Ausgerechnet den?
Ihm wäre es nie in den Sinn gekommen, dass sie versuchen würde, etwas über ihren Job zu lernen.
Sie hatte sich geschworen, nicht nach der Pfeife ihres Vaters zu tanzen, und nun sah sie einen Weg, die Bedingungen seines Testaments zu erfüllen und gleichzeitig ihre Selbstachtung zu wahren. »Ich habe den nötigen Mumm«, wiederholte sie. »Bloß die dazugehörigen Kenntnisse fehlen mir.«
»Was wollen Sie damit sagen?«
»Im Moment ist alles, was ich über Football weiß, dass ich ihn hasse. Wenn mein Vater gewusst oder auch nur vermutet hätte, dass Carl Pogue den Hut nehmen würde, hätte er mich nie auch nur in die Nähe seiner kostbaren Stars gelassen, nicht mal für ein paar Monate. Man hat mich in diese Situation gezwungen, zuerst Bert, dann Dan Calebow, aber das bedeutet noch lange nicht, dass ich alles so machen muss, wie sie es wollen.«
»Ich verstehe immer noch nicht –«
»Ich muss lernen, wie man ein Footballteam leitet.
Auch wenn ich nur ein paar Monate im Amt sein werde: Ich will meine eigenen Entscheidungen treffen. Aber das kann ich nicht, wenn ich nicht jemanden habe, dem ich vertraue, dessen Rat ich vertraue.« Sie wies auf die Papiere, die sie noch immer in der Hand hielt. »Ich weiß gar nichts über diese Männer.«
»Die Kandidaten für den GM-Posten?«
Sie nickte.
»Sie können Dan und Steve ganz bestimmt vertrauen, die Besten herausgesucht zu haben.«
»Woher soll ich das wissen?«
»Eventuell könnte Ihr Vetter Reed Ihnen –«
»Nein!« Sie zwang sich, ruhig weiterzusprechen.
»Reed und ich sind nie miteinander ausgekommen. Zu ihm würde ich unter gar keinen Umständen gehen. Ich brauche Sie.«
»Ich kann Ihnen gar nicht sagen, wie viel mir Ihr Vertrauen bedeutet.«
Sie ließ die Schultern hängen. »Unglücklicherweise habe ich Dan versprochen, Sie loszuwerden.«
»Das war kein unvernünftiges Ansinnen. Ich habe meine Sache schlecht genug gemacht.«
»Aber nur, weil er nicht versteht, wozu Sie fähig sind.
Er kennt Sie nicht so wie ich.«
»Ich kenne Dan seit mehreren Jahren«, meinte er sanft.
»Sie und ich, wir sind uns erst vor zwei Stunden begegnet.«
Mit einer derartigen Logik wollte sie sich gar nicht erst aufhalten. »Die Zeit spielt keine Rolle. Ich habe einen guten Instinkt, was Menschen betrifft.«
»Dan Calebow ist nicht gerade jemand, den man hintergehen sollte, und im Moment brauchen Sie ihn weit mehr als mich. Footballspiele zu gewinnen ist das Einzige, was in seinem Leben zählt. Das wusste ich schon, als ich Carl überredete, ihn von den
Bears
abzuwerben.«
»Sie haben ihn angeheuert?«
Inzwischen kannte sie Ron gut genug, um zu wissen, was jetzt kam.
»O nein. Bert und Carl haben die endgültige Entscheidung getroffen.«
Und die Lorbeeren von Rons mühsamer Vorarbeit geerntet.
»Ich brauche ein wenig Zeit zum Überlegen.«
»Ich glaube nicht, dass es da viel zu überlegen gibt. Sie haben Dan Ihr Wort gegeben, oder nicht?«
»Ja, aber…«
»Tja, das war’s dann.«
In einer Hinsicht hat Ron Recht, dachte sie bekümmert. Es ist nicht sehr klug, einen Mann wie Dan zu hintergehen.
7
Der feuchte Nachtwind blies in die Vorhänge und fuhr in Mollys dunkelbraunes Haar. Sie saß in einem Schaukelstuhl am Fenster ihres Zimmers und las in Daphne du Maurier’s
Rebecca.
Molly wusste zwar, dass ihr jeder gute Literaturkritiker widersprochen hätte, aber sie fand trotzdem, dass Daphne du Maurier eine viel bessere Schriftstellerin war als Fjodor Dostojewski.
Danielle Steel mochte sie ebenfalls viel lieber als Dostojewski, hauptsächlich deshalb, weil ihre Heldinnen so viele harte Schicksalsschläge überwanden, was Molly Mut machte. Sie wusste, dass Danielle Steel im richtigen Leben viele Kinder hatte, und als sie im Ferienlager mit einer schlimmen Erkältung im Bett lag, da hatte sie herrliche Fieberträume von Danielle geträumt. Sie hatte sich vorgestellt, dass sie ihre Mutter war und dass sie an ihrem Bett saß und ihr über den Kopf streichelte und ihr dabei aus einem ihrer Bücher vorlas. Ja, das hatte sie sich sogar vorgestellt, wenn sie wach war. Natürlich wusste sie, dass es albern und kindisch war, aber sie konnte einfach nicht anders.
Sie langte nach einem Taschentuch und schnäuzte sich kräftig. Die Erkältung war zwar verschwunden, aber sie litt noch immer unter einer leichten Halsentzündung, und deshalb hatte die Rektorin in Crayton ihre Bitte, vorzeitig in die Schule kommen zu dürfen, abgelehnt. Phoebe war benachrichtigt worden,
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