern.
Wenn der Schrank ungeöffnet monatelang vor sich hin dämmert, wird die Bibliothekarin die Schranktür vermutlich mit Cartoons und Postern dekorieren, in dem Versuch, ihre Kollegen von dem Gedanken abzuhalten, sie könnten den Schrank vielleicht öffnen.
Wenn eine Bibliothekarin die Tür eines Schrankes dekoriert, wird sie den Cartoon »Conan, der Bibliothekar« nehmen, oder einen großen Sticker mit der Aufschrift: »Die Welt ist hier ruhig«, ein Poster von Kekse für die Maus im Haus , ein Erste-Hilfe-Plakat und eine Serviette von einem Buchladen-Café mit einem Autogramm von Michael Chabon.
Wenn sie diese Dinge dort hängen hat, wird ihre Chefin fragen: »Was zum Teufel soll das heißen, ›Die Welt ist hier ruhig‹? Ist das politisch?« Ihre Chefin wird auch fragen: »Du hast doch keine Bücher von Michael Chabon in der Kinderbuchabteilung, oder?« Aber ihre Chefin wird, von diesen Dingen abgelenkt, nie auf die Idee kommen, die Tür aufzumachen.
Wenn ihre Chefin die Tür nie aufschließt, wird sie vergessen, dass sie der Bibliothekarin einen Schrank gegeben hat und wird ihr am Ende des Jahres einen zweiten Schrank anbieten.
Wenn sie der Bibliothekarin einen zweiten Schrank gibt, wird diese ihn wahrscheinlich mit Ramsch füllen.
9
Der Vorläufer
»Das macht mich fertig«, sagte ich.
Rocky und ich waren zu einer Kinovorstellung von Ist das Leben nicht schön? gegangen , als hätten wir es nicht auch im Fernsehen anschauen können, und jetzt saßen wir im Pasta-Palast, an einem Ecktisch. Rocky rollte mit seiner Gabel die Fettuccine Alfredo zu einem großen, fettigen Knäuel. »Das ist nicht dein Problem«, sagte er. »Es handelt sich hier nicht um Missbrauch, und er hat dich nicht um Hilfe gebeten, du kennst die Leute noch nicht mal. Du solltest über etwas anderes nachdenken.«
»Weißt du, wie es auf diesen Webseiten genannt wird? ›Gleichgeschlechtliches Attraktions -Syndrom ‹, als handle es sich um ein Leiden, und wenn du dich nicht unterkriegen lässt, bist du nicht schwul. Sie sagen, dass jemand dieses Syndrom ›hat‹, wie man sagt, dass jemand eine Legasthenie oder sonst was hat.«
»Das ist Blödsinn, aber dafür bist du nicht zuständig.«
»Es könnte sein, dass ich die einzige Person bin, die davon etwas weiß«, sagte ich. Ich überlegte, ob ich die gabelstichähnlichen Male auf Ians Stirn erwähnen sollte, aber ich wusste, dass Rocky nur mit den Augen rollen würde.
Wie so oft sprach er mit vollem Mund: »Du bist noch nicht einmal seine Lehrerin.«
»Tut mir leid. Ich werde den Mund halten.« Aber ich würde nicht aufhören, mir darüber Gedanken zu machen. »Ich kann deine Fettuccine sehen, wenn du sprichst.«
Rocky wischte seinen Mund ab und lächelte. » Ich kann deine Fettuccine sehen. Von Dr. Seuss.«
Wir fanden diese Art, wie er das, was ich sagte, in Titel von Bilderbüchern verwandelte, aus irgendeinem Grund sehr witzig. Zu viel Tequila von Margaret Wise Brown. Die sehr offensichtliche Nasenoperation von Eric Carle. Er sagte die Titel im Ton eines Vaters, der seine Tochter in die klassische Kinderliteratur einführt.
»Worüber sollen wir uns also jetzt unterhalten?«, fragte ich. Normalerweise diskutierten wir über den Film, aber Ist das Leben nicht schön? ging mir
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