Ausgerechnet Souffle'!
Rotwein,
1 Dose Tomaten in Stücken,
1 rote Paprika, geschnitten,
1 Fenchelknolle, geschnitten.
Die gepfefferten und gesalzenen Hähnchenteile in einem großen Schmortopf mit Öl und Butterschmalz von allen Seiten kräftig anbräunen.
Das Geflügel herausnehmen und in dem restlichen Bratfett die gewürfelte Zwiebel und den Knoblauch andünsten. Jetzt einen Schwung Mehl darüber stäuben (dadurch wird die Sauce später automatisch eingedickt) und das Fleisch zurück in den Bräter setzen und mit Kräutern bestreuen. Den Wein und den Geflügelfond angießen und zugedeckt bei sanfter Hitze 30 Minuten schmoren lassen. Eine Prise Zucker für die Geschmacksentfaltung hinzu geben.
Dann den Rest der Zutaten und das Gemüse zugeben und weitere 20 Minuten schmoren.
Dazu passt ein frisches Baguette oder Reis.
Heute wird der kleine Mann keinen Anlass zur Beschwerde finden. Im Laufe der Zeit ist mir die ganze Angelegenheit etwas entglitten. Ich ertappe mich täglich bei dem ehrgeizigen Bestreben, das perfekte Essen zu kochen, um endlich Anerkennung statt Kritik zu ernten. Der kleine Mann wollte mir diesen winzigen Gefallen bisher nicht tun. Das angetüdelte Hühnchen fällt besinnungslos von seinen Knochen. So trunken zart und durchgeschmort, dass man kein Messer braucht, um es zu essen. Ich kann den Stolz leider nicht aus meiner Miene verbannen, als ich mit einem triumphierenden „So! Coq au Vin, Monsieur,“ den Teller vor ihn stelle. In einwandfreiem Französisch ertönt ein mürrisches „Merci beaucoup“.
Mal wieder frage ich mich, was es mit ihm auf sich hat. Wer ist er? Oder noch besser, wer war er? Mit Sicherheit genoss der kleine Mann in seiner geheimnisumwitterten Vergangenheit eine gute Bildung. Und da seine schmerzhafte, aber treffliche Beurteilung meiner Gerichte auf fundierten Kenntnissen zu beruhen scheint, fantasiere ich, er sei ein weit gereister Professor. Bestimmt fiel er einer fiesen Intrige zum Opfer, welche ihn dazu verdammte, unterzutauchen und fortan sein Dasein als Tippelbruder zu fristen. Warum sollte er sonst so geheimnisvoll mit seinem wahren Namen tun? Vor allem: Was spricht dagegen, auch als Gelehrter ab und an ein Bad zu nehmen? Frau Krause kriegt regelmäßig die Krise, weil sie seinen Anblick offensichtlich nicht ertragen kann. Die lautstarken Auseinandersetzungen zwischen ihnen schallen die ganze Straße hinauf. Merkwürdig, dieses Katz-und-Maus-Spiel. Ich habe den Eindruck, die beiden mögen sich eigentlich. Doch mich fragt ja keiner.
„Hm.“
Er verdreht die Augen. Ja! Es schmeckt ihm! Er nimmt noch eine Gabel.
„Das Fleisch ist verkocht. Und da gehört Weißwein rein, wenn´s geht, ein Chardonnay, kein Roter. Davon abgesehen, Chianti ist zu gärig. Mit ´nem Spätburgunder wär´s vielleicht annehmbar.“
Es ist zum Haare raufen. Arroganter Gockel. Ich drehe mich beleidigt um und gehe.
*
Um zwanzig Uhr öffnet das Cook & Chill erneut seine Tür, um besonderer Kundschaft Einlass zu gewähren. Mit Spannung erwarte ich meine Schüler. Dabei fühle ich mich wie kurz vor meiner Führerscheinprüfung und mündlichen Abitur gleichzeitig. Bei Ersterer lief ich mit Restalkohol auf und beim Zweiten besaß ich nicht den blassesten Schimmer vom Thema. Um nicht wie üblich an den Fingernägeln zu knabbern, verlege ich mich darauf, Muttis Gläser mit den Etiketten nach vorne zu drehen und diese zu zählen. Bei Gewürzglas Nummer vierundsechzig erteilt mir das Glöckchen bimmelnd das Kommando, mich lächelnd umzudrehen. Woraufhin mir glatt die Kinnlade herunterfällt.
Ausgerechnet der Hennemann steht vor mir. Wieso kommt der gerade jetzt und auch noch persönlich, um mir das Fell über die Ohren zu ziehen? Normalerweise erledigt er diese Dinge auf dem schriftlichen Weg. Den spontanen Fluchtgedanken verwerfe ich, da ich mir bereits die Ohrfeige seines Blickes einfange. Ich beginne zu zittern und bringe ein reichlich kümmerliches „Guten Abend, Dr. Hennemann“ zustande.
Was ich in meiner Aufregung übersehe, ist, dass mein ehemaliger Boss mindestens genauso überrascht guckt wie ich. Er verharrt steif wie ein Gehstock im Türrahmen und weiß offensichtlich nicht recht, was er tun soll. Eintreten oder Reißaus nehmen. Ein junges Paar drückt sich währenddessen scherzend an ihm vorbei und schubst ihn unfreiwilligerweise einen weiteren Schritt hinein.
Ich begrüße Vida Gonzales und Lukas Lind und bitte sie beflissen, an einem der Tische Platz zu nehmen. Dr. Hennemann steht
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