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Ausgerechnet Souffle'!

Ausgerechnet Souffle'!

Titel: Ausgerechnet Souffle'! Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C Winter
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machte ich die zweifelhafte Bekanntschaft mit einer mir bis dato fremden philosophischen Lehre. Schuld daran trug ein verheißungsvoller Aushang in meinem Studio, welcher einen Schnupperkurs Yoga anbot. Natürlich ist ein weltoffener, neugieriger Mensch wie ich stets zugänglich für spirituelle Impulse, die einen tieferen Einblick in das Selbst oder gar die Erleuchtung gewähren. Es lag nicht an dem überaus anziehenden Yogalehrer. Schon immer glaubte ich, dass im Leben der mittlere Weg der Goldene ist. Ich vermochte das bislang nur mangels Gebrauchsanweisung nicht so richtig umzusetzen. Vielleicht fehlte mir bis dahin nur die notwendige Haltung der Gelassenheit. Aber das konnte ich ja lernen. Im Internet habe ich vorsorglich die gängigen Mantras, Chakren und Körperübungen gegoogelt. Nicht, um den Trainer zu beeindrucken, indem ich mir einen Vorsprung vor den anderen Anfängern verschaffte. Sondern, weil ich mich wirklich auf den Weg der Selbstvervollkommnung begeben wollte. Zugegebenermaßen - mit einem transzendent durchdrungenen Mann an meiner Seite stellte ich mir meine innere Reinigung weniger mühsam vor. So besorgte ich mir neben dem theoretischen Wissen die geeignete Heimausstattung: eine Meditations-CD, besagtes Räucherwerk und einen reizenden Miniatur-Buddha aus Speckstein, den ich liebevoll „Sid“ nannte. Im Onlineshop „Chakra your Mind“ erstand ich ein hautenges Oberteil mit der wohl tönenden Bezeichnung „Ajunah“ und eine dazu passende Hotpants „Anandha“. In der buddhistischen Lehre hat jedes Ding einen Namen. Sogar esoterische Zahnpasta klingt wie eine bewusstseinserweiternde Substanz. Das finde ich bis heute niedlich. Ich räume ein, ich fühlte mich wie ein Playboy-Häschen, als ich so zur ersten Yogastunde ging. Zumal ich von wechseljährigen Hausfrauen im Schlabberlook umgeben war, die mich befremdet musterten. Ich platzierte mich ganz hinten, um nicht allzu sehr aufzufallen. Das war aber eher gewollt und nicht gekonnt. Die Farben blunaorange und veilchenlila kann man nicht übersehen, selbst wenn man sich Mühe gibt. Da muss man nicht mal Plüschhäschenohren aufsetzen. Ich fiel definitiv auf. Auch dem Yogi-Mann. Er holte mich während der Stunde nach vorne, weil ich mich so ungeschickt anstellte. Damit ich ihn besser nachahmen und meine Haltung im Spiegel korrigieren konnte. Ich durfte mir also selbst dabei zusehen, wie ich mich zum Deppen machte. Um seinen Ausführungen Nachdruck zu verleihen, drückte er beim Sonnengruß seine Hände dermaßen unnachgiebig auf meinen Allerwertesten und in mein Knie, dass ich kaum noch fähig war, zu atmen. Geschweige denn, in dieser umgekehrten Klappmesserposition das Gleichgewicht zu halten. Nach endlosen drei Minuten war ich puterrot im Gesicht und kurz vor dem Kollabieren. Und bei meinen Kurskolleginnen unten durch. Ich beanspruchte schlichtweg zu viel Aufmerksamkeit des begehrten Meisters. Das störte mich jedoch nicht weiter. Ich fand es cool. Schließlich lag seine Hand auf meinem Hintern. Weniger cool war dagegen das winzige Detail, das ich übersehen hatte.
    Dieses Detail offenbarte sich mir in den Duschräumen, als mein Yogameister plötzlich splitterfasernackt neben mir auftauchte und in aller Seelenruhe den benachbarten Duschhahn aufdrehte. Spätestens, als ich seiner kompakten, aber eindeutig weiblichen Brüste ansichtig wurde, erkannte ich, dass dies keine zweifelhafte Anmache darstellte. Mein Yogalehrer war eine Yogalehrerin.
    Danach verlor ich leider relativ schnell das Interesse an der esoterischen Lebenssicht. Bei genauerem, kritischem Hinsehen fand ich das Ganze dann doch irgendwie unheimlich und die Übungen im Nachhinein eher anstrengend als erfüllend. Die stummen Zeugen jener ersten und letzten Yogastunde verschwanden in besagtem Pappkarton in einer dunklen, verstaubten Kellerzelle. Nur von Sid konnte ich mich nicht trennen. Er hütet seitdem mein Gewürzregal und ich nenne ihn den Gott der guten Dinge.
    Nach Feng-Shui soll ich meine Möbel nach bestimmten Regeln positionieren, so dass das Qi, also die positive Energie, frei im Raum zirkulieren kann. Wunderbar, denke ich, eine echte Herausforderung. Ich halte mich strikt an die Anweisungen im Buch. Größtenteils. Den Vorschlag, einen Zimmerbrunnen im Schlafzimmer aufzustellen, befinde ich als für meine Person ungeeignet. So beruhigend die Wirkung plätschernden Wassers auch sein mag, meine Blase neigt dazu, sich umgehend erleichtern zu wollen, sobald sie dieses

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