Ausgeliehen
phantastische Party, die eigentlich eine Schnitzeljagd war. Aber mein Vater sagte, dieses Jahr sollen es nur Jungen sein oder halb und halb. Aber kein Mensch macht mehr Halb-und-halb-Partys. Alle machen Schlafanzugpartys, und darauf habe ich keine Lust. Deshalb hat mein Vater gesagt, dass ich gar keine Party machen darf, und ich sagte, okay, und dann fragte ich, ob ich stattdessen meine Freunde von der Religionsklasse einladen dürfe, und er sagte, auf keinen Fall, und ich verstand nicht, warum. Dann sagte er, ich wäre sowieso zu alt für Geburtstagsfeiern und ich soll lieber mein Taschengeld sparen und mir dafür etwas kaufen.«
Ian sah traurig aus – regelrecht am Boden zerstört –, und ich hatte den Eindruck, dass die Verletzung nicht neu war. Es waren noch vier Monate bis zu seinem Geburtstag, aber er hatte ihn bereits seit einiger Zeit immer wieder erwähnt. Ich hatte die ganze Zeit versucht, unverbindlich zu bleiben, die neutrale und freundliche Bibliothekarin – wie ein Therapeut, der nur dasitzt und nickt. Aber in diesem Fall musste ich Stellung beziehen. Ich sagte: »Ian, das klingt ungerecht. Ich glaube nicht, dass das fair ist.«
Er lächelte mich an, schaute über seine Schulter, um sich zu vergewissern, dass Sonja nicht die Treppe herunterkam, und nahm einen Irland-Keks. Ich nahm auch einen, obwohl mir der erste Keks mehr oder weniger noch im Hals steckte.
Was ich gebraucht hätte, war ein passender Roman, den ich ihm hätte in die Hand drücken können und der ihn fünfzigtausend Kilometer hätte fortfliegen lassen, fort von seiner Mutter und Pastor Bob Lawson und Hannibal, Missouri. Stattdessen sagte ich: »Diese Kekse sind fabelhaft.«
11
Kürbiskopf
Tim, der künstlerische Leiter des Theaters, lehnte vor seiner Wohnung an der Wand, und seine Augen waren feucht und glücklich. Ich kam früh von Glenn zurück, hatte mich mit Arbeit am nächsten Morgen herausgeredet.
Tim küsste mich auf die Wange: »Lucy, die Bibliothekarin! Ich bin vollkommen betrunken! Wir feiern eine Party anlässlich der Rede zur Lage der Nation! Ich besorge die Kostüme! Komm, hilf mir!« Er setzte sich auf den Boden, um seine Schuhe zuzuschnüren. In seiner Wohnung lachten Menschen, und es klang, als würden sie Teller zerdeppern.
Als wir uns auf den Weg zum Fundus machten, sagte ich: »Tim, ich muss dich etwas fragen.«
Tim schloss die Tür auf und zog an der Kette, die von der nackten Glühbirne an der Decke hing. Das war der Raum, in dem ich meine Wäsche wusch, und einmal hatte ich laut aufgeschrien, weil ich dachte, auf dem Tisch säße ein Tier, aber es war nur eine Perücke gewesen. Der Raum war sorgfältig aufgeräumt, mit Reihen von Körben, die Plastiketiketten trugen: »Glitzerzeug«, »Hüte«, »Militär«, »Strumpfhosen«, »Frauenschuhe 40–43«, »Gummibänder«. Die Wände waren mit Plakaten von alten Vorstellungen dekoriert, und ein riesiger Bockskopf mit einem Strohhut hing an einem Horn herab.
»Ja, eine Frage«, rief er. »Dann los, frag!« Er zog einen großen Karton unter einem Tisch in der Mitte des Raumes hervor und wühlte darin herum.
»Okay«, sagte ich. »Welches Buch würdest du einem zehnjährigen Jungen empfehlen, der eine indirekte Unterstützung braucht, weil er vielleicht ein Problem mit seiner Sexualität hat, oder auch nicht?«
»Oh.« Er zog einen roten Bademantel aus dem Wäschekorb und warf ihn auf die uralte, avocadogrüne Nähmaschine in der Ecke. »Es gibt jede Menge guter Bücher heutzutage, aber die meisten sind für ältere Kinder. Ist er ein guter Leser? Such ein paar Kostüme raus, egal was. Es sind ungefähr fünfundsechzig Leute auf der Party, ich schwöre, ich habe nicht gewusst, dass Lenny Freunde hat.«
Ich nahm den Hütekorb vom Regal. Ganz oben lag ein Abe-Lincoln-Hut, von dem ich annahm, er sei geeignet. Ich nahm ihn heraus und legte ihn auf den Tisch. »Das Problem ist, das Buch muss unverfänglich sein. Seine Eltern würden einen Anfall bekommen, wenn ich ihm Komm ans andere Ufer, Bobby geben würde . «
»Ein wunderbares Buch, wenn ich mich recht erinnere.« Er hängte sich bergeweise Kittelschürzen über die Schultern, wenigstens sah es so aus. »Ernsthaft, ich habe eine Antwort auf deine Frage.« Er deutete mit dem Finger auf mich und zwinkerte. » Das hässliche Entlein . Das ist es, was du suchst.«
»Nein«, sagte ich. »Der Junge ist zehn. Und gescheit. Er wird mich auslachen.«
»Okay, dann ist das, was du brauchst, die Oz- Reihe. Die
Weitere Kostenlose Bücher