Ausgeliehen
ganze Reihe, nicht nur das erste Buch.« Ich wollte ihm zustimmen, aber er hörte nicht auf zu reden. »Denn bei Oz geht es um Folgendes.« Er kippte den ganzen Korb mit »Glitzerzeug« auf den Tisch, dann schaufelte er alles zurück. Er drückte mir den Korb in die Arme und legte den Lincoln-Hut oben auf den Haufen. »Du weißt doch, dass darauf der fanatische Schwulenkult folgte, stimmt’s? Und das hat nur zum Teil mit Judy Garland zu tun.« Er grabschte zwei glänzende, elisabethanisch wirkende Umhänge vom Kleiderständer, nahm den roten Bademantel und machte die Tür auf. »Zwei Dinge: Erstens gibt es in der ganzen Reihe keine richtigen Liebesgeschichten. Kapierst du? Es gibt nur diese absurden. Also ist das ganze Reich frei von Hetero-Liebe. Und es gibt sogar einen Jungen, der sich in ein Mädchen verwandelt. Ganz einfach so, schwups.«
»Das stimmt, Ozma«, sagte ich.
»Und zweitens sind alle seltsam , aber sie werden vollkommen akzeptiert.« Wir gingen die schmale Treppe hinauf. »So nach dem Motto, alles klar, du hast also einen Kürbiskopf, und dieser Mann da ist aus Blech, und du bist ein sprechendes Huhn, aber was soll’s, lasst uns ein bisschen mit dem Auto rumfahren.«
Lenny kam in der Diele auf uns zu, er war genauso betrunken wie Tim. Er schnappte sich die Kleider von Tims Schulter, schrie »Kostüme!« und warf alles in die Wohnung. Die Gäste begannen schon, sie über ihre Kleidung zu ziehen, als wir durch die Tür kamen. Beth Hopkins, die rothaarige Schauspielerin, deren Fotos ich mitgeholfen hatte zu schänden, rannte herum, griff nach dem Korb mit dem Glitzerzeug in meinen Händen und fing an, glänzende Haarbänder, Schals und Ohrringe durch das Zimmer zu schleudern.
Tim rief: »Alle herhören, das ist Lucy! Wir lieben Lucy, sie erduldet alles!«
Beth drehte sich um und packte mich an der Schulter. »Du warst eine phantastische Braut! Eine wunderschöne Braut!«
Ich lachte. »Wie lange hast du gebraucht, alles herauszufinden?«
»Oh, meine Güte, vielleicht zwei Wochen! Wirklich!«
Am Schluss war ich mehr Zuschauer auf der Party, als dass ich daran teilnahm. Irgendwann landete der Lincoln-Hut auf meinem Kopf, und ich setzte mich mit einem Bier, das ich von Lenny bekommen hatte, auf das Zweiersofa. Die meisten Männer hatten sich als republikanische Hausfrauen verkleidet. Einige der Frauen hingen als Prostituierte herum, andere stellten verschiedene Figuren von Shakespeare dar, und Tim, im Bademantel, lümmelte sich in einem großen Sessel und rief rassistische Sprüche in den Raum. Lenny machte den Fernseher an, als der Präsident das Podium betrat und die weißhaarigen Männer hinter ihm aufstanden, um zu applaudieren. Der Sinn der Party schien darin zu bestehen, auf die Rede des Präsidenten auf die Art zu reagieren, die zu der jeweiligen Verkleidung passte. Lenny, in eine elisabethanische Tunika gekleidet, stieß jedes Mal, wenn das Raumfahrtprogramm erwähnt wurde, einen Schrei aus und bekreuzigte sich. Die meiste Zeit brüllten Tim und die republikanischen Hausfrauen ihre Zustimmung heraus, wenn irgendein Hinweis auf Bigotterie im Spiel war. Wann immer der Präsident »nuklear« sagte, musste jeder einen Schluck trinken. Ich lehnte mich zurück und betrachtete meinen Präsidenten, seine Satellitenschüsselohren und die strengen Augen. Er sprach in die Kamera über die Bewahrung der Zivilisation. Er sagte: »Wir sind alle Botschafter, wir verbreiten die guten Nachrichten aus Amerika im Ausland. Amerikanische Werte, amerikanische Freiheiten. Und wir werden für diese Werte kämpfen. Und wir werden diese Werte bewahren. «
Tim rief: »Jawoll!« Er warf seine leere Bierflasche ins Bücherregal.
»Ave Cäsar!«, rief eine Prostituierte.
Irgendjemand begann zu singen: »O Canada.«
Ich saß da und fragte mich, ob es in Tims Leben Momente unverfälschter Realität gegeben hatte. Jedes Mal, wenn ich ihn sah, war er entweder besoffen, oder er trug ein Kostüm, oder beides.
Ich sah zu, wie er seinen Pferdeschwanz löste und sich seine blonden Haare ins Gesicht hängen ließ. »Ich bin John Lennon«, rief er mit britischem Akzent. »Ich bin von dieser ganzen Scheiße ziemlich verwirrt. Wer zum Teufel ist dieser Kerl mit den großen Ohren? He, Abraham Lincoln! Du bist ziemlich still! Was hältst du von diesem Präsidenten?«
Ich versuchte, etwas im Sinne Lincolns zu sagen. Teile seiner Gettysburg-Rede gingen mir durch den Kopf, aber das war nicht gerade lustig.
»Lass ihn in Ruhe«,
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