Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Ausgerechnet Souffle'!

Ausgerechnet Souffle'!

Titel: Ausgerechnet Souffle'! Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C Winter
Vom Netzwerk:
auf meiner Nase bilden. Mir schwant Böses. Aus dem Dunkel meiner Erinnerung taucht die ernste Miene meines Kinderarztes auf. Der, nachdem er mich minutenlang mit fiesen Nadeln traktierte, etwas von Allergie murmelte. Nach weiteren zwanzig Minuten ähnele ich einem Streuselkuchen. Einem Karottenstreuselkuchen. Den Anblick erträgt man kaum. Ich hänge mir ein Handtuch über. Zu spät fällt mir ein, dass Eigelb in meinen Haaren klebt. Auch das stand in der verhängnisvollen Zeitschrift. Dass man Ei ins Haar kneten soll. Vermischt mit Olivenöl. Mir war nicht klar, wie eklig eine solche Bio-Vitaminkur riecht. Angewidert betrachte ich mein flauschiges, ehemals weißes Frotteetuch und die fettigen Strähnen auf meinem Kopf, aus denen sich soeben meine Hennatönung verabschiedet. Nun kullert doch eine dicke Träne über meine Backe, die ich trotzig fortwische. Mein erster freier Tag nach wochenlanger Schufterei. Den Laden überließ ich meiner Mutter und Sascha. Die Buchhandlung ist zwar geschlossen, aber dank der gemischten Geschäftsform halten wir den Cafébetrieb auch sonntags aufrecht. Seit zehn Uhr versuche ich, nicht ständig vor dem Telefon hin und her zu tigern und dem Drang zu widerstehen, im Cook & Chill nach dem Rechten zu fragen. Bis nach dem üppigen Frühstück auf dem Balkon war ja noch alles bestens.
    „Lass die Seele baumeln“, gebärdete Mutti.
    Und drückte mir mit einem mutterzärtlichen Zwinkern die verhängnisvolle Frauenlektüre mit dem Titelreißer „Finde dich selbst!“ nebst Sonderteil: „Wellness von Feld und Wiese“ in die Hand.
    Ich meine - wer bitte, kommt auf die Idee, über solch ein unnützes Thema in einer Zeit zu schreiben, wo die Wirtschaftskrise im Lande wütet? Sollte man sich da nicht gehaltvolleren Rubriken widmen? Mir schwebt da Folgendes vor:
    „Wie bereite ich aus drei Kartoffeln ein Mahl für vier Personen und einen Hund?“- oder -: „Karottenanbau auf dem Fenstersims in schlechten Zeiten.“
    Stattdessen verschwenden diese Leute wertvolle Nahrungsmittel an halbseidenen, medizinisch fragwürdigen Schönheitsrezepturen. Vor allem, wer liest so was? Ich, ja richtig.
     
    Ich hatte verdrängt, wie öde so ein Singlesonntagsdasein sich gebärdet. Nicht mal Britta geht an den Apparat, um sich von mir zu einer kurzweiligen Aktivität überreden zu lassen. Der Blick zum Haus gegenüber hat jeglichen Reiz verloren. Aus purer Gewohnheit greife ich zum Fernglas. Ich kann nur den Kopf schütteln, als ich Zeuge werde, wie Frank Sander Zwiegespräche mit seiner Zimmerpflanze auf dem Fensterbrett führt. Dabei wischt er mit einem Lappen jedes Blättchen einzeln ab. Wenn ich nicht genau wüsste, was für ein unangenehmer Zeitgenosse dieser Mensch ist, hielte ich ihn glatt für einen netten Kerl. Aber offenbar erschöpft sich seine Freundlichkeit an Grünzeug. Ob er seiner Pflanze einen Namen gegeben hat? Aus rein botanischem Interesse google ich das Gewächs. Der Philodendron stammt aus Mexiko und dem tropischen Südamerika. Er spricht demzufolge nur Spanisch, sodass ich bezweifle, dass er für Franks Gesäusel empfänglich ist. Nein, und ich finde Franks Gebaren nicht süß. Sondern schlichtweg lächerlich.
     Kurz entschlossen greife ich nach dem Föhn. Ich will an gar keinem anderen Ort, als in meinem Kochbuchladen sein! Mit einem bunten Tuch um den Kopf und Inkognito-Sonnenbrille auf der Nase schließe ich die Einsamkeit hinter mir ein und mache mich auf den Weg ins Cook & Chill.
     
    Ach sieh an. Hier steckt sie also. Meine Freundin lümmelt auf dem Sofa und schlürft behaglich Tee aus ihrer Tasse. Louise sieht von ihrem Buch auf, als ich seufzend auf die Couch sinke.
    „He, du hast heute frei“, empört sich Britta, „du solltest dich entspannen!“
    Genau das tue ich jetzt.
    „Zuhause!“, meckert Britta.
    „Bin zuhause.“
    Ich lehne mich zurück und lasse meinen Blick durch den Raum streifen. Alle Tische sind besetzt. Sogar auf den Stufen draußen und auf der Holzbank auf dem Gehsteig sitzen Gäste, halten ihre Nase der Sonne entgegen, trinken Kaffee und plauschen. Im Hintergrund ertönen gedämpfte Tastenklänge eines Klaviers, die diesem typischen Geräuschcocktail aus Geschirrklappern, leisen Unterhaltungen und dem Schnaufen der Espressomaschine eine Melodie schenken. Eine ähnliche Musik hörte ich erst vor Kurzem. Die Erinnerung an diese Nacht verschwimmt.
    „Sascha, machst du mir einen großen Milchkaffee mit viel Schaum?“
    Ich rolle unvermittelt die Augen und

Weitere Kostenlose Bücher