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Ausgerockt - [Roman]

Ausgerockt - [Roman]

Titel: Ausgerockt - [Roman]
Autoren: FUEGO
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hatte sich gerade derart ungestüm über die Monitore geschwungen, dass sie verunsichert sein musste. Dann die Bemerkung von dem Kumpel mit der Plastikhand. Vielleicht hatte sie die aus ihrer Sicht einzig richtige Konsequenz gezogen und war geflüchtet.
    Wahrscheinlich hatte sie sich in die andere Richtung von ihrem Platz entfernt und hatte beim Verlassen des Cafés einen großen Bogen um ihn gemacht, ihn dabei beobachtet und gesehen, wie er zum Monitor sprach.
    Wieder stemmte er seine Hände auf den Tisch, stand auf und beugte sich über den Tisch. Dieses Mal vorsichtig, langsam.
    Sie sah zu ihm auf, hob erwartungsvoll die Augenbrauen und lächelte. »Hallo.«
    »Hallo.« Er lächelte knapp zurück und setzte sich wieder.
    Sie war noch da.
    Das war schön.
    Sie war schön.
    Doch sie sagte nichts mehr.
    Linus rang um irgend etwas, das er sagen konnte, aber alles, was ihm einfiel, erschien ihm trocken und fade und gewöhnlich.
    Während er noch auf den Monitor starrte, nach einem Gesprächsthema suchte und sich gleichzeitig ärgerte, dass ihm nichts einfiel, stand sie auf.
    Er stellte abrupt das Denken ein, richtete seinen Blick starr auf seine Hände, registrierte dabei aber jede ihrer Bewegungen im oberen Augenwinkel.
    Sie nahm ihre Jacke von der Lehne. Er hörte das lederne Knistern, als sie hineinschlüpfte. Und er hörte, wie sie einen Schlüsselbund von der Tischplatte zog.
    Endlich sah er auf.
    Sie lächelte ihn knapp an, etwas distanziert, und wandte sich zum gehen, ohne etwas zu sagen.
    »Tschüss«, sagte er, aber seine Stimme klang so dünn, dass sie es kaum gehört haben konnte.
    Er hingegen hörte nur zu gut das sich entfernende Klimpern ihres Schlüsselbundes.
    Es war einer der zählbaren Momente in seinem Leben, in dem das Schicksal wie ein Zeiger über ihm zu pendeln schien und schließlich auf einer Seite stehen blieb. Entweder waren sie der Beginn einer bedeutenden Veränderung, oder sie verpufften einfach so, und all ihr Potenzial, ihre Energie und Hoffnung, kehrten zurück ins Nichts.

    Der Mann, dem Linus am folgenden Tag in einem spartanisch eingerichteten Raum gegenübersaß, hatte eine glänzende Halbglatze und einen grauen Schnäuzer. Darunter drohte ein gepflegter Bierbauch die Knöpfe seines altmodischen weißen Rüschenhemdes abzusprengen.
    Linus stellte sich vor, wie der dicke Mann sich zu besonderen Anlässen in das schon vor Jahren zu klein gewordene Hemd zwängte und das Ergebnis wenig selbstkritisch im Spiegel begutachtete.
    Während Linus in dem Raum ergebnislos nach etwas Gemütlichem forschte, strich er mit seinen Händen über den kalten Metallrahmen des schlecht gepolsterten Stuhls, auf dem er saß.
    Seine Einstellung zu diesem Treffen hatte sich seit dem morgendlichen Erwachen bereits mehrmals geändert.
    Mal fand er, es sei das einzig Richtige, jetzt einen einfachen Job anzunehmen, der ihn nicht überforderte, sondern gewissermaßen besänftigte und ihm vorübergehend Kontinuität verschaffte. Dann, manchmal noch in derselben Minute, fragte er sich, was um alles in der Welt geschehen war, dass er heute ein Vorstellungsgespräch bei einem Getränkehändler hatte.
    Jetzt, unter den Neonröhren, die das kleine Büro sezierend ausleuchteten, fühlte er sich verloren. Es kam ihm vor, als wäre er von einer schicksalhaften Woge aus seinem ursprünglichen Leben gerissen und durch eine unsichtbare Tür in eine Parallelwelt geschubst worden.
    Aus diesem Gefühl heraus, hier nicht hinzugehören, entstand kurzerhand und noch bevor Linus sich dessen wirklich bewusst war, der Entschluss, Herrn Drink die Wahrheit zu sagen. Linus würde seine Karten offen auf den Tisch legen, so schlecht sein Blatt auch war.
    Wenn der Mann sich dann trotzdem für ihn entscheiden würde, bräuchte Linus kein schlechtes Gewissen zu haben, wenn er den Job nicht annehmen oder vorschnell wieder kündigen würde.
    »Warum glauben sie, dass dieser Job zu ihnen passt?«, fragte Drink unvermittelt.
    Linus machte einen tiefen Atemzug und schaute seinem Gegenüber in die Augen.
    »Also, um ehrlich zu sein, finde ich nicht, dass diese Arbeit grundsätzlich zu mir passt«, begann er. »Aber ich glaube, dass sie zu diesem Zeitpunkt in mein Leben passt. Ich brauche etwas zu tun, wissen sie?«
    Er rutschte unsicher auf seinem Stuhl herum. »Ich … ich könnte Ihnen jetzt sagen, dass ich mich schon immer für Getränke interessiert habe, aber das stimmt natürlich nicht. Wer tut das schon? Trinken muss jeder, aber deshalb
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