Ausgerechnet Souffle'!
entschlossen nach der gewaltigen Metzgertüte und ertaste einen riesigen Fleischlappen darin. Genau. Ein blutiges, butterzartes Steak ist exakt das, was ich jetzt brauche. Zischend fährt das Messer aus dem Block, und dieses Geräusch erfüllt mich mit seltsamer Befriedigung.
Sorgsam befreie ich das Filet von Fetträndern und Sehnen. Dann zerlasse ich Butterschmalz in der großen Pfanne. Von der Flasche Calvados, mit der ich das Fleisch gleich ablöschen werde, genehmige ich mir einen großzügigen Schluck. Der Alkohol brennt wohltuend in meiner Kehle. Eine Weile sehe ich den züngelnden, blauen Flammen des Gasherdes zu. Irgendwo klingelt es. Merkwürdig. Das lästige Telefon habe ich doch ausgestöpselt. Oder doch nicht? Widerwillig mache ich mich auf den Weg zurück ins Büro.
Nicht das Haustelefon, sondern das Fax meldet sich mit vorwurfsvollem Piepen. Sekunden später schnarrt ein Bogen aus dem Schlitz. Ich setze mich davor und starre blicklos auf die wohlbekannte Schrift.
„Wo steckst du? Wir müssen dringend reden. P. S. Ich vermisse dich“ steht da. Schwarz auf weiß. Federleicht liegt das Blatt in meinen Händen. Der Schredder macht mühelos Papierspaghetti daraus. Schmale, ebenso federleichte Streifen. Ich bin so furchtbar müde. Für einen kleinen Moment schließe ich die Augen. Ganz kurz nur.
*
In meinem Traum irre ich durch dichten Nebel. Irgendwo vor mir bewegt sich der Schatten einer Gestalt. Meine Beine bewegen sich kaum von der Stelle, obwohl ich versuche, ihm hinterher zu laufen. Ich rufe. Warte auf mich. Geh nicht. Doch als ich meinen Mund öffne, kommt kein Ton heraus. Stattdessen taucht plötzlich Julia aus dem Grau auf, klein und blass. Sie hält mir traurig ein Tablett mit zahllosen winzigen, verbrannten Soufflés entgegen. Der Boden verwandelt sich in eine weiche Masse und gibt unter meinen Füßen nach. Ein riesiger Teig will mich verschlucken. Der Nebel wird zu beißendem Qualm. Aus dem Nichts erklingt Brittas Lachen. Entsetzt reiße ich die Augen auf.
Ich träume nicht. Da ist tatsächlich Rauch. Erschrocken taumele ich von meinem Sitz. Ich muss eingeschlafen sein. Oh Gott.
Im Dunkel taste ich nach der Tür. Die Klinke fühlt sich unangenehm warm auf meiner Handfläche an. Eine unbestimmte Angst kriecht wie eine Schlange meinen Rücken hinauf, so dass ein Schaudern meinen Körper in einer dumpfen Vorahnung erfasst. Im Gang verdichtet sich der Dunst. Er fährt unvermittelt in meine Lungen, so dass ich husten muss. Von fern vernehme ich Feuerwehrsirenen. Nein, das kann doch nicht sein. Ich befinde mich in einem Paralleluniversum. Das passiert jetzt nicht wirklich. Als ich den sehr realen Widerschein eines unnatürlich flackernden Lichtes durch den Schlitz der Küchentür sehe, beginne ich zu beten.
Fassungslos blicke ich wenige Augenblicke später in den Schlund der Hölle. Die Küche ist bis zur Decke rauchgeschwängert. Eine lodernde Flamme schnellt zischend vom Herd deckenwärts, leckt an Wänden und Jalousien. Das Fett in der vergessenen Pfanne zischt und spuckt brennende Tröpfchen in den Raum. Das Feuer züngelt an der umgekippten Cornflakespackung am Gitterrand, die sich sofort entzündet. Die umher fliegenden, glühenden Papierfetzen entflammen die Mehltüte und die Nudelpackungen. Weitere Funken sprühen auf den Boden. Die Flasche Calvados liegt in Scherben auf den Fliesen. Der See aus hochprozentigem Alkohol beschreibt eine blau aufflackernde Spur. Innerhalb von Minuten verzehrt das Feuer die ihm hingeworfenen Brocken und reckt sich begeistert in die Höhe.
Ich tue das mir nahe liegende. Und Dümmste überhaupt. Ich unternehme einen verzweifelten Rettungsversuch. Mit über den Kopf gezogener Kapuze meines Sweatshirts irre ich halb blind durch die Schwaden, auf der Suche nach etwas, mit dem ich den Brand löschen kann. Der beißende Rauch treibt mir heiße Tränen in die Augen und raubt meiner Lunge die Luft zum Atmen. Das Gefühl, zu ersticken, macht mich panisch und meine Bewegungen unkoordiniert und hektisch. Ich bin fast blind. Der blauschwarze Rauch ist überall. Dann stolpere ich plötzlich über einen halbvollen Putzeimer. Benommen greife ich nach dem Bottich und taumele hustend weiter Richtung Brandherd. Während ich aushole, fällt mir ein, dass man brennendes Öl niemals mit Wasser löschen sollte. Leider kommt diese Erkenntnis zu spät. Wie in Zeitlupe schwappt ein Schwall braunes Nass in einem weiten Bogen direkt in die lodernde Pfanne.
Die
Weitere Kostenlose Bücher